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Der gewaltsame Tod des Pflasterzollhäuschens am Berchinger Krapfentor

Ablauf und Hintergründe eines Denkmal-Skandals in Berching

Links der Anblick vor der Zerstörung, rechts der mit dem Abriss angestrebte Effekt: Freistellung einer Stadtmauer, die keine ist!

Die folgenden Artikel sind chronologisch geordnet, die jüngsten finden sich jeweils zuoberst. Wer auf dieser Seite neu ist und den Gesamtverlauf dieses Denkmal-Skandals rekapitulieren möchte, beginne bitte mit dem letzten Artikel und gehe dann nach oben: [Der Anfang des Skandals]

08. April 2016:

Unser altes Torhäusl am Krapfentor einmal mehr Motiv eines großen Künstlers

Krapfentor und Pflasterzollhaus in Berching von Karl Hermann Müller-Samerberg (1869-1946). Zur Vergrößerung bitte auf das Bild klicken!
Welch eine Überraschung:

Unser Krapfentor hat es mit dem zerstörten Pflasterzollhäuschen bis hinein in eine Sonderausstellung der Kunstsammlungen und Museeen Augsburg geschafft!

Heute erreichte uns das nebenstehende, noch vor 1909 angefertigte Gemälde des deutschen Landschaftsmalers Karl Hermann Müller-Samerberg (1869-1946) [Link], dazu folgende Email von Dr. Tilo Grabach, Referent für Presse und Öffentlichkeitsarbeit der Kunstsammlungen und Museen Augsburg:

"Sehr geehrter Herr Robl,

auf der Suche nach dem Motiv des angehängten Bildes von Karl Hermann Müller-Samerberg, das derzeit bei uns als "Der Stadttorturm" in einer Sonder- ausstellung gezeigt wird, bin ich dank eines Besuchers nun endlich fündig geworden und konnte das Tor als das Neumarkter Tor bzw. Krapfentor in Berching identifizieren.

Durch meine Recherche stieß ich auf die traurige jüngste Geschichte des angebauten Zollhäuschens und darüber auch auf Ihre Website. Es ist wirklich sehr bedauerlich, dass die Stadt und die Denkmalpflege hier in beschämender Weise eingegriffen haben... Sollte das Zollhäuschen in 50 Jahren mal wieder rekonstruiert werden müssen, kann man gerne auch auf das Pastellgemälde von Müller-Samerberg zurückkommen.

Die Daten zum Bild:

Karl Hermann Müller-Samerberg (1869 – 1946)
Der Stadttorturm undatiert
Pastell auf Holz
53,5 × 51,5 cm
Bezeichnet unten links:
K.-H. Müller
Privatsammlung, Foto: Andreas Brücklmair."

Wir danken den Kunstsammlungen und Museen Augsburg resp. Herrn Dr. Grabach für die freundliche Überlassung der Kopie!

Es ist doch tröstlich zu wissen, dass wenigstens andernorts, wenn schon nicht in Berching, die nötige Sensiblität für das einmalige Berchinger Kleinod anzutreffen ist!

 

Noch in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts diente das Krapfentor mit seinem Zollhäuschen in der beliebten Zeitschrift "Die Oberpfalz" als Logo und Titelbild für die literarischen und künstlerischen Seiten "Rast am Tor".

Auszug aus der Zeitung "Die Oberpfalz".

Und heute?

Ausgspuit is' in der Tat. Am Tor rastet niemand mehr, stattdessen gähnt uns nun schon über ein Jahr die unsägliche Zahnlücke am Krapfentor entgegen. Dennoch wir werden das Pflasterzollhaus nicht vergessen, ist doch sein Abriss inzwischen nicht nur symptomatisch für das Versagen des politischen Establishments in Berching, sondern in ganz Deutschland!

Ein kleiner Trost dabei:

Nur wenige Meter östlich des Mauerschandflecks sprießt ein Stück Hoffnung: Auswärtige haben mit viel Gefühl für die Notwendigkeiten ein kleines Häuschen, das einst hinter der Vorstadtmauer stand und zuletzt sehr heruntergekommen war, in vorbildlicher Weise renoviert, zu einem Wochenend-Domizil ausgebaut und damit gezeigt: So geht es richtig!

Ein neues altes Heisl am Krapfentor.

08. Juli 2015:

Statt ein paar Rosen Vertuschung mit Wiesenkräutern

Berchinger Mitteilungsblatt Juli 2015, Seite 1.
Wie ehrt man einen Verstorbenen, der einem teuer und lieb war?

Richtig: Man pflegt sein Gedächtnis und legt an seinem Grab ein paar Rosen nieder!

Wer sich am Tod mitschuldig gemacht haben, dem geht es natürlich anders. Dem ist es am liebsten, wenn möglichst bald Gras über die Sache und den Tatort wächst und alles in Vergessenheit gerät.

So wird die neue, im jüngsten Mitteilungsblatt verkündete "Blumenwiese" an Stelle des vernichteten Pflasterzollhäuschens zum Tätermerkmal:

Ungemähtes Gras, Spitzwegerich und Günsel sollen vom 500 Jahre alten Denkmal, das man auf dem Gewissen hat, ablenken!

Dabei haben Kräuter der genannten Art vielleicht auf einer Alpenwiese etwas zu suchen, aber nicht am Eingang einer historischen Stadt. Fehlt nur noch die Milka-Kuh, und der Alpen-Jodel-Stil wäre auch hier komplett!

Dass dieser inzwischen das neue Kitsch-Markenzeichen von Berching geworden ist, wissen wir vom Kufferpark 2.0. mit seinen alpinen Geröllsteinen: "Sieht aus wie das neue Affengehege in Hellabrunn", ist kürzlich einer kopfschüttelnden Passantin auf der Johannisbrücke herausgefahren.

Derweilen wird im Sinne der Beton-Lobby, die die Berchinger Polit-Köpfe offensichtlich fest im Griff hat, auch das gesamte Areal des Caritas-Altenheims zubetoniert und zuasphaltiert. Das, was vor gar nicht allzu langer Zeit ein bezaubernder Klostergarten mit Blumen- und Gemüsebeeten, eine Vormauer-Idylle von Berching war, mutiert zur Rollbahn, zwar barrierefrei, dafür aber steinhart, in den Tönen grau und schwarz, gefühl- und herzlos garniert mit kitischigem Gerümpel. Was haben z. B. Schiffe in einem Berchinger Garten zu suchen? Zusammen mit der farblos weiß-schwarzen Kistenoptik des Hauses alles und allem der typische Aspekt eines Fabrikgeländes! Eine Senioren-Fabrik, bei der das Herz auf der Strecke bleibt!

So geht peu à peu unser einst so unverwechselbar schönes Berching auch auf den privaten Flächen den Bach hinunter!

Die Betonorgie geht, gepusht von den bekannten Firmen, ungebremst und mit rasanter Geschwindigkeit auch im ganzen Landkreis Neumarkt weiter. Nördlich von Mühlhausen ist inzwischen eine bäuerliche Kulturlandschaft des 19. Jahrhunderts am Ludwigskanal mit einem riesigen Fabrikkasten zugestellt und damit irreversibel zerstört - und dieselbe Firma soll auch noch eine Anwartschaft auf das Fünffache der bis jetzt zerstörten Bodenfläche haben! In die Rosbachauen bei Erasbach muss un bedingt eine Asphaltmischanlage der bekannten Firma MB hin. Zwischen Pollanten und Neumarkt frisst sich dieselbe Firma mit ihrem Werksgelände, ihren Brücken, Straßendämmen und Industrieflächen so schnell und massiv in die ehemalige Auen-Landschaft, dass einem schwindelig wird. Und auf den Hochebenen dreht der kraftstrotzende Landkreis mit seinen Windrädern vollends durch. Vom unrentablen Neumarkter Beton-Ungetüm namens "Neuer Markt" ganz zu schweigen!

Ein Boom-Landkreis hüllt sich in Beton - grau in grau! Welche Geschmacksverirrung, welch gigantischer Flächenverbrauch für nichts und wieder nichts!

Tag für Tag gehen auf diese Weise fast 30 ha Kulturland in Bayern unter! Und das bei schwindender Bevölkerung! Hier geht es nicht um Notwendigkeiten, nicht um Fortschritt, sondern allein um die gutgefüllten Taschen ein paar weniger! Dies alles brockt uns eine Politik ein, die die Werte ihrer Vorväter verraten hat, die mit ihrem ungenierten Lobbyismus und der Verachtung des Volkswillens die Schöpfung und die Lebensgrundlagen unserer Kinder und Kindeskinder verspielt, die inzwischen obendrein durch eine unsägliche Politik die Völker Europas spaltet und viele an den Rand des Ruins bringt!

Speziell der Landschaftsverbrauch juckt da kaum. Wenn es aber darauf ankommt, dann hängt man sich das große grüne Feigenblatt mit den sogenannten "ökologischen Ausgleichsflächen" um, und hinterher kann man sich auch noch als "Naturschützer" feiern lassen und in die Pressekameras grinsen!

Sie meinen, dies alles hätte mit dem Pflasterzollhäuschen in Berching nichts zu tun?

Irrtum! Die Kräuterwiese am Krapfentor ist ein solches Öko-Feigenblatt. Sie reflektiert genau die Gesinnung, die unsere Zukunft und die Zukunft unserer Kinder riskiert!

Unser Pflasterzollhäuschen und sein Abriss sind ein Fanal für alle, die Geschichte, Kultur und Heimat lieben, sozusagen ein Menetekel an der Wand!

Ein treuer Berchinger gedenkt der Zerstörung am Krapfentor auf seine Weise und garniert das deplatzierte Mauerstück mit possierlichen Tierchen. Sie symbolisierten die Narretei, die an dieser Stelle passiert ist!

04. Januar 2015:

An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen....

Zwei Monate sind vergangen und der Winter ist inzwischen in Berching eingezogen - auch der politische. Das Pflasterzollhäuschen ist nicht mehr da, und es ist kalt und finster, sehr kalt und finster sogar.

Inzwischen haben die Maurer am Krapfentor ganze Arbeit geleistet und eine "Stadtmauer" hochgezogen - und war für eine!

Ein postmodernes Mauerstück, das mit seinen kerzengeraden Kanten wie hingezirkelt wirkt, errichtet in einer Technik, die mit der Bruchstein-Mauererei von früher nicht das Geringste zu tun hat. Ein künstlicher Mauer-Torso, der vor allem eines nicht schafft, nämlich wie eine historische Stadtmauer auszusehen. Es gelingt ihm nicht einmal, an der eigentlichen Vorstadtmauer bündig anzuschließen, weswegen man ihm einfach einen hartkantigen Mauerrücksprung verpasst hat. Eine "saubere" Stadtmauer ist das geworden, mit der demnächst das Pflaster von Berching ein Schicksal teilt, das wir bereits andernorts skizziert haben: Glatt, platt, kaputt!

Aufnahme vom 10. Dezember 2014.

Der Kenner sieht selbst jetzt noch die plumpe Fälschung: Viel zu ungenaue Auswahl der Steine, viel zu viel verwendeter Mörtel. Man vergleiche dazu die Bilder der historischen Mauer weiter unten.

im Übrigen und nochmals zum Auswendiglernen:

An dieser Stelle stand überhaupt keine Stadtmauer, sondern immer eine Hausrückwand!

Weil dem so ist, erkennt man bei genauem Hinsehen auch weiterhin deren Accessoires, z. B. einen halbrunden Sturz aus Bruchsteinen, der die Tür überspannte. Oder das Fensterchen, das dem Pflasterzolleinnehmer von einst ermöglichte, die Vorstadtstraße auf heranrollende Fuhrwerke hin zu inspizieren.

Absurd:

Eine "freigelegte Stadtmauer" mit Tür und Fenster!

Die Erbauer des Pflasterzollhauses aus dem ausgehenden 15. Jahrhundert drehen sich bei soviel Dilletantismus im Grabe um. Geschickte Täter beseitigen ihre Spuren wenigstens vollständig!

Aufnahme vom 10. Dezember 2014. Die "verräterischen Reste" der vorbestehenden Hausrückwand rot herausgehoben.

Lassen wir zu dieser nichtssagenden Mauer den Leitartikel auf uns wirken, den uns das Januar-Heft des Berchinger Mitteilungsblattes, der Hauspostille des Rathauses, bescherte. Wir geben ihn hier im Original wieder, lediglich die Umbrüche sind aus Gründen der Lesbarkeit geändert:

Vorwort zum Berchinger Mitteilungsblatt vom Januar 2015.

Grob irreführend, was hier steht! Warum hat es ein amtierender Bürgermeister nötig, sich so durch das Politikerleben zu flunkern? Es ist nicht das erste Mal! Glaubt er tatsächlich, dass das niemandem auffällt? Zumindest jene 450 Aufrechten, die spontan bei unserer Unterschriftenaktion im Spätsommer 2014 mitgemacht haben, sind gut informiert und sehr aufmerksam!

Seit jeher ist es Politiker-Attitüde, dem Wählervolk - von manchen auch despektierlich "Stimmvieh" genannt - vor allem eines zu bieten, nämlich "panem et circenses", d. h. Brot und Zirkusspiele: Der neue Netto-Markt und ein Wasser-Theater am Kuffer-Park, mit einer Sulz zum Plantschen, müssen den Berchingern genügen! Kein Wunder, wenn bei einer derartigen Haltung die Beteiligung an den Wahlen immer mehr heruntergeht.

Wie wollen wir dieses unsäglich falsch konstruierte und langweilige, in jeder Hinsicht pseudo-historische Mauerstück am Krapfentor künftig nennen? Berchinger Klagemauer? Wir schlagen vor: Eisenreich-Roskamp-Schober-Memorial! Schließlich haben wir auch einen Kuffer- und Hollnberger-Park. Dazu passt auch die geplante Grünanlage, gut geeignet für einen kleinen Aufmarsch zum Volkstrauertag.

Spaß beiseite.

Dass man hier eigentlich einen Stadtgraben freilegen wollte, hat man längst vergessen, ja man hat sogar die keineswegs störende Betonplatte, die das Häuschen von 1922 trug, am Ende herausgerissen - nur, um künftig eine Rekonstruktion des zerstörten Häuschens nach Kräften zu verhindern - oder sie wenigstens möglichst teuer zu machen. Allen Lippenbekenntnissen zum Trotz.

Liebe Leserinnen und Leser dieser Seite, es steht schlimm, um nicht zu sagen kritisch um die historische Stadt Berching:

Ein innerstädtisches Unternehmen nach dem anderen macht dicht, zuletzt die Metzgerei Kraus mit der besten Stadtwurst der Welt und der allseits beliebte Gasthof Schwalbenstadl, demnächst auch das Berli-Kino. Die Kleinbetriebe stehen stellvertretend für eine negative Entwicklung, die schon vor Jahrzehnten begann, als alle hinaus aus der Stadt wollten, die namhaften Handwerker Berchings mit ihren Betrieben inklusive. Dass sie ihre Stammhäuser in der Stadt verließen und nicht wenigstens als Büro- und Geschäftszentralen aufrecht erhielten, wenn sie dort schon nicht wohnen wollten, das war ein Fehler, der heute nicht mehr wieder gutzumachen ist. Von unseren Hausbesuchen wissen wir es bestens: Ganze Straßenzüge sterben inzwischen in Berching Innenstadt aus! Die alte Berchinger Bürgerschicht geht, ihrer Zukunft und Nachfahren beraubt - für immer!

Und was macht die Stadtregierung? Fassaden bauen! Nicht nur unzählige Heile-Welt-Fassaden im Mitteilungsblatt. Fremdbestimmt nehmen die Verantwortlichen der Stadt Millionenbeträge der Städtbauförderung in die Hand, aber nicht etwa, um sich den Brennpunkten der Altstadt zu widmen und mit den Geldern die marode Bausubstanz zu sanieren, sondern um sich damit an den unschuldigen Außenanlagen zu vergreifen und dort das einzige Kapital zu vernichten, das diese Stadt hat, nämlich ihr historisches Gepränge! Und dies mit einer Chuzpe, die ihresgleichen sucht!

In den Nachbargemeinden Beilngries und Mühlhausen lacht man unterdessen hinter vorgehaltener Hand über die "Fassadenbauer" von nebenan! Kein Wunder, wenn größere Betriebe um die Stadt einen Bogen machen. Doch niemand gebietet dem willkürlichen Treiben wirksam Einhalt - weder die Aufsichtsbehörden, die liebend gerne hinwegsehen, noch eine innerstädtische Opposition, noch die Bürgerinnen und Bürger selbst. Diese leidvolle Erfahrung haben wir inzwischen gemacht. Es geht viel zu viel schief, und es schweigen viel zu viele dazu. Genau deshalb hat Berching eine miserable Prognose - und nicht wegen des allgemeinen Strukturwandels in Deutschland. Und dies gilt auch keineswegs allein in denkmalschützerischer Hinsicht!

In einer längst vergangenen Zeit, als es um Deutschland durch die viele Kriege schlimm bestellt war und keiner mehr an eine frohe Zukunft glauben wollte, entstand am Kyffhäuser im Mittelharz die Sage, dass in einer Höhle des Berges Kaiser Friedrich Barbarossa schlafe, um von dort eines Tages mit seinen Getreuen wieder auszuziehen, das Reich zu retten und es zu neuer Herrlichkeit zu führen! Solche Sagen entstehen nicht ohne Grund. Auch in Berching gilt nun eine solche Prophezeiung:

Nur wenn eines fernen Tages ein Magistrat bereit ist, für die gemachten Fehler gerade zu stehen, und mit Liebe und Gespür sein historisches Pflasterzollhaus am Krapfentor wieder aufbaut, wird Berching an die erfolgreiche Vergangenheit Anschluss finden und einer hoffnungsvollen Zukunft entgegen gehen!

Ob wir das noch erleben? Es steht zu befürchten, dass noch viel Wasser die malträtierte Sulz hinunterlaufen muss, bis es soweit ist. In der Zwischenzeit aber bleibt es finster und kalt in Berching! Ziehen wir uns also warm an!

In der Zwischenzeit schütze uns der Himmel vor den Rosstäuschern, die so gerne mit dem Wort Stadtentwicklung kokettieren. Welche Anmaßung gegenüber einem mehr als tausendjährigern Organismus! Nochmals: Berching muss sich nicht in eine Richtung "entwickeln" und es muss sich erst recht nicht von selbsternannten Experten manipulatorisch "in eine bestimmte Richtung entwickeln" lassen. Es muss ganz einfach das sein können, was es immer war: eine liebenswerte Kleinstadt mit ihrem eigenen Publikum, mit ihrem unverwechselbaren Aussehen, mit den wichtigsten Kleinbetrieben und Geschäften, mit eigenen regionalen und städtischen Wirtschaftskreisläufen, mit Wohnqualität - kurz mit seinen einstigen Qualitäten. Dazu braucht es in erster Linie Pflege, Renovierung, Instandhaltung und Wertschätzung, aber nicht von außen aufoktroyierte, mit abstrusen Heilserwartungen verknüpfte "Entwicklung" - und schon gleich keine, die mit Lügen verknüpft wird!

Für all die wichtigen Tugenden in Berching steht symbolhaft das Pflasterzollhaus: Bescheidenheit, Fleiß, Wahrhaftigkeit!

Damit in dieser trüben Zeit die Erinnerung daran nicht zugrunde geht, präsentieren wir am Schluss drei weitere Bilder desselben - erneut Bilder, die uns treue Berchinger übermittelt haben:

Aus wessen Hand und welchem Jahr die geschmackvolle Jugendstil-Postkarte zur Linken in der Abbildung unten stammt, wissen wir leider nicht (Riegler?). Immerhin gab diese Karte ein Bürgermeister in Auftrag, der noch um das Kapital der Stadt wusste, das es für ihn zu bewahren und nach außen zu repräsentieren galt.

Links: Historisches Postkarten-Motiv. Rechts: Titelbild aus Ludwig Gernhardts "Geschichte der Stadt Berching" von 1926.

Rechts daneben findet sich ein Holzschnitt von Professor Wilhelm Neumeyer aus Berching, der die Rückseite des Pflasterzollhauses und der Vorstadtmauer abbildet und damit Ludwig Gernhardts "Beiträge zur Geschichte der Stadt Berching" als Titelbild verschönert.

Der Holzschnitter erfasste seinerzeit exakt das Ende der Vorstadtmauer und ihren Versatz in Bezug auf Tor und Zollhaus. Die Arbeit belegt einmal mehr, dass hinter dem Zollhaus nie eine Stadtmauer stand! Da das Häuschen selbst eine schiefe, sich dem Auge des Betrachters entziehende Rückwand hatte, ließ Neumeyer die Vorstadtmauer originalgetreu mit einem Stützpfeiler enden. Und er gab den Schiefstand der Hausrückwand dadurch zu erkennen, dass er den Treppenaufgang an der Zollhauswand oben sichtbar nach rechts schwenkte!

Welcher Scharfblick, welch künstlerisches Können! Ein echter "Gut-Achter" war hier am Werk - im Gegensatz zu den heutigen "Schlecht-Achtern".

Der Holzschnitt entstand zur 1000-Jahrfeier der Stadt im Jahr 1926, die damals gar keinen festen historischen Moment als Bezugsgröße hatte und dennoch ein großer Erfolg wurde. Im vergangenen Jahr 2014 hätte man nun den 700sten Jahrestag der Ersterwähnung einer verfassten Bürgerschaft Berchings als "civitas", also der Stadterhebung Berchings, feiern müssen. Haben Sie irgendetwas davon bemerkt? Wir nicht!

Wir sind uns mit vielen Berchingern einig:

Malerei von Hans Vierthaler im Gasthof Schuller in Berching.
Es ist in Berching Hopfen und Malz verloren, wenn es so weitergeht! Bei den Entscheidungsträgern kein Stolz, kein Traditionsbewusstsein, keine Liebe zum Sujet, dagegen jede Menge Ignoranz und Oberflächlichkeit! Die Altstadt von Berching von Ortsfremden repräsentiert, für ortsfremde Interessen benutzt - und dabei hurtig die Wahrheit so hingebogen, wie man sie braucht. Welch ein Verhängnis für unsere alte Stadt.

Er folgt abschließend eine Malerei unbekannten Datums, aus der Hand des Berchinger Hobbymalers Hans Vierthaler (Bild rechts). Das Motiv zeigt den historischen Auftrieb zum Viehmarkt, den auch der berühmte Maler Karl Stuhlmüller zum Vorbild nahm, inklusive Krapfentor und Pflasterzollhaus. Das hübsche Bild ziert heute den Gastraum des Brauereigasthofs Schuller in der St. Lorenz-Straße:

Unser Zollhaisl, wie es leibt und lebt!

