Das Pentagramm in Südtirol

© Peter Klink und Werner Robl

 

Fresken von St. Proculus in Naturns/Südtirol (7. und 14. Jhd. n. Chr.)

Die St.-Prokulus-Kirche liegt umringt von Weinbergen am östlichen Ortsrand der Gemeinde Naturns im Vintschgau. Das unscheinbare Kirchlein ist ein kultur- und kunsthistorisches Kleinod, enthält es doch die ältesten, von einem Teil der Fachwelt sogar als vorkarolingisch eingeschätzten Fresken Tirols. Es entstand bereits in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts n. Chr. auf den Resten eines noch älteren Wohnhauses. Weltberühmt ist das rustikale Fresko des heiligen Proculus auf der Schaukel, mit seinen ins Leere greifenden Händen. Es befindet sich auf der linken Seite des Innenraums, stammt aus der Zeit vor 800 n. Chr. und wurde recht eindeutig über einem Planungs-Pentagramm aufgerissen, wie man sogar an einzelnen Hilfslinien (z. B. unter der rechten Hand) erkennen kann.

Peter Klink hat sich bei einem Besuch im Frühjahr 2016 auf ein anderes Fresko konzentriert:

Es handelt sich um ein gotisches Fresko auf der äußeren Südwand, das eine Pflugszene in Anwesenheit eines Bischofs und Engels, also einen geweihten, gottgesegneten Akt, beschreibt. Die übliche Deutung des Bauern als Adam erscheint nicht schlüssig, wahrscheinlicher ist ein Bezug zur Gründungssituation des Ortes Naturns. Deshalb kommt es im Folgenden auch weniger auf den Herstellungszeitraum des Freskos (um 1400) an, als auf die Bedeutung der Szenerie, die auf das 7. oder 8. Jahrhundert n. Chr. verweist, die Zeit der Karolinger.

Es folgt zunächst ein Bild des stark abgeblassten Freskos, so wie es sich heute in situ darstellt.

Hier nun die Bildanalyse durch Peter Klink:

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Peter Klink schreibt dazu am 05.06.2016:

Das Pflugritual- Fresko von St. Prokulus im Vinschgau

Zu den weltberühmten Fresken aus der St. Prokuluskapelle in Naturns zählt auch eine Abendmahlszene an der Kapellen-Südwand. Daneben fand bisher eine Pflugszene weniger Beachtung. Nach der Analyse des Pflugfreskos über die Pentagramm-Methode wird diese nicht nur bestätigt, sondern das Fresko zeigt mitsamt seiner Geometrie ein geheimnisvolles Pflugritual auf, welches man bislang nur der Zeit der Antike, der Etrusker, Hethiter und anderen frühen Kulturen zusprach.

Auf dem Fresko segnet ein Geistlicher (Bischof?) den Akt des Pflügens. Über dem Pflug schwebt ein Engel. Ein Helfer steht im Hintergrund und setzt oder markiert mit einem Stab die Primärfurche, den sog. "Sulcus primigenius".

Zur Geometrie:

In einem Quadrat wird die Diagonale von links oben nach rechts unten zur Hauptachse des eingezeichneten, initialen Pentagramms. Auf deren Senkrechten liegen die Räder des Pflugs und rechtwinklig dazu baut sich das hölzerne Pfluggerippe auf. Die beiden Holzräder sowie die Heiligenscheine der dargestellten Figuren liegen mit ihren Zentren exakt auf den Schnittpunkten der Planungsgeometrie. Auch der Rock des Pflügenden und dessen Rücken werden aus besagten Schnittpunkten nebst der Länge der Radien abgegriffen.

Das Pflugritual-Fresko von Naturns zeigt deutlich das pentagonale Planungsprinzip auf und verbindet es direkt mit der Stadt-Acker-Aufriss-Methode der frühmittelalterlichen Agrimensoren im Vintschgau.