29. Oktober 2014:

Neues zur Historie des Pflasterzollhäuschens

Bislang war aus den Aufzeichnungen alter Berchinger Heimatkundler nur bekannt, dass der Habsburger-Kaiser Friedrich III. dem Eichstätter Fürstbischof Wilhelm von Reichenau am 28. Januar 1465 das Privileg erteilt hatte, zunächst für einen Zeitraum von 5 Jahren "in seinen zwey Städten Berching und Beylengriess zur Besserung der Wege und Brücken in der Gegend herum einen Zoll zu nehmen, von jedem geladenen Wagen 2 und von einem Karren 1 Pfennig." (Urkunde J. Chmel Nr. 4142)

Dieses Datum wird üblicherweise mit dem Beginn der Erhebung des Pflasterzolls in Berching gleichgesetzt; wenig später sollten, so unsere bisherige Annahme, auch die Pflasterzoll-Hebestellen, also auch das Zollhäuschen am Krapfentor, entstanden sein.

Dass es mit der Errichtung doch noch etwas länger, fast 35 Jahre, gedauert hat, darüber klärte uns jüngst eine Urkunde auf, die wir in den lokalen Aufzeichnungen zur Geschichte Berchings nicht fanden, sondern in J. F. Böhmers "Regesta imperii" (neue Bearbeitung). Hierzu folgender Auszug aus H. Wiesflecker: Regesten des Kaiserreiches unter Maximilian I., Wien 1993.

Urkunde aus dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, rrb X/1, 321.

Die Urkunde stammt aus der Kanzlei König Maximilians I., des Sohnes Friedrichs III. und späteren Kaisers, und wurde am 17. März 1498 in Freiburg im Breisgau ausgestellt. In ihr ist nun erstmals expressis verbis von "Zollstätten" als festen Einrichtungen zur Erhebung des Pflasterzolls in Berching und Beilngries die Rede.

Demnach ist die Geburt unseres Pflasterzollhäuschens am Krapfentor doch etwas später anzusetzen als ursprünglich angenommen, in die Zeit kurz vor 1500!

 

Neues zur Historie der Berchinger Vorstadt

Nur wenige Jahre später, im Sommer 1504, wurde die gesamte Vorstadt Berchings ein Raub der Flammen!

Das bislang unbekannte Unglück geschah zur Zeit des Landshuter Erbfolgekrieges, [Link] dem seit der Zeit der "Kunstdenkmäler von Bayern" für unsere Region keine besondere Bedeutung beigemessen wurde ("Vom Landshuter Erbfolgekrieg wurde unser Gebiet nicht berührt..."; siehe KdB, BA Beilngries I, 1908, S. 4).

König Maximilian I. zog am 8. September 1504, von Hilpoltstein her kommend, mit einem großen Heeresaufgebot (1500 Reiter und 3000 Landsknechte) in das "verbrannte Dorf Berching" (= Vorstadt), um den in der Oberen Pfalz eingefallenen Böhmen entgegenzutreten. Die königlichen Truppen blieben zwei Tage "in ain geleger bei Perching", fanden aber "nichts zu essen oder trinken", ja nicht einmal ein "annehmbares Haus", so dass sie in Zelten und im Freien nächtigen mussten. Die hier zitierten Formulierungen des Kölner Stadtgesandten Slebusch suggerieren, dass möglicherweise sogar die kriegsneutrale Bischofstadt westlich der Sulz Schaden genommen hatte (RI XIV, 4, 1, n. 19141). [Link]

Die genaueren Umstände des Stadtbrandes sind nicht dokumentiert, aber es ist ziemlich sicher, dass markgräflich-ansbachische Truppen für die Übeltat verantwortlich waren. [Link]

Ob das Krapfentor und das nagelneue Pflasterzollhäuschen in jenem denkwürdigen Jahr 1504 von der Feuersbrunst betroffen waren, wissen wir nicht. Bewohnbare Häuser im Inneren der Vorstadt scheinen jedenfalls am 8. September 1504 nicht mehr gesehen worden zu sein.

Die Kirche St. Lorenz dürfte durch den Brand von 1504 zumindest schwer beschädigt worden sein. Zwar soll sie nach den Aufzeichnungen des Ratsdieners Gareis von 1856 (sog. Häuserbuch) gerade 1502 umgebaut und 1503 neu eingeweiht worden sein, doch muss sich der Chronist in den Jahreszahlen geirrt haben. Das urkundlich gesicherte Brand-Ereignis von 1504 legt nahe, dass in Wirklichkeit Umbau und Neuweihe nach dem Vorstadtbrand nötig wurden, weil die Kirche durch diesen gelitten hatte. Vermutlich war das Dach der Kirche abgebrannt und das Inventar schwer beschädigt worden. Drei Jahre danach scheint der Wiederaufbau bereits abgeschlossen gewesen zu sein, denn im Jahr 1507 spendete die Berchinger Bürgerfamilie Haberrain den Muttergottes-Hauptaltar. Erst danach waren würdige Gottesdienste wieder möglich. Die der Altdorfer-Schule zugeschriebenen Seitenaltäre mit den Tafelbildern des Heiligen Lorenz folgten wenig später. Das Fragment des Sakramenshäuschens dürfte wiederum aus der alten Kirche vor dem Brand stammen. Zwischen 1514 und 1519 erfolgte nach den 1504 gemachten schlechten Erfahrungen und vor dem dräuenden Bauernaufstand auch die Erhebung der Marienkirche als künftige Stadtpfarrkirche. Sie lag im Gegensatz zu St. Lorenz hinter der Wehrmauer der Weststadt und war so wenigstens einigermaßen geschützt!

Auch ein Neu- und/oder Ausbau des Bürgerspitals, dessen heutiger Bau aus stilistischen Gründen ins 16. Jahrhundert datiert wird, könnte dem Wiederaufbau nach der Brand-Katastrophe von 1504 geschuldet sein. Immerhin hatte das dortige "Herrenbett" dem König Maximilian I. nicht zum Nächtigen zur Verfügung gestanden! Mit einem Querbau rückte man nun auch direkt an das Ufer des östlichen Sulzarms heran, und unterfing das erweiterte Spitalgebäude mit einem bogenbewehrten Unterbau.

Das Kriegs- und Brandgeschehen vom September 1504 ist demnach ein Schlüssel-Ereignis für das Verständnis der Stadtgeschichte Berchings. Da es bis dato in Berching noch völlig unbekannt ist, machen wir es hiermit öffentlich!

 

21. Oktober 2014:

Schon einmal war das Pflasterzollhaus Gegenstand einer Fälschung!

Im Jahr 1983 war anlässlich der anstehenden 1100-Jahrfeier die gesamte Berchinger Bürgerschaft von der glorreichen Vergangenheit der Stadt durchdrungen - so wie heute gewisse Politiker bevorzugt von der glorreichen "Zukunft" Berchings träumen.

Selbst das Neumarkter Tagblatt wollte damals nicht hintanstehen, die Stadt zu feiern, und spendierte zum Jubelfest einen Bastelbogen des Krapfentors für die Kinder, damit sich diese im Spiel aktiv mit dem schönsten Tor-Ensemble Berchings auseinandersetzten. Selbstverständlich durfte dabei das Pflasterzollhaus nicht fehlen!

Beim Modellentwurf spielten offensichtlich praktische Überlegungen eine Rolle, denn der namentlich nicht genannte Konstrukteur des Bastelkartons kam auf die pfiffige Idee, aus Gründen der Standfestigkeit das Zollhäuschen einfach innenstadtwärts zu verdoppeln!

Bei diesem Modell gab es also gleich zwei Häuserfronten, eine innen und eine außen!

Aus dem Heft der Stadt Berching: 1100 Jahre Berching 883-1983.

Wie der Leser sieht, was das Zollhäuschen schon einmal Gegenstand einer "Geschichtsfälschung" - einer amüsanten!

Amüsant deshalb, weil kein echtes Gebäude zu Schaden kam, und Papier geduldig ist.

Im Übrigen wäre aber damals niemand auf die abstruse Idee gekommen, aus Rationalisierungsgründen das historische Häuschen  aus dem Modell ganz verschwinden zu lassen! Es gehörte unauflöslich dazu!

Die fixe Idee blieb einem ahnungslosen Stadtplanerbüro aus München im Jahr 2013 vorbehalten, und der Bürgermeister gab dann persönlich den Vollstreckungsbefehl, wie wir inzwischen erfahren haben. Hätte er das 31 Jahre früher, anlässlich der 1100-Jahrfeier getan, so wäre er in Berching wahrscheinlich dafür gelyncht worden - und dies erst recht, wenn dazu ein fehlerhaftes Tendenzgutachten und eine ebenso abenteuerliche wie falsche Stall- und Stadtmauer-Hypothese den Ausschlag gegeben hätte.

Diese Zeiten sind leider vorbei! Heute gibt nicht der Bürger den Ton an, sondern es regiert die Lobby. Was zählt jetzt noch die Historie, wo es doch allein um die "Zukunftsfähigkeit" Berchings geht. Dass über die Zukunft eines Ortes nur der seriös spekulieren kann, der sich zuvor intensiv mit seiner Vergangenheit beschäftigt hat, hat sich leider bis dato nicht herumgesprochen!

Zu Abschluss folgt für alle Liebhaber die letzte erhaltene Satelliten-Aufnahme des Torhäuschens, welche aktuell, im Oktober 2014, noch in Microsofts Kartendienst "Bing Maps" nachzuvollziehen ist - im Gegensatz zur Satellitenaufnahme von Google, die bereits das Zerstörungswerk wiedergibt (siehe weiter unten). Hier ist auch noch der Umfang des gesamten Vorgartens zu erkennen und der Weg zum Schaidl-Garten, der in seiner mittleren Grasnarbe die einstige Eisenbahnlinie noch optisch wiedergab. Er ist jetzt auch perdu und einem "modernen" Weg gewichen!

Satellitenaufnahme, Bing Maps, Oktober 2014.

17. Oktober 2014:

April 1945: Fliegerangriff auf das Pflasterzollhaus!

Aus Berchings Vergangenheit, Beilage NT vom 29.1.1954. Im Jahr 1954 lebten noch viele Augenzeugen der Pflasterzolleinnahme am Krapfentor. Kein Mensch wäre damals auf die abstruse Idee gekommen, die Existenz des Zollhäuschens zu bestreiten.
Die alteingesessenen Berchinger mussten sich in den letzten Tagen und Wochen immer wieder aus dem Rathaus und sogar aus der unteren und oberen Denkmalbehörde heraus die Lügengeschichte vom Unwert bzw. der Nicht-Existenz des Pflasterzollhäuschens am Krapfentor anhören und dabei zusehen, wie man machtmissbräuchlich dessen verbliebene Rückwand in den letzten Tagen ebenfalls demolierte.

Umso mehr leben die Geschichten, die sich um dieses Häuschen ranken und seinen liebenswerten Historimus, der mit der Frage "mittelalterlich oder nicht" nicht das Geringste zu tun hat, anekdotisch untermauern.

Gerade in dieser Zeit der Ignoranz in Berching ist es ungeheuer wichtig, die Geschichten, die sich um das Zollhäuschen ranken, lebendig der Nachwelt erhalten. Durch sie lebt das Häuschen weiter!

Unser Nachbar, Herr Erhard Stadler, erzählte uns vor 2 Tagen von den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs in Berching.

Damals waren das Zollhäuschen und seine Besitzerin sogar einem Fliegerangriff ausgesetzt!

Erhard Stadler war noch ein kleiner Junge, als er mit seinem Vater in den Apriltagen 1945 zum Neumarkter Tor hinauswanderte. Plötzlich nahmen beide über Pollanten das Kreisen mehrerer amerikanischer Tieffliegers wahr. Eilends machten sie sich auf den Rückweg, um sich zuhause in Sicherheit zu bringen. Währenddessen näherte sich ein Kampfflugzeug und nahm zunächst die Flachsröste unter Beschuss, die wenig später auch Feuer fing.

Frau Dietz, die damalige Besitzerin des Torhäuschens, hatte zur selben Zeit unmittelbar vor dem linken Fenster ihres Anwesens im Garten gestanden; auch sie suchte nun ihr Heil in der Flucht, lief durch das Tor und verbarg sich hinter ihrem Haus. Sekunden später schlug ein Querschläger im oberen Fenstersturz des Zollhäuschens ein und zersplitterte mit voller Wucht auf dem Boden.

Bild von Engelbert Wolfrum, in Privatbesitz.
Herr Stadler berichtete tief beeindruckt:

Hätte Frau Dietz nicht Sekunden zuvor den Rückzug eingetreten, so wäre sie durch den Einschlag und die Splitter tödlich verletzt worden! So aber blieb sie unversehrt und konnte Gott für ihre Rettung danken.

Der Schaden am Haus selbst blieb damals gering; lediglich der Fenstersturz musste nach dem Friedensschluss repariert werden.

Wir haben diese Geschichte eigens festgehalten, um deutlich zu machen, wie haarsträubend die Behauptung des Berchinger Rathauses ist, um das Häuschen sei es nicht schade, da es nicht "historisch" gewesen sei.

Der längst verstorbene Berchinger Kirchenmaler Engelbert Wolfrum, ein Schüler Norbert Wronas, hat vor vielen Jahren das Zollhäuschen in einer Winteridylle verewigt. Seine Witwe hat uns eine Fotografie des Bildes innerhalb ihrer Wohnung gestattet!

Das ist das authentische Gesicht Berchings - und nicht diese Kunstwelt, mit der man die Stadt derzeit an mehreren Stellen verunstaltet!

10. Oktober 2014:

Kleingeist erzeugt Großschaden

Aufnahme vom 10. Oktober 2014.

Heute ist die obere Rückwand des Zollhäusels zerschlagen worden, unten wird die Rückwand zur Stadtmauer "umfrisiert". Die historische Tür ist achtlos beiseite geworfen. Mal sehen, ob man den Blickkanal zur Innenstadt auch noch zumauert. Damit wäre das letzte Beweismittel des historischen Pflasterzollhäuschens beseitigt.

In der Rechtsprechung nennt man dies Beweisvereitelung. [Link] In diesem Fall: Mit ausdrücklicher Genehmigung einer Behörde, die einst dazu geschaffen wurde, genau Solches zu verhindern!

Eine mögliche Rekonstruktion des Pflasterzollhauses wird damit bereits im Vorfeld entscheidend behindert - und der von uns dokumentierte Wille von 430 Bewohnern aus Berching und Umgebung verhöhnt!

Nachdem man sich schon ein eigenes Geschichtsbild gebastelt hat, gilt in Berching vermutlich jetzt auch jenes Bonmot von Bert Brecht:

"Das Volk hat das Vertrauen der Regierung verscherzt. Wäre es da nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?"

06. Oktober 2014:

Die Restaurierung deckt Fehlinterpretationen und Versäumnisse auf!

Aufnahme vom 05. Oktober 2014.

Momentan werden die Rückwand des Torhauses und ein angrenzendes Stück Mauer restauriert. Soweit, so gut. Fachmännisch begleitet kann jedoch diese Maßnahme nicht sein. Wie man im Vergleich zum nächsten Bild weiter unten sieht, ist inzwischen der gesamte neuzeitliche Anteil der oberen Rückwand einfach abgetragen worden (blaue Pfeile). Dessen Innenschale hatte allerdings schon bei Abriss des Häuschens erheblichen Schaden davongetragen bzw. war beim Versuch, die Betonzwischendecke am Auflager auszubauen, nach unten abgestürzt. Originalgetreu wiederherzustellen ist dieses Mauerstück nicht mehr, dazu hätten der ganze Mauerverband dokumentiert und die ausgebauten Steine für einen Wiedereinbau nummeriert werden müssen. Sollte dennoch restauriert werden, entsteht also ein Flickenteppich verschiedener Mauerstile! Sollte dieses Mauerstück nach dem verrückten Ansinnen des Denkmalamtes tatsächlich ganz geopfert werden, entstünde ein viel zu niedriger Stumpf einer fiktiven Stadtmauer, der nichts gleich sieht!

Inzwischen hat die hier tätige Baufirma auch das angrenzende, zuletzt bis zum Boden ganz herausgefallene Mauerstück ergänzt. Mit dem rechten Anschlussteil stimmt es mauertechnisch nur bedingt überein, mit dem linken, anghrenzenden Stück der Vorstadtmauer überhaupt nicht. Und siehe da, man hat auch gar keine Verzahnung mit derselben versucht, sondern einen vertikal glatt begrenzten Stoß gemauert (rote Pfeile), wobei dieser auch nicht bündig abschließt, sondern um Einiges vorkragt und dadurch mit dem Vorstadtmauerrest eine Mauerstufe bildet. Technisch ist das sicherlich nicht anders gegangen: Der Stoß war wegen des fehlenden Fundamentes in diesem Abschnitt nötig, und der Mauerversatz unvermeidlich, weil die Zollhausrückwand weder mit dem Stadtmauerrest strukturell zu tun hat noch mit diesem fluchtet. Warum dies so ist, haben wir bereits weiter unten durch ein Satellitenbild und eine Planzeichnung deutlich gemacht.

Alles in allem liefert der Aspekt der derzeitigen Restaurierung den augenscheinlichen Beweis, dass Vorstadtmauer und Zollhausrückwand nichts, rein gar nichts miteinander zu tun haben. Das Ganze sieht aus wie ein unharmonisches, fast stümperhaftes "Gestückel" verschiedener Mauerabschnitte! Das soll also die "Stadtmauer" sein, die hier freigestellt werden sollte!

Dann viel Spaß damit:

Das entstehende Mauer-Konglomerat ist ein Fanal dafür, was unüberlegtes Herumreissen an historisch gewachsener Substanz nach sich zieht!

Es ist uns eine gewisse Genugtuung:     Alt-Berching und sein totes Pflasterzollhaus rächen sich!

02. Oktober 2014:

Was muss ein Pflasterzollhaus eigentlich noch alles erdulden?

Der Berchinger Stadtrat hat vorgestern getagt und dabei wieder einmal das Krapfentor ins Visier genommen. Heute lesen wir dazu in der Zeitung folgende haarsträubende Stellungnahme der "Hofberichterstattung":

"Zunächst soll die durch den Abbruch in Mitleidenschaft gezogene Stadtmauer saniert und wieder aufgebaut werden. Erst danach soll über einen Neubau entschieden werden. Architekt. K. wies erneut darauf hin, dass im Urkataster von 1822 kein Gebäude enthalten sei und der aktuelle Bau keinerlei historische Substanz enthalten habe. Nach der Freilegung der Stadtmauer sei der Sanierungsaufwand nunmehr definierbar. Inzwischen habe das Landesamt gestattet, den oberen Teil der Mauer abzutragen..."

Da haben wir es wieder, dieses Windei "Stadtmauer". Die Kamelle wird nicht wahrer, bloß weil sie gebetsmühlenartig wiederholt wird. Die Sanierung und Wiedererrichtung der Stadtmauer muss allein deswegen gnadenlos scheitern (und scheitert bereits in diesen Tagen), da diese im Bereich des Häuschens nie existiert hat. Darüber weiss der Leser unserer Seite bereits bestens Bescheid. Was aktuell hier von einer Baufirma in der Lücke errichtet wird, ist eine Kunstmauer des Jahres 2014, ohne restaurative Potenz oder Signifikanz für die Vorstadtmauer.

Zur Interpretation des Urkatasters wollen wir uns an dieser Stelle nicht mehr weiter äußern. Hierzu ist unten alles gesagt und auch gezeigt, und der kundige Leser unserer Seite kann selbst beurteilen, was von obiger Äußerung zu halten ist.

Widmen wird uns dem oberen Teil der Rückwand, die nun das Landesamt von Denkmalpflege absurderweise zum Abbruch freigegeben hat. Er ist es wert, etwas genauer betrachtet zu werden:

Die Rückwand nach dem Abriss des Zollhäuschens.

Die unteren Teile der Rückwand sind die älteren und dickeren; sie sind auf der Nordseite verputzt und stark neuzeitlich verändert, entziehen sich somit ad hoc einer bautechnischen Analyse.

Ganz anders ist es mit dem oberen Teil der Rückwand des Pflasterzollhauses bestellt:

Diese Partie ist aktuell noch den Blicken frei zugänglich, insgesamt wesentlichen dünner als die untere Rückwand und damit ein augenscheinlicher Beweis dafür, dass hier keine Stadtmauer existierte. Das Mauerstück zeigt einen sorgfältig geschichteten, fast mörtellosen Verband aus Jura-Quadern und -Platten unterschiedlicher Dicke und Färbung. Zwei vormalige Fensteröffnungen scheinen zugesetzt und verputzt zu sein, die Türöffnung zeigt einen flachen Ziegelsturz, das Türblatt aus Holz ist alt und relativ gut erhalten.

Der rechte Anteil dieses Mauerverbandes stammt noch von ursprünglichen Pflasterzollhaus und dürfte damit relativ alt sein. Ob die Tür bereits zu diesem Teil gehörte, lässt sich heute kaum mehr entscheiden. Wenn ja, dann datieren wir diese obere Mauerpartie grob in die Barockzeit, am ehesten in die Jahrzehnte nach dem Dreißigjährigen Krieg, in der auch unser eigenes Haus errichtet und mit ähnlichen Fensterstürzen und Türfassungen versehen wurde. Neuzeitlich sind nur die störenden Einmauerungen unter der Holzstiege des Krapfentors und die Schäden in den unteren Abschnitten, neuzeitlich ist auch die linke Hälfte des Mauerverbandes, da der Vorgängerbau (das originale Pflasterzollhaus) nicht die entsprechende Breite hatte. Im erhaltenen Gesamtgefüge ist die Zweizeitigkeit kaum zu erkennen, es wurde auch im neueren Anteil nach der alten Technik gemauert, allerdings auch nur geringe Reste erhalten, weil ein Großteil der linken inneren Mauerschale durch den Abriss zerstört wurde und die Unterschiede vielleicht deshalb nicht mehr auffallen.

Die westlichen Teil der obere Rückwand des Pflasterzollhauses könnten also 300 Jahre alt sein, beide Anteile zeigen einen sehr schönen, fast mörtellosen Verband!

Dass es sich dabei bereits um einen Wiederaufbau handelt, das ursprüngliche Haus also wesentlich älter gewesen sein muss, haben wir bereits weiter unten ausführlich begründet.

Leider fiel nach dem Abriss der linke obere Anteil der Wand vor wenigen Tagen einem weiteren unüberlegten Rückbau zum Opfer, der wegen Einsturzgefahr vollzogen wurde. Hierbei hat man versäumt, den Mauerverband zu fotografieren und die Blöcke und Platten zu nummieren; damit ist eine exakte Rekonstruktion nicht mehr möglich, nur ein unpassendes Surrogat mit reichlich Mörtel.

Wenn wir allerdings obigem Ausschnitt aus dem Zeitungsartikel folgen, ist die an sich gebotene Restaurierung auch nicht mehr nötig, denn das Landesamt für Denkmalpflege schießt nun den Vogel vollends ab und gibt diese Mauer zu Abbruch frei.

Unrecht am Denkmal wird so zum Dauerprinzip - und eine Denkmalschutzbehörde zum Wiederholungstäter!

Natürlich agiert hier nicht eine abstrakte Behörde, sondern eine ganz bestimmte Person im Hintergrund, deren Namen uns inzwischen bekannt ist. Und diese steht unter einem gewissen Druck, selbst wenn sie inzwischen intern gedeckt wird. Diese Person - wohlgemerkt Nicht-Historiker, Nicht-Archäologe - hat in gänzlicher Unkenntnis der Berchinger Geschichte schon zuvor eine klare Fehldiagnose über die Erhaltungswürdigkeit des Häuschens gestellt. Jetzt muss auch das verbliebene Corpus delicti noch möglichst schnell weg, damit alle Spuren des Denkmalfrevels vertuscht sind, ehe hochrangige Persönlichkeiten in Berching auftauchen, um sich selbst zu informieren. Außerdem kann nur so das untere, dicke Mauerstück endlich zu der Stadtmauer mutieren, die man zuvor behauptet hat!

Genau aus diesen Grund bemühen wir uns um eine genaue Dokumentierung des Befundes!

 

Liebe Berchinger/innen!

Hüten Sie sich vor dem, was Sie jetzt und künftig als Rathaus-Meldung in der Zeitung oder im Mitteilungsblatt in Sachen Denkmalschutz oder ISEK lesen. Man streut inzwischen gezielt Falschinformation zur historischen Substanz. Es wird geklittert, verdreht, Halb- und Unwahrheiten verbreitet, dass sich die Balken biegen - und dies alles nur, um ex post zur rechtfertigen, was nie und nimmer zu rechtfertigen ist. Damit versucht man selbst die Mitglieder des Stadtrates für dumm zu verkaufen!

Der überwiegende Teil der Berchinger Bevölkerung blickt allerdings ganz klar durch - und verachtet zutiefst, was da versucht wird!

Kompletter Unfug ist z. B. eine Meldung, die kürzlich in der geheimen Stadtratsklausur lanziert wurde: Die Hebestelle am Krapfentor sei im sog. Hirtenhaus gewesen. Zwar soll in diesem Haus, in dem der Zuchtstier und Zuchteber von Berching seine Stallungen hatten, neben dem Hirten in der Tat ein Pflasterzolleinnehmer gewohnt haben - niemand weiß, wer, wo und wie lange -, die Pflasterzölle selbst wurden in allen Städten des Mittelalters ausschließlich und unmittelbar an Stadttoren erhoben und nirgendwo anders. Wenn es in einem Tor eine Torstube gab, so war eben diese die Hebestelle; wenn nicht, dann stand das Häuschen davor oder dahinter.

Nur wenn die Städte im 19. Jahrhundert massiv wuchsen, verlagerte man die Hebestellen nach außen an die neuen Stadtränder und errichtete hierzu vergleichsweise neue und größere, z. T. bewohnbare Häuschen. Beispielgebend ist ein Pflasterzollhaus in Erlangen, das gerade dort liebevoll restauriert wird. [Link]

Was das Hirtenhaus von Berching anbelangt, so war es längst abgerissen, als am Krapfentor immer noch ein Pflasterzoll erhoben wurde!

Es folgen zwei weitere Beispiele, bei denen die Hebestelle vor dem jeweiligen Tor lag. Auch das hat ja die "Geschichtsschreibung" des Rathauses bereits abgestritten.

In Abensberg hat man wie in den meisten anderen Städten schon vor mehr als 100 Jahren das betreffende Tor abgerissen, dort ersetzte das Haus wie in Berching einen Stadtmauerabschnitt.

In Schlüsselfeld hat sich das kleine Torhäuschen bis heute komplett erhalten und wird liebevoll gepflegt - genauso wie der nahezu komplett erhaltene Streuobstgürtel. Davon kann man in Berching nur noch träumen. Keine Chance über Jahrzehnte, wenn die kopflose "Modernisierung" so weiter geht!

Das Abens-Tor in Abensberg mit seinem Pflasterzollhaus, kurz vor seinem Abriss am 20. Juni 1901. Wie in Berching lag das Torhäuschen zur Linken, direkt am Tor außerhalb der Stadt und verdeckte dort keinen Stadtmauerabschnitt.

Das aus der Spätgotik stammende Obere Tor in Schlüsselfeld mit seinem außen gelegenen Pflasterzollhäuschen, das sich bis heute erhalten hat.

Wie wir inzwischen von einigen Augenzeugen erfahren haben, wurde in Berching nach dem Ersten Weltkrieg die Erhebung des Pflasterzolls wieder aufgenommen und bis in die dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts hinein fortgesetzt. Dies galt vermutlich nur für die Innenstadt und das Gredinger Tor; am Krapfentor war ja die Hebestelle seit 1922 aufgehoben und durch die Brüderlein'sche Kleinwohnung ersetzt. Eine Abbildung des letzten Pflasterzolleinnehmers, der Georg Müller hieß, haben wir bereits weiter unten eingefügt. Herr Müller wurde sehr alt und trug am Schluß mit Stolz einen schlohweißen Rauschebart im Stile des Prinzregenten Luitpold! Ein stattlicher Mann, der im Nebenberuf auch Schuster war!

13.09.2014:

Die Stall-Theorie der Stadt Berching

Am 13.September 2014 hat das Neumarkter Tagblatt eine Entstehungstheorie von Dr. Hans Rosenbeck, Kulturreferent der Stadt Berching, mit der Schlagzeile veröffentlicht: "Der Tor-Anbau war einst nur ein Stall!" [Link]

Diese Theorie gibt also sozusagen die offizielle Meinung der Stadtverwaltung Berching wieder. Sie geht davon aus, dass das Häuschen am Krapfentor keine Pflasterzoll-Hebestelle, sondern ein neuzeitlicher Stall war, was sozusagen den stattgehabten Abriss rechtfertigen würde.

Das Problem bei dieser Theorie ist nur: Sie ist aus vielerlei Gründen falsch!

Und wir sind im Weiteren gut beraten, die Kirche im Dorf und das Pflasterzollhaus am Krapfentor zu belassen!

Hätte der Urheber auf unserer Seite nachgelesen, so hätte er schon ganz am Anfang all die Argumente gefunden, die seine Theorie widerlegen.

Dennoch steht die Veröffentlichung mit ihrer Schlagzeile nun im Raum, und das Leidige daran ist: Es bleibt immer etwas hängen!

Deshalb fühlen wir uns gemüßigt, für denjenigen, der es genau wissen will, die Aussagen der Stall-Theorie, so wie sie im Neumarkter Tagblatt wiedergegeben sind, aufzugreifen und die Dinge nunmehr bereits zum wiederholten Mal gerade zu stellen. Dazu zitieren wir jeweils aus dem besagten Zeitungsartikel und fügen unsere Erklärungen und einige Bilder an.

 

Erbauungszeit des Häuschens nach dem Urkataster

Zitat: "Die Stadt Berching... ist zu der eindeutigen Überzeugung gekommen, dass es vor etwa 1850 kein Gebäude neben dem Neumarkter Tor gegeben habe... Ein erster Anbau an den Turm, der außen an die Mauer gebaut wurde, stamme aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Für diese Zeit werde im Häuserbuch erstmals ein Anbau erwähnt."

Diese Behauptungen sind falsch.

Anlass zur Verwirrung hat eine Ergänzung des Baugutachtens ergeben, die die Stadt Berching inzwischen veranlasst hat, um ihren Abbruch zu rechtfertigen. Das 10seitige Gutachten lag uns inzwischen zur Überprüfung vor; der Verfasser bleibt hier bewusst ungenannt. Inhaltlich weist es mehr als 20 äußerst kritische Stellen auf, z. T. mit falschen Prämissen, z. T. mit falschen Rückschlüssen. Wer das im Detail, mit unseren Kommentaren versehen, nachlesen will, wird hier fündig: [Link]

Was den Katasterplan anbelangt, so hat das Gutachten die falsche Ausgangsbasis verwendet, nämlich das sog. Ortsblatt von Berching aus dem Jahr 1922, das am Krapfentor einige Unschärfen bzw. falsche Hausnummern aufweist, die obendrein kaum leserlich sind. So ist auch das Häuschen kaum auszumachen.

Doch schon die unmittelbar danach angefertigte Version, das sogenannte Urpositionsblatt des Liegenschaftskatasters, das neuerdings im Internet frei zugänglich ist, [Link] zeigt die Sachlage nach Korrektur korrekt. Hier ist die Immobilie des Pflasterzollhäuschens mit der Hausnummer 191 - die gleiche Nummer wie das Tor, was nun wiederum den gemeinsamen Besitzer und die bauliche Zusammengehörigkeit belegt! - und der für Steingebäude zutreffenden Farbe korrekt eingezeichnet (Vergrößerung; großer Pfeil).

Da das Ortsblatt von Berching im Jahr 1822 als erstes und der Liegenschaftskataster nach Korrekturen unmittelbar danach lithographiert wurde, dabei die Vorlagen (das größere Vermessungsblatt und eine Kopiervorlage für die maßstabsgetreue Übertragung auf die Steinplatte) aber nicht selten schon einige Jahre zurücklagen, ist damit belegt, dass das Pflasterzollhäuschen bereits deutlich vor 1822 existierte, vermutlich schon zur Gründung des Königreichs Bayern. Es ist also mindestens 200 Jahre alt!

Das Häuserbuch der Stadt, so wie es uns in der Bearbeitung von A. Delacroix vorliegt, enthält ebenfalls die korrekte Hausnummer, aber keinen Eintrag, der auf einen Anbau aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verweist. Ob hier das Original abweicht, ist uns allerdings nicht bekannt.

Ausschnitt aus dem königlich-bayerischen Urkataster, nach dem Ortsblatt von 1822.

Dass bei der dreistufigen Erfassung der topographischen Situation im Urkataster (erst Vermessungsblatt, dann Planzeichnung, dann Lithographie) trotz aller Sorgfalt nicht selten Übertragungsfehler durch Ungenauigkeit oder Unleserlichkeit der Vorlagen vorkamen, ist selbstredend und an vielen Stellen nachweisbar.

Im vorliegenden Fall konnte der Graveur die nördliche und östliche Außenwand des Zollhäuschens zunächst nicht exakt einzeichnen; falls man das, was man hier sieht, für die Nordwand halten möchte, dann ist diese um einige Zentimeter nach Norden verschoben und schließt inkorrekt bündig mit der Torfront ab (Vergleich mit alten Fotos und dem Ortsaufmaß unten), die Ostwand wäre wegen einer schrägen Parzellen-Linie im Vormauerbereich ebenfalls schräg gezeichnet, was nicht zugetroffen haben dürfte (kleiner Pfeil rechts). Dadurch bekommt auch das Gartenstück eine etwas verzerrte Projektion (noch kleinere Pfeile rechts). Diese Fehler setzten sich in spätere Pläne fort.

Ein weiterer Fehler des Graveurs findet sich weiter westlich, am Anschluss der Mauer an die Sulz. Hier zeigt das noch heute erhaltene Mauerstück einen anderen Krümmungsradius (kleiner Pfeil links).

Ein sehr bedeutsamer Übertragungsfehler betrifft die Falsch-Eintragung der Vorstadtmauer!

So schließt die Mauer beim Urkataster linear mit dem Tor ab, obwohl diese Disposition nicht vorlegen haben kann, wie eine aktuelle Google-Satellitenaufnahme vom 12. September 2014 zeigt. Hier projiziert sich der Verlauf der Vorstadtmauer, so sie linear weiterverlaufen wäre, eindeutig hinter das Tor!

Google-Satellitenaufnahme vom September 2014

Bei der Interpretation des Urkatasters ist also Vorsicht geboten!

Wir werden weiter unten Gründe dafür angeben, dass die Vorstadtmauer im Bereich des Zollhäusls so nie existiert hat.

 

Ein fiktiver Stadtgraben

Im Weiteren:

Zitat: "Zum einen befand sich - wie aus dem Plan [Anmerkung: der Urkataster] ersichtlich, an dieser Stelle der zur Befestigung gehörende Graben..."

Über die Tiefe des Vorstadtgrabens lassen sich heute keine absolut verlässlichen Angaben mehr machen, weil das Terrain anlässlich der Errichtung des Ludwig-Donau-Main-Kanals zwischen 1833 und 1866 aufgefüllt wurde.

Allerdings zeigt die unterschiedliche Abböschung der erhaltenen Vorstadtmauer - noch stark und hoch im Bereich unseres eigenen Grundstücks, nur noch ganz gering nördlich des Schaidl-Gartens - dass der Grabenbereich einst nach Norden flach auslief. Dies ist gut durch die Hangneigung der Vorstadt und die Tatsache erklärbar, dass das Sickerwasser zweier Bäche aus den Seitentälern (zum Saalbeck'n-Haus und durch den Schaidl-Garten) um die Mauer nach Süden herum abgeführt werden musste und deshalb eine nach Süden zunehmende Grabentiefe nötig war.

Dass vor dem Pflasterzollhaus der "Graben" nivelliert gewesen sein dürfte, zeigt der Katasterplan, der im Norden den Wiesenstreifen der Vormauer-Zone flach und ohne Wall auslaufen lässt. Wo kein Wall, da auch kein Graben - Erdbewegungen wurden früher immer sehr ökonomisch ausgeführt! Ein Umlaufgraben vor dem Krapfentor hat sowieso nicht existiert, sonst wären am Tor Zugvorrichtungen für eine Zugbrücke vorhanden.

Der Vorstadtgraben am Pflasterzollhaus ist also Fiktion!

Ausschnitt aus dem Urkataster. Im Osten erhaltene Wall-Graben-Zone, erkennbar an der Doppel-Strichelung des aufgeworfenen Walls (schwarze Pfeile). Im Norden: Nur noch Wegbegrenzung (Klein-Strichelung einfach) oder normale Grundstücksmarkierung (rote Pfeile).

 

Dier Außenlage einer Pflasterzollhebestelle

Zitat: "Überdies widerspreche ein Gebäude außerhalb der Mauern dem Schutzzweck der Befestigung. Nur Gebäude, die aus stichhaltigen Gründen außerhalb liegen mussten wie das Lazarett, Mühlen und die Fallmeisterei, seien abseits der Stadt gebaut worden..."

Zur Widerlegung dieser Feststellung braucht man nicht weit zu gehen - nur bis zum Gredinger Tor:

Dort ist die Hebestelle des Pflasterzolls ebenfalls vor den Mauern gelegen!

Ein Enkel des letzten Pflasterzolleinnehmers von Berching ist noch am Leben und weiß von den Erzählungen seines Großvaters her noch bestens über den Dienst in diesem Haus Bescheid.

Die Gründe, die Hebestellen bedarfsweise vor die Tore zu verlegen, liegen auf der Hand: Innen herrschte mit den Fuhrwerken oft drangvolle Enge und eine gewisse Belästigung der Anlieger. Selbstredend wurden in Kriegszeiten und auch nachts die Hebestellen zusammen mit den Stadttoren geschlossen, und der Pflasterzolleinnehmer zog sich in die Stadt/seine Wohnung - am Krapfentor war diese in der Neuzeit im Hirtenhaus schräg gegenüber - zurück.

Eine Aufnahme von 1930 zeigt die Verkehrsdichte innerhalb des Krapfentors. Als das Hirtenhaus hier stand (bis 1904), ging es noch enger zu.

Übrigens: Mühlen können sehr wohl innerhalb einer Stadt gelegen sein (siehe Kraus-Mühle), auch Spitäler (z. B. Bürgerspital von Berching, Spital Freystadt). Nur das Sondersiechenhaus für Menschen mit Aussatz und anderen ansteckenden Krankheiten lag weit vor den Toren der Stadt Berching. Es wurde anlässlich der großen Pestzüge in Europa (ab 1347) errichtet, im Dreißigjährigen Krieg wohl zerstört und im Jahr 1692 aus den Trümmern wiedererbaut.

 

Der beheizbare Komfortstall

Zitat: "Dieses erste Gebäude aus dem 19. Jahrhundert sei auf den ältesten fotografischen Abbildungen des Neumarkter Tores noch zu erkennen. Gut erkennbar sei, dass es sich um einen gemauerten Stall oder Schuppen handelt..."

Diese Deutung wird vor allem bei Schafzüchtern und Landwirten ein Schmunzeln auslösen. Wenn stimmen würde, was hier steht, dann hätte es sich um einen beheizten Stall mit Ofen, um einen wahren Luxusstall gehandelt - eine absolute Unmöglichkeit! Man beachte hierzu den Kamin auf dem Dach des Häuschens! Welcher Bauer hätte diesen beheizten Stall (ohne Bauernhaus) eigentlich bedienen sollen?

Was einen Schuppen anbelangt, so ist dieser traditionell aus Holz und er wird ebenfalls nicht beheizt. Siehe das beistehende "Schipfl" am Pflasterzollhaus.

Historische Aufnahme von 1901.

Und da ist dann noch jeder Stollen, der sich vom inneren Winkel des Krapfentors bis hinein in das Häuschen fortsetzt und von dort einen Durchblick nach Süden, hinein in die Straße der Vorstadt, ermöglicht:

Aufnahme vom 1. September 2014: Der Sichtkanal ist mit rotem Pfeil gekennzeichnet.

Hatte sich nach der Stall-Theorie wirklich ein Gönner gefunden, der seiner Kuh, seinen Schafen oder Ziegen den Komfort bieten wollte, von ihrem beheizbaren Stall aus Ausblicke in beiden Richtungen zu bieten?

Oder handelte es sich nicht doch um das unerlässliche Rückwärtsfenster, das ein Torwärter oder Pflasterzoll-Einnehmer brauchte, um auch die Fuhrwerke und Passanten im Inneren der Stadt im Auge zu behalten?

Man sieht an den Details, wie absurd, ja nachgerade lächerlich die Annahme ist, das Häuschen am Krapfentor sei ein Stall gewesen!

Wie man auf der alten Fotografie oben und weiteren Detailaufnahmen weiter unten sieht, handelte es sich um ein kleines Gebäude mit nur einem Raum, mit Kamin und Ofen, mit einer Tür und zwei relativ großen, anfangs vermutlich verglasten Fenstern mit rundbogigen Stürzen, sowie mit einem Mauerdurchlass für Kontrollblicke ins Innere der Vorstadt hinein.

Es handelt sich hierbei eindeutig um die beheizbare, gut belichtete und funktionell eingerichtete Amtsstube des Pflasterzolleinnehmers - und um nicht anderes!

Die obige Aufnahme zeigt mit den Kirchgängern aus Erners- oder Rappersdorf eine sonntägliche Situation, weswegen alle Läden und die Tür der Hebestelle geschlossen sind. Einige Aufnahmen aus derselben Zeit sprechen dafür, dass das Haus um die Jahrhundertwende noch immer in Benützung stand, andere dagegen (siehe weiter unten). Offiziell wurde die Einziehung des Pflasterzolls mit Beginn des Ersten Weltkrieges beendet.

 

Die Notwohnung des Ehepaars Brüderlein

Zitat: "Es wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts jedenfalls abgerissen und durch einen größeren Neubau ersetzt. Der genaue Zeitpunkt dieser Baumaßnahme ist unbekannt. Nachgewiesen sei nur, dass am 19. Oktober 1922 das Gebäude vom Hausierhändler Martin Brüderlein gekauft und anschließend wohnbar gemacht wurde... Eine Fotografie aus dem Jahr 1931 zeige den Neubau mit der Eingangstür in der Mitte des Gebäudes, das nun als Wohnung diente. Deutlich sei zu sehen, dass das Gebäude jetzt tiefer sei und über den Turm vorstehe. Auch die Länge des Hauses sei signifikant vergrößert. Das war nur durch den Abbruch des alten Gebäudes möglich."

Die Formulierungen sind unscharf. Der Zeitraum der Hauserweiterung lässt sich nach der unten stehenden Zeichnung von Georg Jauss und weiteren Fotografien auf die Jahre zwischen 1919 und 1926 einengen. Am wahrscheinlichsten ist ein Baubeginn noch im Jahr 1922, dem Verkaufsjahr. Dazu wurde jedoch das Häuschen vom Hausierer-Ehepaar Brüderlein nicht ganz abgerissen, sondern seine historische Rückwand stehen gelassen, die deutlich höher als die anschließende Vorstadtmauer war, und nur die Nord- und Ostwand etwas nach außen versetzt. Für die neuen Wände wurde z. T. das historische Steinmaterial weiterverwendet, wie wir uns beim Abbruch des Häuschens mit eigenen Augen überzeugen konnten.

Es ist also falsch zu suggerieren, das Häuschen wäre ganz abgerissen worden. Es blieb noch viel seiner einstigen Substanz bestehen!

 

Die Rückwand des Pflasterzollhauses

Folgende Aufnahme zeigt, dass der heute noch stehende Rest der Rückwand im Bereich des vormaligen Dachgeschoßes allein aufgrund seiner Stärke eine Hauswand und kein Teil der Vorstadtmauer aus dem 15. Jahrhundert ist!

Diese wäre, wenn überhaupt, ganz anders verlaufen (siehe Bild oben)

Google-Satellitenaufnahme vom 12. September 2014: Rote Pfeile begrenzen die vergleichsweise stärkere Vorstadtmauer. Schwarze Pfeile markieren die schmächtige Rückwand des Zollhäusls mit ihrem Schrägverlauf.

Zitat: "Der Treppenaufgang an der Südseite sei zwar nicht in die Katasterpläne eingezeichnet, sei aber nach Art der Konstruktion und Ausführung des Mauerwerks nicht als neuzeitlich einzuordnen, sondern bereits vermutlich mit Aufstockung des Turms oder etwas später entstanden."

Es handelt sich hier um eine Schlüsselstelle zum Verständnis des Zollhäuschens!

Schon als das Krapfentor in seiner heutigen Konfiguration erbaut wurde - über den Zeitraum werden wir später berichten; eine nachträgliche Aufstockung ist in keiner Weise gesichert - musste man wegen des benötigten Treppenaufgangs in die Türmer-Wohnung einen Kompromiss schließen. Um Raum für die Treppe zu gewinnen und dennoch dem ersten angrenzenden Bürgerhaus Platz für einen Durchgang zu lassen, musste die Rückwand des Häuschens etwas schräg gestellt werden.

Google-Satellitenaufnahme vom 12. September 2014. Rote Fläche: Nachträglich an die Rückwand des Pflasterzollhäuschens angemauerter Treppenaufgang.

Allein die Tatsache, dass diese Rückwand bündig mit dem Krapfentor abschließt, ist gut mit einer gemeinsamen Entstehung von Tor und Haus vereinbar.

Das oben genannte Baugutachten hat nun zwar korrekt festgestellt, dass im Untergeschoß des Zollhäuschens im Gegensatz zum Obergeschoß die Rückwand in etwa die Stärke der späteren Vorstadtmauer aufweist.

Und dennoch ist der schon auf Seite 1 als vorgefasste Meinung auftauchende und sich dann wie ein roter Faden durch den ganzen Text ziehende Rückschluss falsch, dies sei eine Stadtmauer gewesen.