Bezüglich des Pflügens der sogenannten Urfurche erfährt man mehr im Kapitel "Das Imperium Romanum":

 

 

Die Stadt Glurns im Vintschgau (entstanden um 1300)

Die Stadt Glurns im südtiroler Vintschgau mit nur 897 Einwohnern ist eine der kleinsten und malerischsten Städte der Alpen. Schon zur Römerzeit ein Verkehrsknotenpunkt an der Via Claudia Augusta, entwickelte sich Glurns ab dem 13. Jahrhundert zur Stadt, wurde deswegen auch mit einer Stadtmauer umgeben und stellt heute eine der großen Touristenattraktionen Südtirols dar.

 

Dass Glurns als Stadt nach dem Pentagramm-Prinzip entwickelt wurde, und dabei eine Reihe von Unterpentagrammen an den Spitzen des Hauptpentagramms eine besondere Rolle spielen, zeigt folgende Analyse von Peter Klink aus dem Frühjahr 2016:

Peter Klink schreibt dazu:

Glurns - Glorenza, die kleinste Stadt Italiens

Glurns wurde bereits 1294 als befestigter Ort erwähnt. Auf das Stadtrecht deutet erstmals eine Urkunde aus dem Jahre 1304 hin. Unmittelbar an einem ehemals römischen Verkehrsknotenpunkt erreicht die aufgehende Wintersonne parallel zur Etsch am 21.12. des Jahres die Stadt zum Sonnenaufgang.

Die Planungsgeometrie:

Vom Schludernser Tor verläuft die Achse eines Pentagramms zum westlichen Wehrturm, welcher in Lage und Abstand über die beiden westlichen Unterpentagramme definiert ist. Eine Besonderheit in Glurns ist die Gasse "Im Winkel". Nichts deutet bei der gekrümmten Gasse auf eine Verwinkelung hin. Der Kreisbogen ist vom westlichen Wehrturm aus geschlagen und nimmt seinen Radius am östlichen Innenpentagon auf. Die beweist einmal mehr, dass mit dem Begriff "Winkel" in der Stadtplanung eine Konstruktionslinie gemeint war, welche später als freie Gasse oder Ettergasse, oder auch als Winkel (süddeutsch = Winkele) bezeichnet wurde.

 

 

Gotisches Fresko des heiligen Christophorus in Glurns (um 1450)

Planzeichnung von Peter Klink

In einem Laubengang von Glurns entdeckte Peter Klink nebenstehendes Fresko des heiligen Christophorus. Es stammt aus der Zeit der Gotik und entstand vermutlich um 1450.

Dass der unbekannte Meister, der dieses Wandbild schuf, perfekt die Pentagramm-Methodik der Bildgestaltung beherrschte, erklären folgende Planzeichnungen von Peter Klink, der das Fresko bei einem Besuch im Frühjar 2016 entdeckte und analysierte:

 

Peter Klink erklärt:

Das Fresko St. Christophorus von Glurns

Eine Besonderheit findet man in der leicht gekrümmten Laubengasse von Glurns. Die Krümmung bedingt zur Mittagszeit eine durchwandernde Sonne, welche an den weiß gekalkten Hauswänden reflektiert wird und im Licht-Schatten-Übergangsbereich ständig einen leichten Luftzug entwickelt.

Ungefähr bei der Stelle, wo das große Innenpentagon der Stadtplanimetrie auf die Gasse trifft, befindet sich unter den südlichen Arkaden ein Fresko des St. Christophorus. Das Bild zeigt in beeindruckender Klarheit, wie die Pentagramm-Geometrie zur Übertragung auf die Putzwand noch seine Spuren hinterlassen hat. Die Kanten des Pentagramms folgen dem blauen Rock des Heiligen, in der Fläche setzen sie sich ebenfalls sichtbar zum Umfeld des Bildes ab. Die Umhänge beider Figuren werden aus den Schnittpunkten des oberen Unterpentagramms mit definierten radialen Bögen geschlagen.

 

 

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