Warum diese Erdgeschoßrückwand trotz ihrer Dicke keine Stadtmauer gewesen sein kann, demonstriert anschaulich nachfolgendes Bild.

Oben das Aufmaß des Gutachtens von 2014, links unten das Rückwand-Detail zur Verdeutlichung herausprojiziert, rechts zum Vergleich die Bautechnik mehrstöckiger mittelalterlicher Gebäude.

Selbst wenn sie noch so primitiv angefertigt gewesen sein sollte, eine Mauer mit einem Versatz von fast 30% an einem Durchgang (der bei einer Stadtmauer neben einem Tor sowieso unmöglich ist), dazu mehrfache Knickbildung, eine Mauernische in der Wand - das alles ist für eine Stadtmauer im eigentlichen Sinn des Wortes undenkbar! Eine Stadtmauer hat sich zu keinen Zeiten solche Blößen gegeben; sie wurde in der Regel mit der Schnur gezogen und in einem Stück gerade durchgemauert! Hier aber hat jemand freihändig, sozusagen nach Gefühl und Wellenschlag, Mauerstück für Mauerstück gebaut und zusammengesetzt!

Mit anderen Worten:

Selbst wenn dieses uralte, in sich mehrfach verschobene Mauerstück in etwa die Stärke der späteren Vorstadtmauer aufweist - die Durchmesser schwanken etwas -, so handelt es sich dennoch um die Rückwand eines Gebäudes und um nichts anderes!

Damit ist auch folgende Feststellung des Zeitungsartikels inkorrekt:

Zitat: "Bestätigt worden sei diese Recherche durch eine Bestandsaufnahme und bauhistorische Untersuchung durch das Architekturbüro Kühnlein. Es stellt fest, dass Reste der ursprünglichen Stadtmauersubstanz noch im Anschluss an den Turm vorhanden seien."

Später wurde diese Hausmauer um eines schrägen Steildaches willen durch eine wesentlich schmächtigere Rückwand erhöht. Dies entspricht im Prinzip dem üblichen Haus- und Turmbau im Mittelalter (Bild oben, Darstellung rechts). Es bleibt allerdings ein Rätsel, warum das entstehende konsolenartiges Gesims nicht wie allgemein üblich innen plaziert wurde, um das perfekte Auflager für eine Zwischendecke aus Bohlen und Balken abzugeben. Außen hatte das Gesims, das dann neuzeitlich auch noch zum heutigen Zustand ausgebessert wurde, keinen rechten Nutzen - es sei denn, es wäre dort die Auflage einer Holzdachkonstruktion vorgesehen gewesen , z. B. für einen überdachten Durchgang, was auch nicht auszuschließen ist.

Die heutige Funktionslosigkeit des Gesims stellt u. a. in den Raum, ob die Dachgeschoßrückwand nicht unter ganz besonderen Umweltbedingungen und Zeitumständen zustande kam, etwa in einer Not- und Drangphase nach einer plötzlichen Teilzerstörung im Dreißigjährigen Krieg (Dachbrand?), als man von vorne herein wegen des bestehenden Mangels an Holz auf eine Zwischendecke und auf die Rekonstruktion der vormaligen Mauerstärke verzichtete. Für eine Neu-Entstehung der Obergeschoßwand in der frühen Barockzeit spräche übrigens auch die Art der dortigen Rückwandtür. Genaueres wird sich allerdings nicht mehr eruieren lassen.

Die Dicke der in sich verschobenen Zollhausrückwand im unteren Anteil braucht auch nicht zu verwundern. Das Zollhaus und das dazugehörige Krapfentor waren von Anfang an öffentliche Gebäude, die zum Zeitpunkt der Erbauung durchaus für den späteren Anschluss einer Umfassungsmauer vorgesehen gewesen sein mögen. Dass diese Mauer dann erst viel später kam und in völlig anderer Achse verlief, steht auf einem anderen Blatt. Dazu mehr weiter unten.

Alternativ ist zu diskutieren, ob es sich bei dem südlichen Mauervorsprung nicht um eine nachträgliche Maueraufdoppelung handelt, die zur Stabilisierung angebracht wurde. Dazu würde sehr gut die Tatsache passen, dass große Teile dieses Mauerabschnittes im einsehbaren Anteil neuzeitlich wirken (Bild unten), außerdem ist damit der auffallende Mauerversatz am Durchgang bestens erklärt. Eventuell wurde diese Maueraufdoppelung sogar erst fällig, als man das Häuschen zur Kleinwohnung erweiterte. Bei einer solchen Sicht der Dinge wäre die Ursprungswand unten ursprünglich doch so dünn wie die heutige Obergeschosswand gewesen. Dazu hätte allerdings auch der Treppenaufgang etwas versetzt werden müssen.

Klärung könnte hier nur eine wesentlich gründlichere als die vorliegende Bauuntersuchung geben!

Die äußere Eckquaderung von Tür und Mauerversatz ist neuzeitlich. Weiter unten im Mauervorsprung ältere Bauteile. Im Winkel zwischen Treppe und innerem Anteil der Hausrückwand ist Füllmaterial nachträglich eingebracht.

Es bleiben also einige Fragen offen!

Worauf es uns im Wesentlichen ankommt, ist aber Folgendes:

Auch wenn das Pflasterzollhäuschen zwei- oder dreizeitig entstanden sein sollte - an eine vorbestehende Stadtmauer wurde es entgegen den Behauptungen des Baugutachtens nie angelehnt!

Allein wegen dieser historischen Rückwand hatte der inzwischen zerstörte Erweiterungsbau von ca. 1922 seinen denkmalschützerischen Wert - abgesehen davon, dass auch dieser Bau als Notwohnung der Weimarer Republik einen ganz spezifischen geschichtlichen Gehalt hat.

Der Abriss des Häuschens ist also durch nichts zu rechtfertigen!

Für ein frühes Entstehungsdatum des Pflasterzollhäuschens spricht übrigens auch sein archaischer, fast fugen- und mörtelloser Bruchstein-Verband. Er ist jedenfalls nicht für das 19. oder 20. Jahrhundert kennzeichnend, sondern für eine frühere Erbauungszeit! Mehr hierzu und zu anderen Details findet sich in unseren Kommentaren zum Baugutachten 2014 (siehe Link oben)!

Aufnahme von 1905. Gut erkennbar ist der alte , fast mörtellose Mauerverband. Das rechte Fenster scheint bereits leer zu sein, das linke ist möglicherweise verbrettert. Wahrscheinlich war die Hebestelle bereits aufgegeben worden.

Vermutlich wegen seiner zum Parallelogramm verschobenen Achse und des angedeuteten Spitzbogens der Tordurchfahrt (Bild oben; heute beseitigt) wurde das Krapfentor amtlich auf ca. 1350 datiert und unter Einzeldenkmalschutz gestellt - u. E. zurecht. Der Erstbau des Zollhäuschens datiert wohl aus derselben Zeit.

Damit stecken in der Rückwand des Zollhäuschens Maueranteile, die fast bis in die Stadtgründungsphase zurückreichen!

Das Krapfentor mit seinem Beigebäude ist demnach deutlich älter als die Vorstadtmauer, die wegen der Existenz einer sogenannten Schlüssellochscharte nicht vor 1450 errichtet worden sein kann.

Die Schutzmauer der Vorstadt wurde vermutlich erst gegen 1480 errichtet, als unter dem Fürstbischof Wilhelm von Reichenau auch der alte Stadtmauerring westlich der Sulz zu einem Wehrmauerring erweitert und aufgestockt wurde, und bündig an das Pflasterzollhaus angeschlossen. Irgendwann zwischen 1465 und 1498, als das Recht der Pflasterzollaufnahme in kaiserlichen Urkunden verbrieft wurde, hat das Häuschen seine Funktion als Hebestelle aufgenommen, wahrscheinlich aber schon viel früher, wie wir deutlich gemacht haben. Denn das Wort "Pflasterzoll" belegt streng genommen nur, dass die Stadt für die Durchfahrt in zwischen gepflastert worden war, und der Zoll zur Instandhaltung des Straßenpflasters verwendet wurde. Wegezölle als solche gehen jedoch z. T. schon bis auf die Germanenzeit, und Zölle an Stadttoren bis auf das Frühmittelalter zurück!

Spätestens nach dem Dreißigjährigen Krieg, vielleicht auch schon in nachreformatorischer Zeit, kann, wie wir oben in den Raum gestellt haben, das Dachgeschoss neu gestaltet worden sein.

Ein ähnlicher, d. h. bündiger Anschluss zwischen Gebäude und Vorstadtmauer lag übrigens auch auf der anderen Seite des Tores vor, beim alten Hirtenhaus. Hier stand das Hirtenhaus mit seiner fensterdurchbrochenen Rückwand zuerst; die Vorstandmauer wurde erst nachträglich angeschlossen. Siehe hierzu die Aufnahme von 1901 weiter oben!

Wie wenig Vorstadtmauer und die Rückwand des Hauses im Grunde genommen miteinander zu tun haben, zeigt nachfolgende Aufnahme aus der Zeit der Jahrhundertwende. Die neuzeitlich restaurierte Vorstadtmauer war nicht nur dicker und gerader als die Rückwand des Zollhäuschens, sondern auch um Einiges niedriger.

Aufnahme von 1901 oder 1902: Die Stadtmauer zur Linken um Einiges niedriger als die Rückwand des Pflasterzollhauses.

Wer auch immer auf einer Freilegung der Stadtmauer in Bereich des Pflasterzollhäuschens oder von dort vorhandenen Resten der Vorstadtmauer insistiert, betreibt Augenauswischerei!

 

Abschließend ein Wort zur ignorierten Ortstradition

Den einheimischen, nicht "zuagroasten" Berchingern war das Pflasterzollhäuschen als solches bekannt. Dafür bürgt vor allem der längst verstorbene Berchinger Stadtheimatpfleger und Kirchenmaler Gustl Ambos mit seinen perfekten Kenntnissen zu Berching. Er wusste sehr wohl um das "Zollhaisl", um seine Lage und Bedeutung, und er erwähnte es in seinen Schriften. Im Übrigen haben uns einige Patienten die Bezeichnung "Zollhaisl" als von ihren Vorvätern herkommend mehrfach bestätigt!

Kein Zweifel: Da der Pflasterzoll in Berching etwa ab 1465 erhoben wurde und aus dieser Zeit auch das Tor datiert, muss es in etwa aus derselben Zeit eine Hebestelle gegeben haben - eben das Zollhäusl, gerade so, wie es die alten Fotografien noch wiedergeben. 1498 wurden die Zollstätten von Berching in einer Urkunde wörtlich erwähnt.

 

Resümee

Mit der Stall-Theorie ist die Stadt Berching zu kurz gesprungen, sie lässt sich eindeutig widerlegen. Ein beheizter Kleinstall mit relativ großen Fenstern macht einfach keinen Sinn! Auch die weiteren Argumente sind leicht zu entkräften.

So bleibt nur der Schluss, dass bei dieser sozusagen "amtlichen" Stellungnahme zum Pflasterzollhaus der Wunsch Vater des Gedankens war. Der schnöde Abriss gegen den Willen der Einheimischen braucht offensichtlich eine Rechtfertigung - und wenn es mit der argumentativen Brechstange ist.

Übrigens: Was haben Alter und Funktion eines Gebäudes mit der Erhaltungswürdigkeit eines denkmalgeschützten Ensembles zu tun?

Richtig: Nichts!

Hier zählt vor allem der optische Gehalt. Beim Pflasterzollhaus am Krapfentor haben diesen zahlreiche Künstler bestätigt. Und die haben gewusst, was man nun bei der Stadt Berching weg-ignorieren will!

Last not least:

Raten Sie mal, wer das historische Pflasterzollhäuschen als Erster weg haben wollte?

Das abschließende Plandetail aus der ISEK-Planung besagt wohl alles!

Auszug aus dem ISEK-Rahmenplan Mai 2013, Architekturbüro Schober, München.
Tabula rasa am Krapfentor!

 

12.09.2014:

Das Areal des Pflasterzollhäusls auf einer aktuellen Satellitenaufnahme

Google Maps hat im September 2014 seines Satellitenbilder von Deutschland aktualisiert. Die hochauflösenden Bilder zeigen das Areal des vormaligen Pflasterzollhäuschens im jetzigen Zustand des Abbruchs:

Mit schwarzen Pfeilen ist die verbliebene historische Rückwand des Pflasterzollhäuschens in ihrer Schmächtigkeit und ihrer aus der Ost-West-Richtung abweichenden Achse markiert, hier haben vor wenigen Tagen Mitarbeiter der Fa. Englmann weitere Steine aus dem oberen Teil der fast 500jährigen Hausrand entnommen - wohl aus Gründen der Verkehrsicherung, aber wohlgemerkt unter nochmaliger Schmälerung der historischen Substanz.

Dass das keine Stadt- sondern eine Hausmauer ist, erkennt man im Vergleich mit dem verbliebenem Stück der Schutzmauer, das wesentlich dicker ist und eine andere Achse aufweist (rote Pfeile).

Soviel zur Fehlbeurteilung eines "Bauforschers", das die Wände des abgerissenen Pflasterzollhäuschens als neuzeitig, minderwertig und die Stadtmauer verstellend eingeschätzt hat.

"Irren ist menschlich" - nur: Dem Zollhäuschen nützt das nichts mehr. Ihm hat der Experten-Irrtum die Existenz gekostet!

Allerdings findet sein schnödes Ende nun doch einen Sinn:

Ohne den widerrechtlichen Abriss dieses geschichtsträchtigen Gebäudes wären wir nie für das noch weitaus größere Desaster am Kuffer-Park sensibilisiert geworden!

Google-Satellitenaufnahme vom September 2014

 

01.09.2014:
Georg Jauss, Bleistiftzeichnung, 1919, in Privatbesitz.

Das alte Pflasterzollhäusl kurz vor dem Abriss

Immer wieder hat das Krapfentor mit dem Pflasterzollhäuschen die Künstler wie magisch angezogen, zu schön war die Idylle, als dass sie einfach daran vorübergingen.

Folgende Zeichnung haben wir im Fundus der Online-Enzyklopädie Wikipedia gefunden. Der Urheber der Zeichung hieß Georg Jauss, er verewigte das alte Zollhäusl im ersten Nachkriegsjahr 1919, kurz vor dessen Umwandlung in ein kleines Wohnhaus. Die Zeichnung befindet sich heute in Privatbesitz.

Interessant und sehr authentisch wirkt die behelfsmäßige Holzkonstruktion, die das baufällige Treppenhaus des Krapfentors stützte. Die Zeichnung, so einfach sie auch ist, verrät hohes künstlerisches Können.

Georg Jauss, 1867 - 1922, war ein aus einfachen Verhältnissen stammender, deutschlandweit bekannter Landschaftsmaler der Jahrhundertwende. Als zeitweises Mitglied sog. Münchner Sezession stellte er seine Werke in zahlreichen Ausstellungen und mehreren deutschen Großstädten aus. [Link] Sein Nachfahre Dr. Hygin Jauss hat den Nachlass des renommierten Künstlers ins Netz gestellt.

26.08.2014:
Hans Ruppert, Krapfentor-Partie, Öl auf Leinwand, 2009.

In memoriam Pflasterzollhäusl

Das abgerissene Pflasterzollhäuschen erfährt, während seine spärlichen Überreste am Krapfentor mahnen, ungebrochene Teilnahme.

Am 25.08.2014 hat uns Herr Konrad Guttenberger ein Bild aus seiner Sammlung vorbeigebracht, um es als Dauerleihgabe unserer Praxis zur Verfügung zu stellen. Es handelt sich um eine Ölmalerei auf Leinwand, aus der Feder des Berchinger Hobby-Künstlers Hans Ruppert, geb. 21.5.1938. Sie zeigt - etwas künstlerisch verändert - die Krapfentor-Idylle des Jahres 2009 und unser altes Torhäusl.

Wer das Original besichtigen will, findet es in der Wartezone unserer Praxis und ist herzlich eingeladen!

Ob die Zerstörer des Torhäusls auch so viel warme Anteilnahme erfahren?

 

ISEK = Integriertes Stadt-Eradikations-Konzept?

So mancher herbe Verlust hat am Ende doch sein Gutes:

Der plötzliche Abriss des Pflasterzollhäusls hat uns und vielen Mitbürgern erst die Augen darüber geöffnet, was Berching mit den ISEK-Projekten erwartet!

Inzwischen ist auch klar, von wem die Initiative zu diesem Abriss ausgeht:

In der Mappe "Rahmenplan barrierefreie und erlebnisreiche Altstadt - ein ISEK für Berching" vom Mai 2013, aus der Hand des Architekturbüros Schober/München, ist das Häuschen am Krapfentor bereits "eradiziert", d. h. vom Erdboden vertilgt, und durch jenen unglückselig-unsinnigen Weg ersetzt, der an einer fiktiven Stadtmauer vorbeiführen soll! In der Legende ließt man unter dem Buchstaben "P": Neue Wegeführung um die Vorstadt zum Mehrgenerationenpark (S. 142).

Die ISEK-Macher haben demnach den Plan zu Abriss des Häuschens ausgeheckt!

Ausschnitt aus dem ISEK-Gesamtplan vom Mai 2013.

Dass man über den neu projektierten Weg keinerlei optische Perspektive auf das Krapfentor hat, hat die Macher dieses Planes ebenso wenig gejuckt wie die Tatsache, dass dieser Weg wegen seines Gefälles für Kinder brandgefährlich ist. Dies hat Herr Pfarrer Rudolf Meyer dankenswerter Weise in unten stehendem Brief deutlich gemacht. Im Übrigen verlässt der Weg an dieser Stelle sinnloserweise die alte Eisenbahntrasse, die mit ihm einst speziell und zu Recht markiert werden sollte.

Dies sind beileibe nicht die einzigen Mängel, der sich in dem Geheft aus 150 Seiten finden: Welche schützenswerten Zonen und Denkmäler diesem ISEK der besonderen Art geopfert werden sollen, werden wir in weiteren Artikeln aufzeigen. [Link]

Übrigens:

Ein klares Bekenntnis zum "Denkmalschutz" oder "Ensembleschutz" wird man in dem ISEK-Geheft vergebens suchen, geschweige denn Inhalte dazu - bis auf eine Ausnahme. Im Impressum steht: "Gefördert mit Mitteln des Bayerischen Städtebauförderungsprogramms - Städtebaulicher Denkmalschutz".

Zynismus pur angesichts der Tatsache, dass der Denkmalschutz an keiner Stelle richtig gewahrt ist!

18.08.2014:

Viele Alt-Berchinger sprechen uns auf das Pflasterzollhäuschen an! Etliche von ihnen haben noch den Nachfolger des Ehepaar Brüderlein, einen gewissen Josef Dietz, in Erinnerung, der auf der gegenüberliegenden Seite der Straße in einem Kiosk einen Kleinhandel unterhielt (Zigaretten Süßigkeiten, Zeitungen etc.). Dieser Kiosk, der heute verschwunden ist, war in Berching solange ein beliebter Anlaufpunkt, bis der Eisenbahnbetrieb 1987 eingestellt wurde.

Immer wieder erreichen uns auch Bilder zum Pflasterzollhäusl. Hier eine Fotografie des Jahres 1939, aus dem Fundus der Familie Plank/Hufnagl, in deren Besitz die nahe Stampfermühle ist. Vielen Dank für die Überlassung der Aufnahme!

Das Pflasterzollhäusl 1939.

Zugegeben: Schon damals war die Fenster-Besprossung des zur Kleinwohnung erweiterten Häusls nicht gerade stilgerecht!

Inzwischen wird immer mehr klar:

Das Zollhäuschen ist in Berching nur ein Präzedenzfall. Ein noch weitaus größerer Schaden droht der historischen Hochwasserverbauung und der Vormauerzone am Kuffer-Park. Bitte lesen Sie nach: [Link]

10.08.2014:

Kritik muss, wenn sie ernst genommen werden will, immer auch Alternativen aufzeigen!

Wir werden in den nächsten Monaten und Jahren die sogenannten "Impulsprojekte" des ISEK Berching kommentatorisch begleiten und auf entsprechende Alternativen in Bild und Wort verweisen.

Gehen Sie dazu auf die jüngste Unterseite von [www.robl.de]:

Sie finden dort einzelne Artikel zu den jeweiligen Brennpunkten (unten auf der Seite). Wir hoffen damit, zur Bewusstseinsbildung in Berching beizutragen. Der Anfang ist mit der detaillierten Besprechung des Schaidl-Gartens bereits gemacht!

Für Anregungen sind wir immer offen!

10.08.2014:

Ein paar Anmerkungen zu Politiker-Äußerungen der letzten Tage, soweit wir sie der örtlichen Presse entnehmen konnten:

  1. Wer nicht glauben will, dass ein Pflasterzollhaus vor einer Stadtmauer stehen kann, blicke ganz einfach zum Gredinger Tor!

    Wer am Zollhäuschen als solchem zweifelt, lese beim verstorbenen Heimatforscher Gustl Ambos nach oder befrage unsere Stadtältesten. Nie hat jemand am "Zollheisl" gezweifelt, bis zum heutigen Tag!

  2. Wer noch immer von einer Freistellung der Stadtmauer beim Krapfentor träumt, messe die Stärke der verbliebenen Rückwand aus. Sie beträgt ca. 35 cm - genug für das Zollhaus, aber viel zu wenig für eine echte Stadtmauer.

  3. Ein Fraktionsvorsitzender fand den Ton unseres "Brandbriefes" unangemessen.

    Noch immer gilt: "Wie es in den Wald hineintönt, so schallt es heraus!" Und: "Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil!" Wenn etwas unangemessen war, dann der schnöde Abbruch des Zollhäuschens, noch viel unangemessener die nonchalante Art, mit der man sich jetzt über den Abriß hinwegsetzen will, indem man auf Nebensächlichkeiten ausweicht.

    Der mündige Bürger bemerkt Solches sehr wohl und denkt sich seinen Teil. Eine anständige Entschuldigung hätte dagegen einen Teil verlorenen Vertrauens zurückgebracht!

  4. Was den Vergleich mit den Schäden Berchings durch die Schweden im Dreißgjährigen Krieg anbelangt, so braucht es offensichtlich etwas Nachhilfe:

    Die Schäden durch die Schweden hielten sie sich, selbst wenn man die Details nicht genau kennt, durchaus in Grenzen. Die oft kolportierte Behauptung, die Schweden hätten die ganze Vorstadt abgebrannt, ist nichts als ein Gerücht. Brand-Horizonte fanden wir jedenfalls bei Ausschachtungsarbeiten an unserem zentral gelegenen Haus in der Vorstadt nicht, nur mehrere Kultur-Horizonte. Wenn eine Gedenktafel an der Stampfermühle für das Jahr 1628 behauptet, sie sei erbaut worden, "als alles drein erschlagen war", so bezieht sich dies auch nicht auf die Schweden, sondern auf die Folgen eines schweren Unwetters. In den beiden Weltkriegen ging in Berching so gut wie gar nichts verloren.

    Wer also heute ein Zollhaus abreisst, den Schaidl-Garten zubetoniert und den Abbruch der Hochwasserverbauung plant, hat allein damit das Schädigungsausmaß des Schwedenkrieges überschritten - ungeachtet dessen, was noch folgt!

  5. Einem anderen Fraktionsvorsitzenden kommt unser Protest zu spät. Dokumentiert er damit, dass er das Projekt am Kuffer-Park bereits geistig durchgewunken hat? Nichts kommt zu spät, wenn es um die Rettung der historischen Substanz Berchings geht! Und: Geht nicht, gibt's nicht! Der Ensembleschutz wird nirgends adäquat gewahrt, dies allein sollte Grund für den Stadtrat sein, bestehende Verträge in ihrer Gültigkeit nochmals zu hinterfragen und alle Aktivitäten gemeinsam bis zur Klärung zu stoppen!

  6. Wieder ein anderer Fraktionsvorsitzender will, dass wir eine Bürgerversammlung beantragen. Warum macht er dies nicht selbst? Wir halten von solchen Versammlungen, die meistens der Administration nur als Feigenblatt dienen, wenig. Im vorliegenden Fall gibt es nichts zu diskutieren oder gar abzustimmen. Es geht schlicht und einfach um die Einhaltung der gültigen Rechtsnormen! Und dafür hat der Stadtrat zu sorgen! Der Ensemble- und Denkmalschutz ist in Berching auch für die Bodenflächen zu gewährleisten - egal, ob dies jemandem gefällt oder nicht!

    Dass dies ein Großteil der Bürger/innen so sieht, hat bereits unsere Unterschriftenaktion eindrucksvoll unter Beweis gestellt!

  7. Herzlichen Dank übrigens auch an Herrn Blasius Böll, der darauf hingewiesen hat, dass beim Umbau des Schaidl-Gartens auch noch ein gültiger Bebauungsplan missachtet worden ist. Man konnte es ahnen!

Noch ein Wort in eigener Sache:

Es wäre ein Leichtes gewesen, die Vorkommnisse am Krapfentor an einer bestimmten Person/an bestimmten Personen aufzuhängen, zumal uns einige Beweismittel vorliegen. Und geht es jedoch um etwas ganz anderes:

Es hapert massiv an den Kontrollstrukturen - und an deren Kenntnissen über die Historizität der Stadt Berching!

Fehler kann jeder einmal machen, wenn es nur ein Regulativ gibt, das Solches in einer Administration ausgleicht. Doch im Fall des Pflasterzollhauses ist gleich eine ganze Reihe von Kontrollinstanzen ausgefallen, als da sind: 1. das Stadtplanerbüro, 2. das Bauamt, 3. der örtliche Altstadt-Berater, 4. der Bauausschuss, 5. der Stadtrat, 6. die untere, 7. die obere Denkmalbehörde und 8. - last not least - auch die sogenannten "Altstadtfreunde", die personell im Stadtrat vertreten sind und dennoch durch Inaktivität glänzen.

Dies muss uns Berchinger Bürger/innen am allermeisten beunruhigen! Und genau dies war der Grund, warum wir überhaupt aktiv geworden sind!

So lange dies so ist, bleibt es dabei: Nie war die historische Substanz Berchings so gefährdet wie heute!

08. August 2014:

Liebe Leser/innen dieser Seite, liebe Mitbürger/innen, die Sie mit uns gegen den Abriss des Pflasterzollhäuschens protestiert haben!

Es ist Zeit, mit einem möglichen Missverständnis aufzuräumen:

Es geht uns nicht darum, ganz Berching zu einem Freiluftmuseum zu erklären oder seine strukturelle und funktionelle Erneuerung zu verhindern!

Es geht darum aufzuzeigen, dass dies sehr wohl unter Bewahrung seiner eigentlichen Substanz und unter Beachtung des Ensembleschutzes möglich ist, der derzeit mit Füßen getreten wird!

Es geht darum, allen Stadtverantwortlichen zu vermitteln, dass ein schützenswertes Bodendenkmal Berching existiert, dass die Mauern und Böden Berchings nie isoliert voneinander gesehen dürfen, dass jeder Eingriff immer nur aus zwingender Notwendigkeit heraus, bei fehlender Alternative und keinesfalls nach dem Lust-und-Laune-Prinzip erfolgen darf.

An diese Spielregeln haben sich die Bürger und der Magistrat Berchings bis in die Jetztzeit hinein gehalten und mit maßvollen Aktionen zum richtigen Zeitpunkt meistens eine sinnvolle Symbiose zwischen Neu und Alt erreicht! Heute sehen wir dieses Prinzip jedoch schwer gestört!

Wir werden in den folgenden Wochen die Gelegenheit benutzen, innerhalb der Seite www.robl.de mit vielen Bildbeispielen und Beschreibungen aufzuzeigen und zu dokumentieren, was es bei einer Restitution des Bodendenkmals Berchings zu beachten gilt, wo die historischen Vorbilder liegen, an denen die geplanten Maßnahmen zu messen sind, was an bereits Verlorenem zurückzuholen wäre, wenn man nur wollte, was stattdessen versäumt wird, und - nicht zu zuletzt - was nun alles per ISEK auf Berching zukommt!

Es lohnt sich also, von Zeit zu Zeit immer wieder auf unserer Seite vorbeizuschauen!

Das, so glauben wir, ist unser angemessener Beitrag dazu, diese so gebrechliche, gute, alte Stadt Berching, in der wir wohnen und arbeiten, und der inzwischen unserer ganzes Herz gehört, zu schützen und zu unterstützen. Eine effektiverer Ensembleschutz könnte aber nur aus einer richtigen, überparteilichen Bürgerberwegung heraus bewirkt werden. Wir warten auf die entsprechenden Kontakte und sind gerne bereit, ggf. unser Scherflein dazu beizutragen.

6. August 2014:

Die spontane Unterschriftenaktion zum Abriss des Pflasterzollhäuschens war ein voller Erfolg!

Die Solidaritätsaktion für unser abgerissenes Pflasterzollhäuschen am Krapfentor wurde am Dienstag, den 05. August 2014, beendet. Innerhalb von 14 Werktagen haben sich 428 Mitbürger aus Berching und Umgebung in die Listen eingetragen und damit ihrer Ablehnung dessen, was am Neumarkter Tor passiert ist, Ausdruck gegeben. Selbst einige Touristen haben sich an der Aktion beteiligt! Befürworter des Abrisses konnten wir dagegen an den Fingern einer Hand abzählen.

Herzlichen Dank an alle Berchinger und Nicht-Berchinger für die reichliche Unterstützung!

Noch während des Unterschriftensammels sind wir aufgrund vieler persönlicher Hinweise, einiger Zeitungsberichte sowie nach Kenntnisnahme dessen, was derzeit im ehemaligen Schaidl-Garten passiert, zu dem Schluss gekommen, dass durch weitere sogenannte ISEK-Projekte dem historischen Bodendenkmal Berching ein noch weitaus gravierenderer Schaden droht - ein Schaden, der die Stadt weit zurückwirft und vielleicht nie mehr wiedergutgemacht werden kann!

Hierzu erging am Mittwoch, den 06. August 2014, folgendes Schreiben an den Bürgermeister und die Stadträte der Stadt Berching, letztere vertreten durch die jeweiligen Fraktionsvorsitzenden. In unseren weiteren Kritikpunkten wissen wir uns vielleicht nicht mit allen, aber doch mit sehr, sehr vielen Leuten, die den Aufruf zum Pflasterzollhaus unterschrieben haben, einig.

Nie war die historische Sonderstellung Berchings so gefährdet wie heute!

Lesen Sie selbst:

6. August 2014 - Offener Brief an den Stadtrat der Stadt Berching

 
Abriss des Pflasterzollhauses und weitere Projekte im Innenstadtbereich von Berching

 
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren vom Stadtrat!

In Anlage finden Sie über 400 Unterschriften, die gegen den widerrechtlichen, weil unter Missachtung des Ensembleschutzes durchgeführten Abriss des Pflasterzollhäuschens protestieren und wie wir selbst die umgehende Wiederherstellung der Krapfentor-Idylle inklusive Haus, Schupfen und Vorgarten fordern. Hätten wir die spontane Unterschriftenaktion nur lange genug fortgesetzt, wären sicherlich auch 1000 Unterschriften und mehr zusammengekommen. Von einer Handvoll Leuten abgesehen, gibt es niemanden im Großraum Berching, der auch nur das geringste Verständnis für das hat, was Ihnen hier unterlaufen ist.

Der magistrale Gewaltakt am Krapfentor hat über diese Aktion hinaus vielen Menschen die Augen über die fremd-bestimmten Projekte geöffnet, die derzeit unter dem Siegel ISEK anlaufen. ISEK hat damit seine Unschuld verloren! Der Raubbau, mit dem wir aktuell unter diesem Etikett konfrontiert werden, ist empörend und lässt schon in naher Zukunft Schlimmes für die historische Substanz Berchings befürchten!

Von wegen "Aufwertung der Freiflächen", wie zuvor versprochen wurde: Inzwischen ist die letzte Streuobstwiese im Grüngürtel der Vorstadtmauer, im Schaidl-Garten, mit hunderten Tonnen Magerbeton verpresst und dabei irreparabel zerstört worden, mit einbetoniertem Seniorenspielzeug und anderen Accessoires verhunzt. Ein Park an falscher Stelle, mit falschen Intentionen, überflüssig wie ein Kropf. Null Gespür für die Notwendigkeiten, null Bodendenkmalschutz für die einstige Streuobstzone, null Rücksicht auf den Vorstadtmauerzug!

Gerade zu den Feierlichkeiten um Chr. W. Gluck fällt in Berching die unerträgliche Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Scheinen und Sein auf, und es besteht der Eindruck, als hätten Sie als Verantwortliche der Stadt in Sachen Stadtplanung Augenmaß und Überblick verloren!

 
Nichts scheint Ihnen heilig zu sein:

Nicht die historische Hochwasserverbauung, die 1920 bis 1922 von den Berchingern mit unsäglichen Mühen per Handarbeit errichtet wurde, um die damaligen Flutgefahren der Sulz zu bannen. Gerne stelle ich Ihnen einen Bilderzyklus dazu zur Verfügung. Die hohen Mauerzüge stellen nicht nur ein wertvolles Zeitdokument dar, sie sind längst ein Baudenkmal Berchings, das stellenweise sogar entfernt an den Flair einer Kanalstadt wie Straßburg oder Amsterdam erinnert. Mit wenigen Zutaten wäre hier eine weitere Aufwertung möglich (Sulzrückstau wie früher, Lichteffekte, Kahnpartien u. a.). Sie jedoch glauben, wie wir der Presse entnehmen konnten, über dieses Wunderwerk der damaligen Zeit bedarfsweise den Daumen senken und es abschnittsweise zum Abriss freigeben zu dürfen! Um später nach vollzogener Zerstörung womöglich die einstige Handarbeit durch Beton und anderes billiges Surrogat zu ersetzen.

Nicht das alte Kopfsteinpflaster unserer Stadt, das inzwischen für Berching ein grandioses Alleinstellungsmerkmal und ein Charakteristikum von höchstem Wert darstellt. Auch dieses scheint Ihnen ein Dorn im Auge zu sein, obwohl es gerade jetzt, nach mehr als 140 Jahren, durch Abrieb seinen bislang höchsten Wert erreicht hat und nach wie vor beste Dienste für diese Stadt, speziell für die Senioren und Kinder leistet, indem es durch den reduzierten Fahrkomfort die Autos einbremst und durch die Abrollgeräusche die Fußgänger vor Unfallgefahren warnt. Sie aber diskreditieren unter dem Modewort "Barrierefreiheit" dieses Pflaster und befinden über seine sukzessive Beseitigung, - vermutlich zugunsten geschmackloser Surrogate, womöglich auch aus Beton. Und das möglicherweise auch noch mit illegalen Vergabe-Methoden, wenn man einem Zeitungsartikel vom 31.07.2014 glauben darf.

Nicht die Grüngürtel an der Stadtmauer, wo bereits frühere Magistrate die gesamte, sehr wertvolle doppelte Wall-Grabenanlage planiert und 90 Prozent des historischen Streuobstbestandes vernichtet haben. Der einmalige Obstbaumgürtel zog sich einst um die gesamte Vor- und Innenstadt. Während andere Städte ihren Mauerobstbestand hegen, pflegen, ausbauen und zum Thema von Landesgartenausstellungen machen (z. B. Landesgartenschau NRW Zülpich 2014), müssen sich hier bei Stadtfesten die Besucher unter die verschämten Obstbaum-Reste am Gredinger Tor pressen, und die Fotographen werden nur noch in den Privatgärten fündig, die das ISEK am liebsten auch weg hätte. Hier, in den lieblosen Rasenflächen der Parks, ist eine ebenso einmalige wie kostengünstige Gelegenheit vertan, das historische Antlitz der Stadt authentisch wiederherzustellen und in seiner Wirkung zu potenzieren!

Nicht die Uferzone im Kufferpark, bei der schon allein deshalb das Wort "Renaturierung" eine blamable Fehlleistung darstellt, weil der Landstreifen schon seit der Zeit, als die Karolinger hier die ersten Knüppeldämme angelegt haben, d. h. seit mehr als 1200 Jahren, nie reine Natur war, sondern immer eine zivilisatorische Struktur von weitgehend linearem Charakter, mit linear fließender Sulz, mit linearen Wallgräben und linear vorgepflanzten Obstbäumen. Statt dessen soll nun dieser eh schon deformierte grüne Sockel zu einem albernen "Waikiki-Beach" mit unharmonisch geschwungenen Linien und einem pseudogriechischen Fremdkörper namens "Wassertheater" umgebaut werden, nur weil neuerdings das elektronische CAD-Reißbrett eine sog. Stadt-Designers Solches hergibt. Die geplanten, künstlich "renaturierten" Buchten reichen viel zu weit an die alte Fortifikation der Stadt heran, unterminieren diese dadurch optisch und stellen sie in ihrer einstigen Funktion in Frage. Den zwischen zwei mittelalterlichen Zonen höchst deplatzierten Stadtstrand kann schon deshalb keiner recht benutzen - außer vielleicht die Hunde zum Ka$$en -, weil das Wasser hochgradig gesundheitsgefährdend ist. Mit völlig überzogenen Plänen wird also die schönste, bisher in sich ruhende Mauerpartie der Stadt gänzlich entwertet und verhöhnt. Dabei hätte sie durch die originalen gestaffelten Wallgräben und im Frühjahr blühende Baumreihen noch um ein Vielfaches hervorgehoben und akzentuiert werden können!

Nicht die alten Stadtmauerzüge in der Gesamtheit, die Sie an der einen Stelle zum unterspülten Handtuchständer degradieren (Mauerbänder), an anderer Stelle aufreißen, anstatt sie zu schließen (Pflasterzollhaus, Tor zum Schaidlgarten), die sie auf langen Strecken in einem erbärmlich geschwächten, teilzerstörten Zustand belassen, anstatt sie zu renovieren (Vorstadtmauer), die Sie mit nie dagewesenen, großblock-armierten Terrassen entstellen (Winklerhäusl) oder mit haarsträubenden Parkinhalten ohne Nutzen (Mehrgenerationenpark) entwerten.

Hände weg von all diesen unauflöslich zu Berching gehörenden, höchst wertvollen Strukturen! Sie haben als Stadt-rat weder das formale noch das moralische Recht dazu, hier irgendetwas nach Gutdünken zu verändern - und schon gleich nicht zum Negativen hin und gegen den Willen der Anlieger und sonstigen Innenstadtbewohner!

 
Ist Ihnen eigentlich klar, welche Außenwirkung Sie mit Ihren mit heißer Nadel gestrickten ISEK-Konzepten erzielen?

Desinteressiert und desinformiert wirken Sie - zum Beispiel darüber, wie man mit einer einmaligen historischen Bodensubstanz in den Vormauerbereichen umgeht, wie man die schützenswerten Biotope geschichts- und landschaftskonform erhält, wie man die ursprüngliche Bodengestalt rekonstruiert - wohlgemerkt ohne dabei den Freizeitnutzen für die Stadt aus den Augen zu verlieren!

Miserabel beraten und vereinnahmt wirken Sie - von immer denselben externen "Beratern", an die Sie schon im Vorfeld ohne echte Notwendigkeit die Fürsorge für die Altstadt ge-"outsourcet" haben, anstatt selbst Verantwortung zu übernehmen. Die selbstgekürten Großstadt-Experten finden in Berching allein deshalb keine Akzeptanz, weil sie von außen aufoktroyieren, was kein Berchinger Hecht im Herzen empfindet. Siehe die Bäume am Stadtplatz. Dank an die strickenden Damen der Frauenunion!

Längst ist das Strickmuster solcher Beratungsfirmen durchschaut, die weniger das Wohl der ihnen anvertrauten Städte und Bürger als vielmehr eigene und Drittinteressen im Kopf haben. Sehen Sie sich doch die Städte an, die bereits das Vergnügen hatten, mit den dazugehörigen 0815-Sanierungskonzepten überzogen zu werden, egal ob sie in unserer Gegend Dietfurt, Hilpoltstein, Beilngries oder sonst wie heißen. Landauf, landab leiden die Kleinstädte inzwischen wegen ihrer unharmonisch glatten Einheitsverplattelung und wegen immer derselben Kinkerlitzchen von der Stadtplaner-Stange an unerträglicher Uniformität und Oberflächlichkeit. Läppische Vergnügungspark-Szenerien sind da inzwischen entstanden, in denen die historischen Gebäude auf aalglatt-gelecktem Straßenparkett wie deplatzierte Bauklötzchen wirken und die historischen Vormauerpartien nicht selten zu billigen Rummelplätzen degradiert sind. Es grüßt die Beton-/Bau-Lobby, die hinter den fragwürdigen Konzepten steht und demnächst turnusmäßig ganz Bayern in den öffentlichen Zonen mit Beton zupflastert - bestens bezahlt aus Steuermitteln!

Die Wachen im Lande haben dies längst durchschaut.

Wenn Einmaliges, lang Bewährtes durch X-Beliebiges, Kurzlebiges ersetzt wird, spricht man von "Kaputtsanierung" und genau diese droht nun auch Berching!

Ein Rätsel, warum Sie als Stadtrat solch halbseidenen Kochrezepten der Unkultur nachlaufen und sich dabei obendrein Dinge soufflieren lassen, die keinerlei historische Grundlage haben, z. B. die alberne Freistellung von Mauern, die es zu keiner Zeit so gegeben hat (Abholzung der Weiden am Kuffer-Park, Abriss Pflasterzollhaus).

Ersparen Sie uns bitte auch die modischen Schlagworte "Barrierefreiheit" oder "Senioren- und Kindergerechtigkeit". Berching hat noch nie einen alten Menschen oder ein Kind wirklich behindert - ganz im Gegenteil! Außerdem: Während sich das demographische Senioren-Problem binnen 2er Generationen von allein löst, wollen sie dem ältesten und ehrwürdigsten aller Senioren, dem 1200jährigen Berching, seine gepflasterten Beine (6 Generationen!) und seinen grünen Vormauerbezirke (32-36 Generationen!) wegschlagen, auf denen er steht!

Es gilt, nachhaltig und in großen Zeiträumen zu denken, nicht mit den Scheuklappen des jeweiligen Zeitgeschmacks!

Die unverbrüchliche historische Authentizität Berchings als einstige Ackerbürger- und Handwerkerstadt ist das einzige Pfund, mit dem zu wuchern sich lohnt. Sie müsste Ihnen an sich ein Herzensanliegen und eine Selbstverständlichkeit sein. Berching könnte sich, wenn sein grandioses Erbe nur entsprechend wahrgenommen, geschützt, konsequent gepflegt und behutsam und stilgerecht gefördert würde, zu einem Kleinod unter den Städten Deutschlands entwickeln. Zu einer Stadt, die viel authentischer ist als alle anderen. Mit allen Konsequenzen für Zuzug, Arbeitsplätze u. v. a. m.

So, wie Sie es jetzt angehen, kann Berching es eindeutig nicht!

Sie schwächen aus vordergründigen Motiven die historische Substanz und nivellieren Berching in kürzester Zeit zu einer x-beliebigen Durchschnittsstadt! Sie lassen die fremdbestimmte Zerstörung seines Flächendenkmals zu und geben ohne echte Legitimation geschützte historische Bausubstanz zum Abriss frei. Welch verheerendes Signal an die Jungen, die eh schon Probleme damit haben, das kulturelle Erbe zu achten! Mal muss eine potentielle Keltensiedlung, mal ein Mauerhäuschen mit langer Tradition, mal eine Streuobstwiese daran glauben. Und das ist erst der Anfang. Das eigentlich Wichtige und Schützenswerte aber schieben Sie achtlos beiseite - unter dem anmaßenden Label "integrierte Stadtentwicklung"!

Berching braucht keine Stadtentwicklung, es hat es über mehr als 1100 Jahre auch ohne Beraterfirma geschafft, zu überleben und sich dabei immer weiterzuentwickeln, richtig getaktet, organisch und bedarfsgerecht, nicht aber künstlich induziert im Hauruck-Verfahren, ausgeheckt von einer Handvoll Ehrgeiziger, die mit ihren Objekten von der Designer-Stange, mit ihren lobby-gesteuerten Futurismus-Eintöpfen den Menschen nichts als eine heile Scheinwelt (oder scheinheilige Welt) vorgaukeln!

Zum Auswendiglernen:

"Die gewachsene Gestalt der Altstadt von Berching in ihrer unverwechselbaren Eigenart und Eigentümlichkeit zu erhalten und zu schützen, zu verbessern und weiter zu entwickeln ist eine Aufgabe von kultureller Bedeutung und wichtiges Sanierungsziel... Alter Bestand ist zu erhalten und zu pflegen..." (Gestaltungssatzung der Stadt Berching)

"Der Ensembleschutz richtet das Augenmerk auf das äußere Erscheinungsbild einer Anlage, wobei auch der affektive Wert der Objekte eine Rolle spielen kann. Dies bedeutet, dass es sich bei Ensembles in der Regel um mehrere miteinander in Beziehung stehende Objekte oder um eine Verbindung von architektonischen Elementen mit Elementen der Natur- oder Kulturlandschaft handelt." (Definition Ensembleschutz)

So einfach ist das! Vergessen? Oder einfach beiseite geschoben?

Der Ensembleschutz muss überall in Berching und vor allem konsequent und lückenlos auch in den Vormauerbereichen gewahrt werden! Kein Abbruch von historischer Bausubstanz, stattdessen Rekonstruktion des bereits Verlorenen, Erhalt bzw. originalgetreue Wiederherstellung historischer Grünzonen und Biotope! Kein Austausch von Unverwechselbarem durch X-Beliebiges!

Das jetzige Vorgehen ist schlichtweg rechtswidrig!

Degradieren Sie Berching nicht zu einer Disneyland-Szenerie!

Berching eignet sich nicht als Tummelplatz für städteplanerische Experimente und als Panoptikum postmoderner Geschmacklosigkeiten aus der Architekturbüro-Retorte, die obendrein sündhaft teuer sind! Ersparen Sie uns Möchte-gern-und-kann-nicht-Amphitheater an unpassendster Stelle, "info-points" und "wall climbing zones", mit Beton zugepflasterte Straßenzüge und tropische Strandszenerien, exhibitionistische Freiluft-Fitneßstudios, eiskalten Edelstahl innerhalb historischer Vormauer-Biotope, abstruse Hämorrhoiden-Basalt-Heizungen für "Thermophile", lärmende Spritzbrunnen à la Genf, die lauter sind als der Straßenverkehr - als wenn das ein Vorzug wäre! - oder sonstigen bunt und geschmacklos zusammengewürfelten Schabernack. Gehen Sie wenigstens weit aus der historischen Altstadt hinaus, wenn Sie von diesen fragwürdigen Dingen schon nicht lassen können!

Berchings Innenstadt inklusive Vormauerbiotope muss historische Zone bleiben - exklusiv!

 
Wir wünschen uns zusammen mit vielen, vielen Bürgern und Besuchern in Berching einmalige, zeitlos schöne, in sich stimmige Blickfänge, die im Sinne Christoph W. Glucks mit einfachen, natürlichen und ehrlichen Mitteln erzielt werden: Z. B. fach- und stilgerecht restaurierte Häuserfassaden, Schaffung reizvoller Perspektiven, Beseitigung aller bestehenden Bausünden, blühende Streuobstgärten vor markanten Mauerabschnitten, eine intakte, für die Besucher einladende Krapfentor-Partie inklusive Kletterpflanze, eine behutsame Rekonstruktion der einstigen Doppel-Wall-Graben-Anlage im Hollnberger- und Kuffer-Park. Wir wünschen uns in allem unverwechselbaren Heimat- und Regionalbezug! Das wäre einer Stadt würdig, die neuerdings den Titel "Gluck-Stadt" in Anspruch nimmt - und nicht diese Kinkerlitzchen des Neo-Urbanismus, dessen einziges Charakteristikum die Charakterlosigkeit ist!

Minderwertigkeitskomplexe sind fehl am Platz: Haben Sie Mut, sich zu Berching zu bekennen, wie es ist und immer war! Es muss sich nicht ändern - ganz im Gegenteil: Gerade in seiner Altertümlichkeit gehört Berching bewusst in Kontrast gestellt zu den geschniegelt-gebügelten Nachbarorten mit ihrem pseudohistorischen Stadtbild, speziell zu Beilngries, dem Sie so unwürdig nachhecheln. Hier vor Ort liegt vergleichsweise das weitaus größere Potential!

 
Sie befinden sich als Stadtrat an einem Scheideweg:

Wenn Sie so weitermachen, wie jetzt am Krapfentor und im Schaidl-Garten begonnen, wenn Sie weiterhin nach Gutdünken und unter Missachtung des Bürgerwillens den Ensembleschutz aushebeln, Denkmalschutzobjekte wie das Zollhäuschen zum Abriss freigeben und schützenswerte Stadtflächen mit Modernismen aus Beton und Edelstahl verschandeln, dann genießen Sie demnächst den zweifelhaften Ruhm, derjenige Stadtrat zu sein, der Berchings wertvolles Tafelsilber verscherbelt und seit den Schwedenhorden im Dreißigjährigen Krieg den größten Flurschaden seiner Geschichte hinterlassen hat!

Es gibt keine Armeen, die Berching gegen die Angriffe der Raupen, Bagger und Betonfahrzeuge aktiv verteidigen werden, die Sie gerade gedanken- und skrupellos gegen die höchst wertvolle Handarbeit, die in Berching steckt, in Bewegung setzen. Die alte Stadt ist wehr- und schutzlos. Es findet sich aber wenigstens ein Chronist, der die Vernichtungsaktionen fein säuberlich registriert und der Nachwelt überliefert!

Sollten Sie aber doch noch einen Rest von Stolz und Liebe für Berching empfinden, dann respektieren Sie bitte die zeitlose Würde dieser alten Stadt und reißen Sie nicht hemmungslos an ihr herum! Gerade die Neulinge im Stadtrat sollten sich bewusst machen, dass sie demnächst mitverantworten, was sie zuvor gar nicht mitbeschlossen haben. Besonders an sie geht die dringende Bitte: Zeigen Sie Flagge und handeln Sie! Beugen Sie sich nicht fremden Interessen und fragwürdigen Maßstäben darüber, was gerade "chic" und "trendy" ist! Nichts davon wird Bestand haben - und nichts davon ist der historischen Substanz Berchings angemessen! Achten Sie den Bürgerwillen, stoppen Sie den ISEK-Unfug, legen Sie Ihr Veto ein, wo es dringend nötig ist! Bevor es zu spät und alles kaputtsaniert ist!

 
Berching ist anders! Gott schütze unser gutes, altes Berching!

 

 

und viele, viele andere in Berching und Umgebung.

 
Anlage: Beiliegend mehr als 420 Unterschriften, die den Protest gegen den Abriss des Pflasterzollhäuschens eindrucksvoll dokumentieren.

Wer diesen offenen Brief in Papierform weiterverbreiten will, findet ihn hier in der Print-Version: [Link]

06.08.2014

 Artikel im Neumarkter Tagblatt: "340 Unterschriften für ein Häuschen"

Was die Redakteurin des Artikels nicht wissen konnte: Die Zahl 340 galt bis zum 3. August 2014. Die Endzahl am 5. August 2014 lautete: 428.

Als sich in Windeseile herumgesprochen hatte, dass wir in 2 Tagen die Liste schließen würden, waren nochmals 88 Personen aus Berching und Umgebung in unsere Praxis geströmt, um ihre Unterschrift abzugeben. Herzlichen Dank für das eindrucksvolle Votum!

Wir enthalten uns jeden Kommentars zum Inhalt des Artikels und machen nur darauf aufmerksam, dass man ein bestimmtes Wort vergebens sucht. Es lautet: Ensembleschutz.

Wer nachlesen will, was Sache ist, findet mehr am Ende dieser Seite.

24.07.2014

Bulldozer gegen die sterblichen Überreste des Pflasterzollhäuschen

Tags zuvor Menschenansammlung am Krapfentor: Beileidskundgebung? Oder plant hier das berühmte "Experten-Gremium" seine nächsten Winkelzüge? Uns schwant nichts Gutes. Viele Köche verderben bekanntlich den Brei.

Tags darauf das Resultat:

Ein Bulldozer rollt gegen eine historische Wand. Zerstörerische Maschinengewalt gegen ein Objekt reiner Handarbeit. Eine vertrauensfördernde Maßnahme sieht anders aus.

Großmaschinen und Betonfahrzeuge gehören prinzipiell raus aus unserer empfindlichen Altstadt - "sonst brennt da Huat"!

20.07.2014

Vielen Dank für Ihre Solidarität!

Wir waren selbst überrascht über das überwältigende Echo auf unsere Unterschriftenaktion! Innerhalb zweier Tage nach Presseveröffentlichung haben mehr als 150 Berchinger Bürger mit Ihrer Unterschrift Ihre Solidarität mit dem abgebrochenen Pflasterzollhaus bekundet. Und das mitten im Hochsommer und bei der allgemeinen Umfrage-Müdigkeit. Für diese Unterstützung sprechen wir unseren herzlichen Dank aus! Die Aktion geht aber die nächsten Wochen noch weiter: Je mehr Unterschriften, desto besser!

Inzwischen scheint auch ein bisschen Bewegung in den verfahrenen Karren zu kommen. Hierzu ein Artikel aus dem Neumarkter Tagblatt vom 19.07.2014.

Hoffnung oder Drohung?

Falls es sich noch nicht herumgesprochen haben sollte:

Ein "Pflasterzollhaus 2.0" ist kein Heizkeller oder Abstellraum! Und an ein Berchinger Kulturdenkmal kackt und pinkelt man nicht!

Wir bitten um den gehörigen Respekt bei allen anstehenden Entscheidungen!

„Willst du immer weiter schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah!" (Johann W. von Goethe)

Warum eigentlich nicht ein richtiges Pflasterzollhaus, wo den per Bus anreisenden Touristengruppen von den Stadtführern symbolisch zur Begrüßung ein Pflasterzollbillett ausgehändigt wird? Dann wäre auch dem letzten klar, welch wertvolle historische Substanz er nun betritt!

Nur so mal angedacht! Es gibt so viele Möglichkeiten!

20.07.2014

FAX aus dem Direktorium des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege

[Der Kopf des Faxes wurde wegen vertraulicher Telefonnummern leicht geändert.]

Klare Ansagen machen und Flagge zeigen - das ist eine Kunst, die heutzutage nur noch selten angetroffen wird.

Der mündige Bürger schüttelt über die am eigentlichen Thema vorbeigehende Stellungnahmen den Kopf und denkt sich seinen Teil. Kein Gespür für die Materie.

19.07.2014

Brandbrief von Herrn Pfarrer Rudolf Meyer an die Stadtverantwortlichen!

Wie optisch und inhaltlich unsinnig eine Wegeführung entlang eines fiktiven Stadtmauerrestes ist, haben wir oben begründet. Der in Berching allseits geschätzte Ruhestandspfarrer Rudolf Meyer hat schon viel früher davon erfahren und aus ganz praktischen Überlegungen heraus seinem Entsetzen Ausdruck gegeben. Von einer Zerstörung des Zollhäuschens dürfte er zu diesem Zeitpunkt noch gar nichts gewusst haben.

Respekt, Herr Pfarrer, für Ihr Engagement und Danke für die Überlassung Ihres Briefes zur Veröffentlichung innerhalb dieser Seite.

Ihre Worte in Gottes und des Stadtrats Ohr!

Zu diesem Brief reichte uns Herr Pfarrer Meyer folgende Anmerkung herein:

"Auf meinen Brief hin rief mich H. Bgm. Eisenreich an und begründete sein Vorgehen mit Anweisungen aus "München": Es solle dort vor dem Krapfentor alles so werden,wie es früher einmal war. D. h. es solle dort wieder ein Weg entlang der Stadtmauer führen..."

18.07.2014

Heile Welt verdeckt heillose Zerstörung. Ein Trostpflaster?

17.07.2014

Dr. Heinz Schauwecker und das Krapfentor

Als Reaktion auf unseren Nachruf brachten uns einige Mitbürger ihre Erinnerungsstücke zu Berching und zur Berchinger Vorstadt. Als Beispiel ein Bildchen mit einem Holz- oder Linolschnitt der Torpartie, bei dem die Südwand unseres Häuschens mit seinem Fensterchen ein wenig hervorlugt.

Der Turm damals eine kostenlose Bleibe für die Kulturträger unserer Stadt!

Gar keine schlechte Idee, die der Dichterarzt Dr. Schauwecker hatte, der den Turm ja nicht selbst bewohnen konnte.

Der Umstand, dass 1926 die Stadt Berching Dr. Schauwecker das Kulturdenkmal kostenlos als Eigentum überließ, hat allerdings ein "G'schmäckle", würden die Schwaben sagen.

Ob der Magistrat den Torturm als unliebsamen Kostgänger einfach loswerden wollte, indem er ihn kurzerhand zum Präsent erklärte?

"...mit Hilfe der Bürgerschaft von Berching..."!

Um eine solche Mithilfe zugunsten des Pflasterzollhäuschens und des Tores bitten auch wir, wobei es sich zunächst nur um eine kleine Solidaritätsadresse handelt - in Form einer Unterschrift!

 
 

17.07.2014:

Kommentar

Herr Christian Wolf aus Neumarkt in der Oberpfalz schrieb uns folgenden beachtenswerten Kommentar:

Lieber Herr Robl,

die Berchinger haben noch nicht ihr Kapital erkannt, was sie mit Ihrer Altstadt haben. Die Touristen kommen doch nur wegen einer intakten mittelalterlichen Altstadt hierher und wollen diese unverfälscht sehen. Was da die Neuzeit in Altstädten verschandelt hat, sollte abgerissen werden, nicht solche historischen Gebäude. Setzen Sie uns auf die Unterschriftenliste: "Christian u. Gertrud Wolf".
Hier ein Link, wie es auch gehen kann:


[Erlanger Pflasterzollhaus soll gerettet werden]
.

Am Sonntag musste ich bei unserer Orchideenwanderung feststellen, dass es weitere Blödheiten auch im Bereich der Industrieflächenabgrenzung in Lähr [Weiler bei Neumarkt in der Oberpfalz; Anmerk. d. Verf.] gibt. Dass die Zerstörung unserer einzigartigen Sandkiefernwälder immer weiter durch den Sandabbau und die Versiegelung der Landschaft durch Industrieanlagen fortschreitet, ist das eine Problem, der Umgang mit den noch verbliebenen Flächen ein anderes. So wurde ein Radweg von der B 8 nach Lähr ausgebaut und das möglichst nahe an einem mageren Sandheidestreifen.Dort befinden sich die größten Bestände der Sandstrohblume in der Oberpfalz. Die Sandstrohblume war früher auf armen Böden häufig und galt für die Oberpfalz in unserer Zeit schon als ausgestorben. Meine Funde in Hirschbach und Hohenfels und im Kapellenholz bei Sengenthal konnten noch kleine Reliktbestände nachweisen. Durch eine genehmigte Neuansaat hat sich die Sandstrohblume wieder erfreulicherweise sehr gut vermehrt. Dazu kommen noch weitere typische Sandarten, die in Neumarkt hochgradig gefährdet sind. Nun musste ich feststellen, dass zwischen Radweg und Verbindungsstraße eine Baumreihe aus Ahorn und Vogelbeere gepflanzt wurden. Dadurch wird der trockenen Sandmagerrasen mit seinen Sonne und Wärme liebenden Arten abgedunkelt und durch das Laub abgedeckt.

Die störenden Bäume gehören wieder weg! Aber wie will man den Entscheidungsträgern klar machen, was sie hier angerichtet haben?

Weiterhin wurde der Sandkiefernwald dahinter maschinell durchforstet. Durch den höheren Belichtungsgrad, der hier entstanden ist, kommt nun Gras und deckt die Flächen ab, in dem konkurrenzschwache seltene Arten untergehen.

Für einen geringen Holzerlös werden also seltenste Arten vernichtet!

Nun weiß ich, warum ich das beim Forst nicht mehr ausgehalten habe und schwer krank wurde. Aber man darf nur nicht aufhören, diese Fehlentscheidungen zu kritisieren und für eine gute Lösung zu kämpfen. Wer aufgibt, hat verloren.

Viele Grüße!

Christian Wolf

16. Juli 2014

Traurig aber wahr - Eine markante Vorstadtmauerpartie Berchings ist unwiederbringlich verloren!

 

Berching, im Juli 2014

 

Liebes, hochverehrtes Torhäuschen!

Über mehr als 500 Jahre hast Du Dich vor der Berchinger Vorstadt an das "Neumarkter Tor" angeschmiegt, das im Volksmund auch "Krapfentor" heißt,  und mit den letzten Resten der historischen Vorstadtmauer und dem Tor ein funktionelles und optisches Ensemble gebildet.

Eine unauflösliche Einheit wart Ihr, ein Markenzeichen der Stadt Berching, ein für Photographen und Künstler gleichermaßen attraktives Motiv, für einen jeden Passanten schön anzuschauen in Eurer Gliederung!

Ein Ensemble voller Harmonie und Symbolkraft!

Euch könne keiner etwas anhaben - so dachten wir bis vor Kurzem.

Weit gefehlt!

Schmerzlich mussten wir uns eines Besseren belehren lassen!

An einem sonnigen Junitag des Jahres 2014 haben Dir, liebes Torhäuschen, Behördenwillkür, falsch verstandenes Expertentum und die unbarmherzigen Zähne eines Baggers binnen weniger Stunden den Garaus gemacht. Blinde Zerstörungswut hat zusammengehauen, was unsere Vorväter mit großer Mühe aus dem alten Steinbruch gebrochen und heruntergetragen haben. Fein säuberlich zugerichtet waren sie, Deine Kalkbruchsteine, und in sorgfältigen Lagen aufeinandergeschichtet. Binnen weniger Minuten war Deine historische Substanz zu einem staubigen Haufen zusammengeschoben und flugs weggeräumt, als unliebsame Zeugen der unerhörten Freveltat ein für allemal beseitigt!

Es gab keine Chance zur Gegenwehr. So schnell ging das Ganze!

Wir haben Dich für immer verloren!

Nun gähnt er uns leer entgegen, dieser Platz, an dem Du noch vor Kurzem gestanden hast. Angesichts des Mauerrestes, der mit Mühe noch stehen geblieben ist, wird auch dem Unbedarftesten unter uns anschaulich in Erinnerung gerufen, was schon zuvor die Spatzen von den Dächern pfiffen:

Du hast diese Vorstadtmauer nicht schändlich und schäbig verdeckt, wie man Dir in fragwürdigen Expertisen unterstellt hat, Du selbst warst vielmehr Teil dieser Vorstadtmauer, mit zwei gestaffelten Längswänden und verzahnt mit Quermauern und einem Dachgebälk, das die Kräfte nach außen umleitete wie das Strebewerk einer gotischen Kathedrale. Diese Mauer - oder vielmehr der kümmerliche Rest, der von ihr übrig geblieben ist - kann nun ohne Dich nie mehr das werden, was Ihr einst zusammen wart. Und Dein großer Bruder, der Torturm, der schon früher auf seiner anderen Flanke malträtiert wurde, entbehrt nun seiner letzten und wichtigsten Stütze!

Welch ein Schaden für das Tor, welch ein Schaden für unsere gute, alte Vorstadt!

 

Jetzt, wo Du für immer von uns gegangen bist, erinnern wir uns zurück in die Vergangenheit:

Was hast Du in Deiner langen, mehrhundertjährigen Geschichte schon alles gesehen - in geduckter Haltung zwar, um nicht allzu sehr aufzufallen, dennoch ohne Unterwürfigkeit - stumm und bescheiden zwar, aber mit munteren aufmerksamen Augen:

Nach einem alten Stadtbuch wurdest Du schon im Jahr 1465 projektiert, als Fürstbischof Wilhelm von Reichenau von Kaiser Friedrich III. das verbriefte Recht erhielt, zur Instandhaltung der Berchinger Straßen und Brücken von allen durchfahrenden Fuhrwerken an jedem neu errichteten Stadttor einen Pflasterzoll zu erheben. Erbaut wurdest Du dnn spätestens kurz vor 1500, denn am 17. März 1498 erhielt der Nachfolger Bischof Wilhelms, Gabriel von Eyb, von König Maximilian I. die Erlaubnis, die dazugehörigen Zollstätten einzurichten. Mag allerdings sein, dass diese Urkunde nur die vorherige wieder aufgriff.

Dies war also nicht nur die Zeit Deiner Geburt, sondern auch die der Mauer und des Tors, so wie wir es heute noch sehen!

Nicht wenige meinen, auch dies sei nur eine Zwischenetappe in Deinem langen Leben gewesen. Du und das Tor, Ihr wäret damals aus noch viel älteren Wurzeln neu erstanden, und das Archaische in Euch hätte das 14. und sogar noch einen Teil des 13. Jahrhunderts erlebt.

Das wären dann schon weit über 700 Jahre! Wer weiß?

Erst in der Neuzeit zog der Pflasterzoll-Pächter, der in Deinen Mauern seines Amtes waltete, ins Hirtenhaus hinter der Stadtmauer um, so dass er vielleicht von dort aus seinen Dienst versah. Ganz sicher ist dies allerdings auch nicht, denn die Tordurchfahrt und die anschließende Häuserzeile waren eng, sehr eng. Da war es schon besser, weiterhin von den passierenden Fuhrwerken den Zoll vor den Mauern der Vorstadt zu erheben als dahinter.

Aber wie dem auch sei:

Auf die unglückselige Idee, Dich abzureißen, wäre in all diesen Jahrhunderten - ja selbst in Zeiten, in denen man Dich gerade gar nicht benötigte - keiner gekommen! Du warst eben einer, der dazu gehörte!

Wann immer sich ein Feind von Norden her der Stadt Berching in böser Absicht näherte, Du hast ihn als erster erspäht:

Zum Beispiel in jenem Jahr 1525, als im Rahmen der Reformation eine mächtige Unruhe das ganze Land ergriffen hatte, und der wilde Obermässinger Bauernhaufen mit seinen Sensen, Hämmern und Dreschflegeln an die Tore der Stadt trommelte. Und dann wieder im Dreißigjährigen Krieg, als marodierende Landsknechtscharen und die Horden der Schweden das Land verwüsteten und sogar Feuer an die Häuser der Vorstadt legten. Im spanischen Erbfolgekrieg sahst Du die Fähnlein des fränkischen Reichskreises, die sich hinter den Mauern der Stadt zum Kampf auf der Jurahöhe vor Mallerstetten sammelten. Und in den napoleonischen Kriegen zogen immer wieder Truppen der verbündeten Franzosen an Dir vorbei. Diese fürchteten die Einheimischen wegen ihrer Raublust viel mehr als die offiziell verfeindeten Österreicher, die wenigstens eine Sprache sprachen, die jeder verstand.

Die Liste der Kriege ist lang und dennoch in keiner Weise vollständig. Du hast sie alle hautnah erlebt und alle überstanden! Dank Deines unnachahmlichen Geschicks, Dich klein und unauffällig zu machen, wurdest Du immer verschont und am Leben gelassen!

Aber auch am wirtschaftlichen Aufschwung des 19. und 20. Jahrhunderts durftest Du teilnehmen. So warst Du z. B. Zaungast beim Bau des Ludwig-Donau-Main-Kanals, und sozusagen aus erster Reihe sahst Du in Berching jenes Dampfschiff, das sich 1928 im Kanalhafen vertäute: Ein Wunderwerk der damaligen Technik!

Auf die Treidelpferde, die die Schiffe durch den Kanal zogen, folgten in Bälde die ersten Dampfeisenbahnen, deren Gleisbett man vor Deinen Augen ausgebreitet hatte, und die nun dampfend und fauchend an Dir vorüberzogen.

Und als seine Königliche Hoheit, Prinz Ludwig von Bayern, der nachmalige König Ludwig III. von Bayern, der Stadt Berching seine Aufwartung machte, zog er mit seinem Gefolge als allererstes feierlich an Dir vorüber und erwiderte huldvoll den Gruß, den Du ihm mit Deinen weißblauen Fähnlein an den Fenstern entgegen sandtest.

Schön war sie - die gute, alte Zeit!

Doch dann kam der Erste Weltkrieg, und mit dem Ende des deutschen Kaiserreichs wich in Bayern der Glorienschein der Wittelsbacher dem langen Schatten der Not. Der große Vaterlandskrieg hatte wie die vorangehenden Kriege von den Berchinger Bürgern große Opfer verlangt, Dir brachten seine Nachwehen den endgültigen Verlust Deiner Funktion:

Der Pflasterzoll wurde ab dem Jahr 1914 nicht mehr erhoben. Du warst überflüssig geworden!

So schienen Deine Tage bereits gezählt, doch dann ereignete sich ein kleines Wunder:

Da jeder noch so kleine Platz zum Wohnen in Berching gebraucht wurde, kürte man Dich kurzerhand zum Wohnhaus und baute Dich dazu ein wenig um!

Und Du?

Ebenso großzügig wie unverdrossen stelltest Du Dich erneut in den Dienst des Gemeinwesens und ließest es zu, dass man Deine Mauern nach außen rückte, Dein Dach erneuerte. Selbst Dein Holzschipfl, das sich seit jeher an Dich angelehnt hatte, wuchs nun zu einem richtigen Schuppen.

Dies war eine Neugeburt aus höchster Not heraus, doch Not macht bekanntlich erfinderisch!

Sicherlich waren die Schmerzen bei diesem Umbau für Dich nicht unerheblich, und Du musstest anlässlich der Notoperation einige Federn lassen. Dafür war Deine weitere Existenz gerettet, und der Stolz, nunmehr als echtes Wohnhaus dem Hausierer-Ehepaar Brüderlein mit seinem Bauchladen Schutz und Geborgenheit zu geben, war für Dich der Lohn aller Mühen!

Wie stolz warst Du!

Zum Dank bekamst Du hübsche neue Fenster und Fensterläden und eine schmucke Eingangstür, und tagtäglich erfreute Dich nun der Anblick eines kleinen Pflanzgärtleins, in dem die Blumen und das Gemüse sprossen und gediehen.

Du warst nach dieser Metamorphose - um es mit einem Satz zu sagen - anders geworden, aber nicht unbedingt schlechter: weiterhin eine Vorstadtidylle, Symbol für den Fleiß und die Erfindungskunst der Berchinger, die sich auch durch einen verheerenden Krieg nicht unterkriegen ließen!

Und das allerbeste daran:

Du hattest bei alledem Deine Identität nicht verloren!

Wenngleich Du nun an Umfang ein wenig zugelegt hattest und ein neues Gewand trugst, so warst Du doch noch immer das altehrwürdige Pflasterzollhaus wie zuvor, und Du stütztest und hieltst Mauer und Tor zusammen wie ehedem.

So war die innere Harmonie des Ensembles gänzlich unversehrt geblieben.

In diesem Zustand haben Dich nun sogar die großen Maler gemalt, allen voran jener berühmte Karl Stuhlmüller (1859-1930), ein Landschaftsmaler der "Münchner Schule". In einem bezaubernden Stillleben griff er Deine neuen Konturen auf, verwandelte Dich aber in künstlerischer Freiheit noch einmal zu dem zurück, was Du immer gewesen warst, eben in ein Pflasterzollhäuschen!

Dies verrät viel Gespür, verbunden mit großem Können!

Karl Stuhlmüller: Vor dem Viehmarkt, Öl auf Leinwand.

Gestärkt mit dem Selbstbewusstsein, auch den großen Malern etwas wert zu sein, hast Du selbst die Zeit des Totalitarismus in Deutschland überstanden, und auch den Zweiten Weltkrieg, der noch weitaus schlimmer war als der Erste. Sogar einen Panzer der amerikanischen Besatzer hast Du unmittelbar vor Deinen Augen in Ludwig-Kanal fallen sehen, was Dich nicht weniger amüsiert haben mag als Deine treuen Berchinger.

Erste Gefahren und Ängste brachten Dir erst die nachfolgenden Jahre des Wiederaufbaus und des Wirtschaftswunders in Deutschland.

Als im Jahr 1987 die letzte Diesel-Lokomotive stampfend an Dir vorüberzog, ehe die Bahnstrecke Beilngries-Neumarkt für immer aufgegeben wurde, als alle Zufahrtsstraßen und Wege aufgerissen, neu trassiert und asphaltiert waren, als der neuen, nun von schnellen Autos durchrasten Bundesstraße 299 das letzte Schleusenwärterhaus des Ludwig-Kanals im Süden von Berching zum Opfer gefallen war, mag es auch Dir klar geworden sein:

Eine neue, unruhige, bedrohliche Zeit hatte begonnen und die alte, gute, zuverlässige war unwiederbringlich verloren!

Solide Heimatbindung und die Achtung vor dem Hergebrachten wurden nun zunehmend durch Materialismus und Konsumblindheit ersetzt, die aufkommenden Massenmedien suggerierten den Menschen, was sie zu tun und zu lassen hatten, was modern und was altmodisch war. Die Jagd nach dem "letzten Schrei" war nun angesagt, die Wegwerf-Mentalität wurde zum Markenzeichen, Geld zum Gott dieser Zeit. Wer sich dagegen sträubte, galt als unmodern und rückständig!

Auch wenn es die Alten noch nicht recht wahrhaben wollten:

Schon damals verlor der Begriff "Heimat" für die allermeisten seinen Sinngehalt!

Und im Bausektor?

Was nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland geschah und bis zum heutigen Tag anhält, lässt sich mit rationellen Argumenten kaum erklären: Eine kopflose Bauwut erfasste nach dem Krieg das ganze Land. Anstatt die reiche bauliche Substanz des Landes zu ehren und zu pflegen, wurde das Alte zunehmend verachtet, achtlos links liegen gelassen, abgerissen und durch billige, belanglose Neubauten ersetzt.

Seit den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde in Deutschland durch dieses Massenphänomen mehr wertvolle historische Substanz zerstört, als alle Bombergeschwader der Weltkriege zuvor je geschafft hätten! Andere Völker Europas waren diesbezüglich klüger!

Die bittere Kehrseite der Medaille "Wirtschaftsaufschwung":

Während auf der einen Seite das Berufsleben immer weniger Chancen zu Selbstverwirklichung bot und das Familienleben durch Doppelverdienertum der Eltern und mediale Zersteuung der Kinder immer mehr verödete, verlagerte man auf der anderen Seite seine ganze Kreativität auf das Häuslebauen:

Hier sah man nun plötzlich die letzte erhaltene Spielwiese, hier glaubte man, sich in überzogenem Individualismus austoben zu dürfen, was woanders nicht mehr gelang. Was früher unter den Begriffen "Maß" und "Ordnung" die bauliche Entwicklung moderiert und stilistisch geformt hatte, wurde nun als brutales Hindernis empfunden. In jeder Richtung sprengte man die Dimensionen, stellte selbst den rechten Winkel und den goldenen Schnitt in Frage, und erklärte nicht selten als "out", was noch im Jahr zuvor "in" gewesen war.

So wurden X-Beliebigkeit und Stillosigkeit geradezu zum Handlungsprinzip einer neuen Zeit.

Und die Bauämter machten alles mit, und wenn es noch so scheußlich anzusehen war, was da entstand - "der Konjunktur und der Arbeitsplätze wegen".

Heute ist das Pendel zurück- und gleich ins Gegenteil geschlagen. Unter dem Diktat des "ökologischen Nutzens" und der "Energieeffizienz" ist mit einer styroporummantelten und solarzellbedeckten, ansonsten seelenlos aalglatten und sterilen Häuserwelt erst recht jedes Augenmaß verloren gegangen.

Resultat dieser verrückten "Alt-weg-Neu-her-Entwicklung" sind die trostlosen Betonwüsten und baulichen Schrotthalden unserer zersiedelten Städte und jüngst auch die zerstörten Dorflandschaften, in der die Kernstrukturen verödet und die Ränder zu reinen Siedlungen mutiert sind - bunt wie Papageienfedern.

Es lebe der Fortschritt!

Berching hatte zwar mit unglaublichem Glück seine alte Stadtmauer in toto behalten, als einzige Stadt in der Oberpfalz. Doch ansonsten ging die Modernisierungswut auch an Berching nicht vorüber und schlug ihm schlimme Wunden. Noch heute sprechen die unzähligen Bausünden der Innenstadt Bände, und kaum einer hat sich bis jetzt daran gemacht, sie rückgängig zu machen! Das wäre übrigens der wichtigere Inhalt für ein Stadterneuerungsprogramm gewesen. Doch wen schert es?

Diese ungute Entwicklung war für Dich, Du altes Pflasterzollhäuschen, fürwahr eine tödliche Gefahr, ein echtes Damoklesschwert, das nun auf Dauer über Dir hing. Du hast es gespürt, was musst Du durchlitten haben!

Aber immerhin: Während in weiten Teilen des Sulztals alles zubetoniert und zuasphaltiert wurde, schützte Dich noch eine Zeit lang so etwas wie Dein besonderer Standort und ein Denkmalschutzgesetz. Daran wirst Du Dich geklammert haben - mit bangem Herzen zwar, aber doch zeitweise voller Hoffnung, nach all den Kriegen auch noch die Unbilden dieser verrückten Zeit zu überstehen.

Außerdem ist eine ganze Zeit lang nicht viel passiert.

Sicher: Es kamen immer wieder neue Leute in Deine Mauern, und einige von ihnen waren bei weitem nicht so rührig und verständnisvoll wie die der ersten Generation. Du hast sie alle aus- und dabei stillgehalten, selbst als man Deinen Fenster-Augen eine unpassende Kunststoffbrille verpasst hat.

Noch immer hattest Du einen Partner, der treu zu Dir hielt: Der wuchernde Knöterich deckte nach dem Auszug des letzten Bewohners vor wenigen Jahren alles Hässliche zu und verwandelte Dich in jenes kleine, verwunschene Dornröschen-Schloss zurück, das den heilsamen Stillstand der Zeit symbolisiert.

Dieser Stillstand ist das, was hier in Berching aus unverständlichen Gründen von den allermeisten gefürchtet wird, und er ist dennoch das einzige Pfund, mit dem diese Stadt wuchern kann. Sie hat nur noch nicht begriffen, wie das geht.

"In dieser Altstadt ist die Zeit stehen geblieben, und alles ist so, wie es einst war!" - welch ein Balsam für die wunden Seelen unserer Zeit! Welch ein grandioses Alleinstellungsmerkmal!

Gut durch das Grün getarnt, würdest Du jetzt, so dachten wir, allen künftigen Frevlern und Übeltätern entgehen!

Mit einem Quäntchen Glück hättest Du also zusammen mit Deinen Bruder Tor zu einem wurzelumschlungenen Methusalem reifen können, zu einem archaischen Fels in der Brandung, der alle Stürme der Moderne übersteht, zum Garant jener Tradition, ohne die es für niemand eine echte Zukunft gibt.

Doch das besagte Glück war Dir nicht beschieden, und die Ruhe war nur eine trügerische:

Dein jähes Ende kam von einer Seite, von der man es am allerwenigsten erwartet hätte - und es wurde Dir mit Waffen bereitet, die eigens zu Deinem Schutz konstruiert worden waren!

Die Verantwortlichen dieser Stadt, der Du über Jahrhunderte treu gedient und durch Deinen Fleiß und Dein Pflichtbewusstsein Einkommen und Wohlstand verschafft hast, haben über Dich den Stab gebrochen und Dein Todesurteil gefällt: Ein billiger Plunder seist Du, ohne jeden Wert!

Auch Du, mein Sohn Brutus!

Just zu einem Zeitpunkt, als kein vernünftig denkender Mensch mehr damit rechnete, rückte er an, dieser Trupp von Männern in ihren Overalls, diese besondere Art von Vollstreckern. Und sie brachten binnen weniger Stunden fertig, was kein Krieg je zuvor geschafft hatte!

Aus dem Hinterhalt heraus haben Sie Dich angegriffen, Dir Dein grünes Kleid heruntergerissen. Und mit dem einzigen Schlag einer Baggerschaufel war Dein steinernes Genick gebrochen.

Nicht "Città slow", sondern Exekution "fast"!

Absurderweise hatten diese Leute bei ihrer Tat einen amtlichen Auftrag und sogar das Plazet Deiner Schutzbehörde in der Tasche. Damit stand das Recht formal auf ihrer Seite.

Es gab für Dich kein Entrinnen!

 

Wer nach diesem hinterhältigen Abriss noch daran glaubt, dass in Berching alles bleibt, wie es war, der irrt:

Die Stadt hat definitiv ihre Unschuld verloren. Ihr liebenswerter Atavismus gegen die Stürme des Lebens, jener feste Halt, den sie den Bürgern mit ihrem Mauergeviert gegenüber einer kalten Außenwelt gewährte - all diese Dinge sind verloren und das Vertrauen zerstört! Wer so etwas tut, bringt auch noch ganz anderes fertig! Selbst die wunderschön abwechslungsreiche und schützende Stadtmauer ist nicht unverwundbar, wenn sie von innen und von den eigenen Leuten angegriffen wird!

Das ist die bittere Lektion, die jeder von uns lernen muss.

 

Liebes, altes, hochverehrtes Torhäuschen!

Noch immer gibt es Bürger in dieser Stadt, die da nicht mitmachen, die sich innerlich sperren, die mit Dir mitgefühlt und mitgelitten haben, die jetzt empört sind. Nicht wenigen ist, wie wir wissen, bei Deinem schnöden Abriss das Blut in den Adern geronnen. Diese Leute gehören zu den Sensibleren im Lande und bevorzugen die leisen Töne, deshalb ist ihre Stimme in der Öffentlichkeit kaum zu vernehmen. Trauer macht stumm. Manchen plagt auch das schlechte Gewissen, denn wir alle haben es versäumt, Dir im entscheidenden Augenblick zu Hilfe zu eilen und uns den wütenden Spitzhacken entgegenzustellen.

Jetzt vermissen wir Dich umso mehr und versprechen, Dich den Rest unseres Lebens in unauslöschlicher Erinnerung und in allen Ehren zu halten!

In unseren Herzen bist und bleibst Du für uns das kleine, aber feine Pflasterzollhäuschen, das vielleicht von allen Gebäuden Berchings im Laufe der Jahrhunderte am meisten erlebt und gesehen hat!

Du bist und bleibst für uns ein Vorbild, wie man es richtig macht im Leben: Wie man sich bückt, wenn der Sturmwind bläst, wie man sich bescheidet, wenn es an allem mangelt, wie man es vermeidet, sich aufzuplustern und in ungesunde Überheblichkeit zu verfallen, wie man flexibel und bescheiden durch die Zeit geht, ohne sich selbst untreu zu werden!

Und nicht vergessen:

Du bist uns allen ja nur ein kleines Stück des Wegs vorausgegangen!

Ruhe jetzt sanft, in jenem ewigen Frieden, der keine Spitzhacken und Bagger kennt!

 

Deine Dir treu ergebenen Berchinger!

Erinnerungstücke

Mit dem Abriss des Pflasterzollhäuschens ist in Berching ein einmaliges Kulturdenkmal zugrunde gegangen. Zu Ehren des toten Häuschens folgt eine Reihe von historischen Aufnahmen desselben, ergänzt durch eine Bilddokumentation des Zerstörungswerks. Die alten Photographien stammen aus einem Fundus an Dokumenten und Bildern, den uns inzwischen geschichtlich engagierte Bürger Berchings zur Verfügung gestellt haben. Ihnen sprechen wir hiermit unseren herzlichen Dank für die Überlassung aus!

 

Um 1820:

Auszug aus dem königlich-bayerischen Urkataster: Das neben dem Krapfentor eingezeichnete Anwesen mit der Nummer 191 entspricht dem Pflasterzollhäuschen, womit ein Mindestalter von 200 Jahren belegt ist. Im historischen Kontext ist jedoch ein mehrhundertjähriges Alter dieses Häuschens resp. eine Anlage in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts anzunehmen. Das auf einigen alten Photographien noch abgebildete große Anwesen mit der Nr. 190 entspricht dem Hirtenhaus. Seine Nordwand war ebenso in den Vorstadtmauerkomplex integriert wie die Südwand des Pflasterzollhäuschens. Neben Stallungen für die männlichen Zuchttiere (Stier, Eber, Hammel, Ziegenbock) befanden sich in ihm auch die Wohnung des Gemeindehirten und des Pflasterzoll-Einnehmers.

Um 1900:

Eine der ältesten Aufnahmen der nördlichen Vorstadtmauerpartie aus der Zeit um 1900 zeigt, dass das wuchtige Hirtenhaus Nr. 190 zu diesem Zeitpunkt noch in toto erhalten und nicht anders als das Zollhäuschen in den Zug der Vorstadtmauer integriert war. Durch die kleinen Fensterchen in dieser Nordwand wäre im Mittelalter für Eindringlinge kein Durchkommen gewesen. Der Mauerdurchbruch zur Rechten des Krapfentors, so wie er sich auch heute noch darstellt, ist neuzeitlich, sein Spitzbogen damit neogotisch. Früher hätte man hier einen Mauerdurchbruch tunlichst vermieden. Zur Linken zeigt sich das alte Pflasterzollhäuschen, überragt durch den hölzernen Treppenanbau des Krapfentors, der hinauf zur Wohnung des Türmers führte.

Aufnahme aus derselben Zeit. Deutlicher als auf der Voraufnahme erkennt man die Gesamtdimension des Pflasterzollhäuschens mit seinem angebauten "Schipfl". Die niedrige Nordfassade zieren zwei schmucklose Fenster mit rundlichem Ziegelsturz und eine schmucklose, hölzerne Eingangstür direkt neben dem Tor. Das einräumige Häuschen war beheizt, konnte also auch zur Winterzeit benutzt werden. Die Bauersleute von Rappersdorf begeben sich zum sonntäglichen Gottesdienst in die Stadt.

Über Jahrhunderte dienten die Einnahmen aus dem Pflasterzoll zum Erhalt der Tore und der Straßen der Stadt. Die Aufnahme zeigt ein Berchinger Pflasterzoll-Billett, wie es zur 1000-Jahr-Feier der Stadt gedruckt wurde. Damals war man sich offensichtlich noch der Bedeutung des Pflasterzolls bewusst. Heute ist bereits das zweite Berchinger Pflasterzollhaus vom Erdboden verschwunden!

Im Original dürfte ein Berchinger Pflasterzoll-Billett in etwa so ausgesehen haben. Es handelt sich hier allerdings um ein Exemplar aus Magdeburg, aus dem Jahr 1789, denn ein Berchinger Gegenstück ist heute nicht mehr erhalten.

Vor dem Ersten Weltkrieg:

Das Krapfentor wenig später. Das Hirtenhaus wurde am 1. Dezember 1904 den Erdboden gleichgemacht - auch dies bereits ein Raubbau an der historischen Substanz. Die Vorstadtmauer, die ebenfalls wie auf der anderen Seite des Tores in das Gebäude integriert war, ist damit sulzwärts unschön aufgerissen. Zur Linken unverändert das Pflasterzollhäuschen, das sich an die östliche Torwand anschmiegt. Das Dach über der Tür leicht ansteigend. Dies spricht dafür, dass das Häuschen ursprünglich in geringer Distanz zum Turm stand, die Lücke aber später geschlossen wurde, um Raum zu gewinnen. Diese Aufnahme ist uns besonders wertvoll, weil sie die diffizile Mauertechnik des Häuschens anschaulich wiedergibt.

Leicht vergrößertes Detail der vorherigen Aufnahme: Die Mauer des Pflasterzollhäuschens ist im losen Verband aus größenmäßig stark differierenden, dafür umso sorgfältiger ausgesuchten und zugerichteten Kalksteinen fast mörtellos geschichtet: Handwerkliches Können, zu dem heute keiner mehr im Stande ist! Die halbrunden Fensterstürze sind aus Backsteinen geformt, das bereits in Mitleidenschaft gezogene Dach zeigt manuell hergestellte Dachziegel im sogenannten Handstrich. In dieser Konfiguration stammt das Häuschen mindestens aus der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg, Teile des Mauerwerks können auch älter sein. Die Fassade ist gegenüber dem Torturm etwas zurückgesetzt.

Aufnahme aus der Zeit nach 1905. Hier ist gut erkennbar, dass die stadtseitige Wand des Zollhäuschens aus konstruktiven Gründen das Niveau der noch gut erhaltenen Vorstadtmauer um Einiges überragte.

Mit dieser Aufnahme erweist sich das Vorhaben, durch Abriss des Häuschens die Vorstadtmauer freizulegen, als nicht stichhaltig. Vielmehr muss das Häuschen selbst als Teil der Vorstadtbefestigung angesehen werden, die sich an dieser Stelle eben aufgliederte.

Die Aufnahme zeigt wie die beiden vorangehenden das Pflasterzollhäuschen sowie die sich anschließende Turmpartie getüncht. Dies ist ein Zeichen dafür, dass das Häuschen zum Zeitpunkt der Aufnahmen immer noch in Benutzung stand. Unserem Kenntnisstand nach wird im 1. Kriegsjahr 1914 die Erhebung des Pflasterzolls in Berching endgültig aufgegeben.

Kolorierte Aufnahme aus der Zeit nach 1910, aus anderer Perspektive. Unverändert die Konfiguration von Tor und Turm. Die Nordostecke der Vorstadtmauer ist inzwischen der seit ca. 1880 bestehenden Eisenbahntrasse zum Opfer gefallen. Vis-à-vis der Torpartie steht die barocke Wegkapelle aus der Zeit um 1700, die noch heute in Höhe der Stampfermühle in einer Straßeninsel steht.

Vermutlich Detail aus derselben Aufnahme, unretuschiert.

Nach dem Ersten Weltkrieg:

Vier Jahre nach Ende des Ersten Weltkrieges, genau am 19.10.1922, erwerben der Hausierhändler Martin Brüderlein und seine Frau Walburga das leerstehende Pflasterzollhäuschen und erweitern es zum kleinen Wohnhaus. Die Südwand wurde etwas erhöht, Nord- und Ostwand wurden aus Gründen des Raumgewinns nach außen versetzt. Ab sofort überragt das Häuschen die Nordfront des Krapfentors um ein Weniges, die neue Ostwand hat sich womöglich das Fundament des vorbestehenden Schupfens zu Nutze gemacht. Unter dem Dach befindet sich nun eine niedrige Schlafkammer, die durch ein kleines Fenster in der neuen Ostwand belichtet wird. Die frei stehende Stadtmauer daneben ist zwischenzeitlich gefallen, es verbleibt ein Rest als Südwand des beträchtlich erweiterten Holzschupfens. Wahrscheinlich hat man die Steine der Mauer zum Bau des neuen Häuschens verwendet. Trotz der Ausbaumaßnahme wirkt das ganze Ensemble in den Grundzügen erhalten und in den Proportionen relativ wenig gestört - für uns ein Zeichen dafür, dass man damals bei der Baugenehmigung nach gemachten Fehlern (Abriss Hirtenhaus) behutsam und mit Gespür für die Notwendigkeiten vorgegangen ist.

Eine Detailaufnahme aus der Zeit kurz nach 1922 zeigt die Vorstadtidylle: Ein neuer Pflanzgarten ist vor dem ehemaligen Zollhäuschen angelegt, er wird von einem niedrigen Holzzaun umgeben.

Detailaufnahme des Krapfentors in wesentlich besserer Qualität, nunmehr aus dem Jahr 1926, ca. 3 Jahre nach Fertigstellung des Wohnhäuschens. Im Vordergrund der bekannte Dichterarzt Heinz Schauwecker (1894-1977) mit ein paar Berchinger Kindern, im Hintergrund Frau Walburga Brüderlein, die die Szenerie beobachtet.

Aufnahme aus etwa derselben Zeit. Sie zeigt die Torpartie des Krapfentors von innen. Wie unharmonisch zur Linken der Mauerstumpf mit dem pseudogotischen Durchlass wirkt, ist auf dieser Aufnahme besser zu erkennen als auf Nachkriegsaufnahmen. Denn seit 1951 war zum Teil hier wieder ein Haus vorgebaut, das die optische Lücke füllte. Wenn heute hier jemand plant, auf der Gegenseite einen ähnlichen Durchgang an Stelle des Zollhäuschens durchzubrechen, zerstört er nicht nur einen weiteren Teil der Vorstadtmauer, sondern auch die gesamte Optik des Krapfentors und wiederholt damit den Fehler von 1904!

Detailaufnahme aus derselben Zeit. Sie belegt, wie gut man einst daran getan hatte, das Pflasterzollhaus vor die Stadtmauer zu verlegen. Innen konnte es unter Umständen sehr eng zugehen, speziell zu der Zeit, als das wuchtige Hirtenhaus noch stand. Bis über das Ende des 2. Weltkriegs hinaus waren Holzfuhrwerke mit Ochsen- und Pferdegespannen in Berching gang und gäbe.

Im Jahr 1928 machte eine mit Dampfkraft betriebene Privatjacht im Berchinger Kanalhafen fest und zog viele Blicke auf sich, verlegte aber ihrerseits den Blick zum vormaligen Zollhäuschen.

Blick auf die Torpartie aus etwas anderer Perspektive, Aufnahme aus etwa aus derselben Zeit.

Nach dem Zweiten Weltkrieg:

Der Zweite Weltkrieg ist vorüber, die Zeit des deutschen Wirtschaftswunders beginnt. Soeben passiert einer der ersten DKWs das Neumarkter Tor. Die Fenster- und Türrahmen des Torhäuschens haben einen neuen Anstrich bekommen, das Tor selbst ein schmuckes neues Schild. Besitzerin des Torhäuschens war bis 1952 die Witwe Walburga Brüderlein, danach ging das kleine Anwesen durch Verkauf an den Rentner Josef Dietz. Über die weiteren Nachbesitzer sind wir aktuell nicht informiert.

 

Winteraufnahme aus derselben Zeit und aus anderer Perspektive.

Vor wenigen Jahren:

Stillos und völlig unpassend zu einer alten Ackerbürgerstadt trägt das alte Häuschen nun Fenster und Tür aus Kunststoff. Ansonsten wirkt das Ensemble nach wie vor relativ ungestört.

Dasselbe Motiv aus etwas anderer Perspektive.

Nachdem das Häuschen von letzten Bewohner um 2011 plötzlich verlassen wurde, bemächtigte sich eine Kletterpflanze des Häuschens und verwandelte es in eine Art von Dornröschen-Schloss.

Nach der Zerstörung:

Die folgenden, am 06. Juli 2014 angefertigten Aufnahmen dokumentierten das ganze Ausmaß der Zerstörung: Wie nicht anders zu erwarten, ist keine intakte Vorstadtmauer zum Vorschein gekommen, sondern Versatzstücke der südlichen Haus- und Schupfenwand aus Bruchstein und anderen Materialien, ein guter Teil davon ist ganz eingestürzt.

Durch Klick auf das Bild erhalten Sie eine vergrößerte Panoramaaufnahme!

Der Kahlschlag verdeutlicht die zerstörerische Potenz, mit der hier vorgegangen wurde, aus etwas anderer Perspektive. Der hölzerne Aufgang zum Turm hängt nun hilflos und deplatziert in der Luft, da ihm das stützende Dach des Häuschens entzogen worden ist. Die frühere Harmonie dieser Stadtmauerpartie ist irreversibel zerstört.

Das Krapfentor ist nicht nur seiner rechten, sondern auch seiner linken Flanke beraubt worden. Auf dünnen Beinchen steht es irgendwie sinnentleert und amputiert im Raum herum und persifliert seine Funktion als Wächter und Wahrzeichen der Stadt. Bei einem derart bemitleidenswerten Zustand schießt das Vorhaben, auch noch in den östlichen Maueranschluss ein Loch zu brechen, den Vogel ab!

Wenn noch immer einer daran zweifelt: Die Rückwand des ehemaligen Pflasterzollhauses ist mit ihrer Stärke von ca. 35 cm alles andere als eine Stadtmauer. Sollte dieses schwache, wenngleich alte Mauerstück nicht in Bälde verfestigt sein, dann wird es den kommenden Winter nicht überstehen!

Gegenüber der Zerstörungsszenerie steht eine Plakatwand mit folgendem Werbespruch: "Aussenwerbung trifft. Jeden". Satire pur! Fast möchte man hinzufügen: "Manchen auch mitten ins Herz!"

Einige Anmerkungen zu diesem beispiellosen Abriss

Wir zitieren aus Stellungnahmen, wie sie in zwei Presseartikeln wiedergegeben sind. [Link]

 

  • Das Landesamt für Denkmalpflege:

    "Die eingebaute Stadtmauer sei freizustellen und der Stadtgraben als unbebauter Grünstreifen ohne Kleingartenanlage wieder herzustellen..." "Das Gebäude Bahnhofstaße 42 sei als Störung anzusehen, da es in den Stadtgraben eingemauert sei..."

    Wie durch das sogenannte Burghal Hidage [Link] eindrucksvoll dokumentiert ist, hatte sich bereits im 9. Jahrhundert in Mitteleuropa die militärtechnische Erkenntnis durchgesetzt, dass zur effektiven Verteidigung einer Stadtmauer alle 1,25 Meter 1 verteidigungsfähiger Mann zu stehen habe. Nach diesem Grundsatz wurden fast alle mittelalterlichen Wehranlagen dimensioniert.

    Kein Wunder also, wenn gegen Ende des 15. Jahrhunderts der Eichstätter Fürstbischof Wilhelm von Reichenau (1426-1496) von seinen Beratern die Empfehlung bekam, die Stadtmauer von Berching nur auf einer ungefähren Länge von 1,13 km zu Verteidigungszwecken zu befestigen!

    Bei einer geschätzten Gesamtbevölkerungszahl von ca. 3000 Menschen gab es damals in Berching maximal 900 Mann, die überhaupt zur aktiven Verteidigung der Stadt im Stande gewesen wären. Und selbst diese Zahl erscheint noch etwas hoch gegriffen, zumal man wenig später versuchte, durch Anschaffung von Wallbüchsen die noch bestehenden Schwächen auszugleichen.

    Die Länge von ca. 1,13 km entspricht exakt dem Umfang der Stadt westlich der Sulz, was belegt, dass Fläche und Umfang dieser jüngeren Hochstiftstadt alles andere als ein Zufallsprodukt sind.

    Die bereits vorbestehende Stadtmauer wurde dort entsprechend aufgerüstet und auf den Stand der Zeit gebracht: Sie wurde mit 12 Türmen, 2 Toren sowie einem durchlaufenden Wehrgang versehen und das Ganze mit einer teilgefluteten doppelten Wall-Graben-Anlage umgeben.

    Es war also taktische Erfordernis und nicht etwa Nachlässigkeit oder gar Verachtung des Alten, wenn man die Vorstadt von Anfang an bei diesem Vorhaben aussparte.

    Hier war schon etwas früher, um 1460, eine einfachere Umfassungsmauer auf einer älteren Wallanlage entstanden. Diese Mauer gab einen gewissen Schutz vor Streunern, Marodeuren und Raubgesindel, vielleicht auch vor wilden Tieren, denn im Dreißgjährigen Krieg wurde von einer Wolfsplage in unserer Gegend berichtet. Sie war jedoch, dessen war man sich bewusst, zur aktiven Verteidigung unbrauchbar und von feindlichen Truppen leicht zu überwinden. Aus diesem Grund hatte man sich auch erspart, die Vorstadt auf der Flussseite überhaupt zu befestigen.

    An der fehlenden Verteidungsfunktion der Vorstadtmauer ändert auch der Umstand nichts, dass man 5 niedrige und flache Halbschalentürme und einzelne Schlüsselscharten in den Mauerverband integrierte, von denen sich bis heute jeweils ein Exemplar in stark demoliertem Zustand erhalten hat.

    Um die fehlende Wehrhaftigkeit auszugleichen, gruben manche Vorstadtbewohner unterirdische Fluchtgänge von einem Haus zum anderen. Mehrere später verfüllte Abgänge befinden sich allein in unserem Anwesen, so dass man von einem fuchsbauartigen Gangsystem im Mittelalter ausgehen kann.

    Eine aktive Verteidigung war im Bereich der Vorstadt also von vornherein nicht vorgesehen, zumals im Angriffsfall jeder waffenfähige Mann auf der rechten Seite der Sulz gebraucht wurde!

    Genau aus diesem Grund konnte man sich auch ersparen, einen zusätzlichen Stadtgraben auszuheben!

    Eine Schutzfunktion wäre von ihm nicht ausgegangen, wenn man gleichzeitig auf die aktive Verteidigung verzichtete. Lediglich das Rinnsal, das aus dem Rachental kam und die Vorstadtmauer in Richtung Süden in einer flachen Mulde umrundete, deutete abschnittsweise das Bild eines Stadtgrabens an. Speziell in der Nordpartie war dies jedoch nicht der Fall. Hier gab es keinen Wasserlauf und hier hat ein Graben zu keiner Zeit je existiert!

    Unter diesen Prämissen ist der mittelalterliche Stadtgraben, den das Landesamt für Denkmalpflege ausgerechnet im Bereich des ehemaligen Pflasterzollhäuschens freilegen möchte, nichts als ein Phantom! Die Nicht-Existenz von Vorrichtungen für eine Zugbrücke am Krapfentor belegt, dass speziell dieses nie von einem vorgelagerten Stadtgraben gesäumt wurde.

    Mit anderen Worten:

    Das Pflasterzollhäuschen stand da, wo es sich befand, auf absolut festem und trockenem Mutterboden, und es stand in keiner Weise deplatziert, denn zu keinen Zeiten hätte es hier etwas zu verteidigen gegeben!

    Es gibt deshalb auch nichts mit einem Grünstreifen zu markieren - es sei denn, man möchte den Besuchern etwas vorgaukeln oder man markiert den Standort des vernichteten Zollhäuschens, was reichlich Zynismus wäre!

    Das Ansinnen der oberen Denkmalschutzbehörde wirkt umso absurder, weil man an dieser Stelle ein Haus mit langer Geschichte zum Abbruch frei gibt, um einen fiktiven Stadtgraben freizulegen - den man dann aber bereits im Geiste wieder zuschüttet, um ihn "grün" zu markieren! -, während gleichzeitig einige Meter weiter, in denjenigen Bereichen der Vorstadtmauer, wo wegen des Bachlaufs wirklich abschnittsweise ein muldenförmiger Geländeverlauf anzunehmen ist (Schaidl- resp. Glashauser-Garten), das Terrain mit Tonnen von Magerbeton verpresst und egalisiert wird - wegen des sogenannten "Mehrgenerationenparks"! Dergestalt, dass der darunter liegende, um 1840 kanalisierte Bach kaum mehr freigelegt werden kann!

    So gerät Denkmalschutz zum Kasperltheater!

     

  • "Durch zahlreiche Umbaumaßnahmen habe das Gebäude jegliche historische Substanz verloren." "Bis auf die eingebaute Stadtmauer sei die Bausubstanz aus jüngerer Zeit. Daher sei ein Rückbau zu fordern..." "Architekt N.N. ergänzt, dass sich der Rückbau am historischen Kernbestand orientieren solle. Die Schuppen aus Holz und Blech sind vollständig abzubauen..."

    Gemeint ist das ehemalige Pflasterzollhäusl und seine Holzlege.

    Die einzige größere Umbaumaßnahme fand um 1922/1923 statt, zuvor hatte man über Jahrhunderte seine Substanz bewahrt. Aber auch der Neubau ist nicht minder wichtig für das Verständnis der Geschichte Berchings als die vorreformatorischen Bauteile.

    Dem Nachfolger des Pflasterzollhäuschens jeglichen Historismus abzusprechen, ist unverfroren. Schließlich endet Geschichte nicht mit dem Mittelalter! Oder anders herum gesagt: Auch die "schlechten Jahre" nach 1918 sind Teil der Berchinger Stadtgeschichte!

    Am Beispiel dieses Häuschens hätte man z. B. bestens demonstrieren können, wie schwer das Leben der Berchinger im frühen 20. Jahrhundert war und was damals Begriffe wie "Häusler" und "Hausierer" bedeuteten. Selbst der Schwarzbau des Kellers hätte als typisches Merkmal dazugehört.

    Wir sind überzeugt, dass mit etwas gutem Willen alles Spätere und wirklich Störende durch einen behutsamen Rückbau im Inneren zu bewerkstelligen gewesen wäre.

    Die weitere Aussage, dass es sich hier ausschließlich um Bausubstanz aus jüngerer Zeit handelt, ist sowieso unwahr.

    Wir sahen mit eigenen Augen, wie am Abbruchtag manuell zugerichtete Handquader und Bruchsteine haufenweise abgeräumt und beiseite geschafft wurden. Diese stammten mit hoher Wahrscheinlichkeit noch vom ursprünglichen Pflasterzollhäuschen aus dem 15. Jahrhundert, dessen Steine ja auch im Nachfolgebau verwendet worden waren, und/oder aus der rückgebauten Vorstadtmauer.

    Was den störenden Pflanzgarten anbelangt, so gehört er nicht minder zur Geschichte des Vorstadtanwesens im frühen 20. Jahrhundert. Im Übrigen war es spätestens seit der Barockzeit üblich, in derartigen Stadtmauerpartien Pflanz- und Obstgärten anzulegen.

    Sämtliche "amtlichen" Argumente für den Abriss sind also an den Haaren herbeigezogen!

     

  • "Denkmalschützer sehen Störung..." "Laut Landesamt sei das Gebäude Bahnhofstraße 42 als Störung anzusehen, da es... durch seine ungenehmigten Veränderungen sich extrem störend auf das Ensemble auswirke..." [Unterstreichungen durch uns]

    Starker Tobak! Wenn überhaupt etwas stört, dann diese verständnislos-destruktive Rhetorik!

    Welche Logik! Um Störungen des Ensembles zu verhindern, zerstört man kurzerhand einen Teil desselben! Einen renommierten bayerischen Landschaftsmaler war es im vorliegenden Fall immerhin ein Ölgemälde wert gewesen!

    Für uns stellt sich bei solchen Tönen nur eine Frage:

    Wer schützt künftig unsere wertvolle historische Substanz vor dem Denkmalschutz?

     

  • "Das Stadttor sowie ein Teil der Stadtmauer sei [in der Denkmalliste; Anmerk. d. Verf.] als Einzeldenkmal eingetragen..."

    Kein Argument! Die gesamte Altstadt von Berching steht unter Ensembleschutz, davon beißt die Maus keinen Faden ab. Der Abbruch geschah unter diesem Blickwinkel widerrechtlich.

    • "Die gewachsene Gestalt der Altstadt von Berching in ihrer unverwechselbaren Eigenart und Eigentümlichkeit zu erhalten und zu schützen, zu verbessern und weiter zu entwickeln ist eine Aufgabe von kultureller Bedeutung und wichtiges Sanierungsziel... Alter Bestand ist zu erhalten und zu pflegen..." (Gestaltungssatzung der Stadt Berching)

    • "Zu den Baudenkmälern kann auch eine Mehrheit von baulichen Anlagen (Ensemble) gehören, und zwar auch dann, wenn nicht jede einzelne dazugehörige bauliche Anlage die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt, das Orts-, Platz oder Straßenbild aber insgesamt erhaltungswürdig sind." (Bayerisches Denkmalschutzgesetz, Artikel 1, Absatz 1)

    • "Die Gemeinden nehmen bei ihrer Tätigkeit, vor allem im Rahmen der Bauleitplanung, auf die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, insbesondere auf die Erhaltung von Ensembles, angemessen Rücksicht." (Bayerisches Denkmalschutzgesetz, Artikel 3, Absatz 2)

    Schön wär's. Wir verzichten darauf, an dieser Stelle die diversen Paragraphen anzuführen, was mit Privatpersonen passiert, wenn sie gegen diese Grundsätze verstoßen.

    Unabhängig von der Frage der geschichtlichen Relevanz des Pflasterzollhäuschens hätte der Ensembleschutz auf jeden Fall gewährleistet werden müssen!

     

    Zum krönenden Abschluss:

  • "Es habe sich nicht verhindern lassen, dass ein Teil der Stadtmauer, die die Außenwand des Gebäudes bildete, mit eingestürzt ist..."

    Ganz im Gegenteil: Es hätte sich sehr wohl verhindern lassen, und man hätte es verhindern müssen!

 

Der Abriss des Torhäuschens ist und bleibt ein unverzeihlicher Fehler, ein Präzedenzfall im negativen Sinn, der keine Rechtfertigung findet. Obendrein ist er ein fatales Signal für unsere Kinder, sowie reichlich Wasser auf die Mühlen all derjenigen, die sowieso mit der historischen Substanz der Stadt Berching nichts am Hut haben und am liebsten nicht nur das Torhäuschen, sondern eine ganze Reihe von weiteren Bauten planiert sähen!

Nie ist die historische Substanz Berchings so gefährdet gewesen wie heute!

Gibt es Hoffnung auf eine vernünftige Lösung?

Wenig!

Mit dem Totalabriss des Torhäuschens ist ein Schaden entstanden, der bestenfalls retuschiert, aber nicht mehr aufgehoben werden kann:

Das historische Mauerwerk Berchings verzeiht keine Baggerschaufeln!

Was jetzt noch steht, ist alles andere als eine Stadtmauer. Die nun allein stehende Südwand des ehemaligen Torhäuschens - wohlgemerkt um Einiges höher als die einstige Vorstadtmauer! - ist ein sinnlos gewordener, schwachbrüstiger Torso!

Ein aufwändiges Aufdoppeln dieser Wand im unteren Abschnitt würde vielleicht das Mauerstück stabilisieren, aber nichtsdestotrotz ein Kunstgebilde inszenieren, das a.) mit dem historischen Original wenig zu tun und b.) in dieser Disposition zu keiner Zeit je existiert hat!

Aber auch diesen kümmerlichen Rest, den der Abbruch übrig gelassen hat, möchte man jetzt noch zusätzlich schwächen. So munkelt man von Abbruch des Aufgangs zum Torturm und von einem Weg, der hier direkt vorbeiführen und durch einen künstlichen Mauerdurchbruch Fußgänger in die Stadt einlassen soll.

Damit hätte man Mauer und Torpartie endgültig entwertet!

Was soll das für eine Stadtmauer sein, die löchrig ist wie ein Schweizer Käse? Was ist das für ein Tor, das man auf beiden Seiten problemlos umschiffen kann? Nie und nimmer hätte unter historischen Aspekten ein Weg direkt an einer Stadtmauer entlang und durch sie hindurchziehen können, den Passanten wäre heißes Pech übergossen worden! Aber wahrscheinlich sollen die Besucher das Schandmal auch noch aus der Nähe betrachten!

Wer auch nur das geringste Gespür für die historischen Belange hat, wird unschwer erkennen: grober Unfug!

 

Es gibt nur einen vernünftigen Ausweg, den verursachten Schaden wenigstens teilweise wieder gut zu machen und die ursprüngliche Optik und die Proportionen des Ensembles zu wahren:

Man holt die bereits verräumten, jahrhundertealten Bruchsteine aus dem Abraummaterial wieder hervor und stellt mit Ihnen zumindest den äußeren Aspekt des historischen Pflasterzollhauses in seiner Ursprungsversion wieder her - im Sinne einer rekonstruktiven Archäologie - genauso, wie es die nachfolgende Detailaufnahme aus der Zeit um 1900 wiedergibt. Dabei wären wenigstens die Südwand des Häuschens wieder stabilisiert und die hässlichen Mauerausbrüche an der Basis verdeckt.

Was könnte ein Berchinger Stadtführer bei einem Rundgang den Besuchern der Stadt von diesem Standort aus - quasi als Außenstelle des Stadtmuseums, mit den obigen Bildern als Bilderzyklus im Inneren - alles vor Augen führen!

Die gesamte Geschichte Berchings im 19. und frühen 20. Jahrhundert: Portlandzementfabrik, Eisenbahntrasse, alter Bahnhof, Ludwig-Kanal, Kriegszeiten, Zerstörung, Wiederaufbau!

Zur Verwirklichung bräuchte es seitens der Stadt Berching relativ wenig:

Die besagten Kalksteine, Balken, Ziegel, Zement, Sand und - eine gehörige Portion guten Willens und die Bereitschaft, den Schaden den man der Vorstadt aus Nachlässigkeit zugefügt hat, wieder gut zu machen!

Alles andere wird jedoch, mit Verlaub, nur eine Verschlimmbesserung!

Man darf gespannt sein, was passiert!

Wenn man allerdings die der Presse gegenüber gemachten Äußerungen rekapituliert und auf sich wirken lässt, dann besteht nicht der geringste Grund zum Optimismus.

Last not least: Solidarität mit dem toten Torhäuschen

Wenn Sie als Leser dieser Seite wie wir der Meinung sind, dass der entstandene Schaden wenigstens zum Teil wieder gut gemacht werden muss, dann bitten wir um Eintragung in eine Unterschriftenliste, die während der Sprechstundenzeiten in unserer Praxis ausliegt und in die Sie sich eintragen können. Wir werden Sie bei ausreichender Beteiligung an die Stadt Berching weiterleiten.

Nachtrag: Die Liste ist inzwischen geschlossen. In zwei Juliwochen des Jahres 2014 haben 428 Berchinger und Umlieger von Berching unterschrieben und damit eindrucksvoll markiert, dass sie gegen den Abriss des Häuschens sind. Hierzu mehr weiter oben!
Bitte schreiben Sie uns auch - per Mail unter [werner@robl.de], per Post oder ganz wie es Ihnen beliebt: Stichwort "Pflasterzollhäuschen", Vorname, Familienname und Wohnort, das genügt! Wir werden dann den Eintrag in der Liste für Sie erledigen!

Bitte die Information auch an gleichgesinnte Familienmitglieder, Freunde und Bekannte weitergeben!

Wenn Sie uns selbst beim Sammeln der Unterschriften in Ihrem Bekanntenkreis unterstützen wollen (worüber wir uns sehr freuen würden), dann können Sie das Formular hier zum Ausdruck und zur Vervielfältigung downloaden: [Link]

 

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