Die Waldseer Vernehmungen Ferdinand Sailers

In memoriam Frau Sylvia Kemming, † 29. November 2021 [Link]

 

Im Herbst 2016 ist nebenstehende Quellen-Arbeit zum Apothekergehilfen und Vormärz-Emigranten Ferdinand Sailer und zu seinen Kontakten zum badischen Expolitiker Heinrich von Hennenhofer erschienen. Hennenhofer stand seinerzeit bei der badischen Bevölkerung im Verdacht, am Verbrechen an Kaspar Hauser beteiligt gewesen zu sein. Kurz nach Hausers Tod soll Ferdinand Sailer, der im Ausland von Hennenhofer finanziell unterstützt wurde, versucht haben, sein Schweigegeld aus der Hand Hennenhofers zu erhöhen, indem er diesem kund tat, er sei eine Woche vor Kaspar Hausers Ermordung, am 14. Dezember 1833, am Tatort in Ansbach gewesen.

Die inzwischen verstorbene Autorin Sylvia Kemming hat Sailers Leben und seine Beziehung zu Hennenhofer akribisch nachgezeichnet, um damit zur Klärung der Frage beizutragen, ob Sailer tatsächlich ein Komplize beim Mord an Kaspar Hauser gewesen sein könnte. Wesentlicher Bestandteil der Akten zu Ferdinand Sailer sind die Waldseer Vernehmungsprotokolle vom November 1834, die Frau Kemming in ihrem Buch nur auszugsweise vorstellen konnte. An dieser Stelle erfolgt nun die Veröffentlichung der komplett transkribierten Akten, welche uns Frau Kemming im Jahr 2016 zur Veröffentlichung an dieser Stelle überlassen hat. Das Manuskript kann am Ende der Seite in Form einer druckfähigen PDF-Datei heruntergeladen werden!

 

Staatsarchiv Stuttgart, Akten des Justizministeriums, E 301 Bü 150
Protokolle von Sailers Vernehmungen in Waldsee im November 1834.

Protokolle des K. Oberamts Waldsee über die Vernehmung des nun flüchtigen Apotheker Gehülfen Ferdinand Sailer von dort.

20.
Abschrift
ad Ziff. VIII
in 49??

 

Waldsee
verhandelt den 4. November 1834
vor Oberamt

Nachdem man in Erfahrung gebracht hatte, dass der - der Teilnahme an einer revolutionären Propaganda verdächtige - Ferdinand Sailer aus Waldsee bei seinem Vater dem Stadtschultheißen Sailer zu Waldsee angekommen sei, verfügte sich der Oberamtmann Bilfinger infolge Befehls des K. Ministeriums des Inneren vom 20. v. M. in Gemeinschaft des Oberamtsaktuars Schmidlin in die Sailersche Wohnung und verhaftete den erwähnten Ferdinand Sailer, während seine Effecten untersucht, aber vorerst lediglich nichts Verdächtiges aufgefunden wurde. Er wurde sogleich vernommen wie folgt:

Ferdinand Sailer, Apotheker-Gehülfe aus Waldsee, 24 Jahre alt, ledig, Sohn des Stadtschultheißen und Abgeordneten des Oberamts Waldsee zu Waldsee.

(1)
Sie haben unterm 8. Februar d. Jahres von dem hiesigen Oberamt einen auf 14 Tage gültigen Vorweis nach Kippenheim im Großherzogtum Baden erhalten, wie haben Sie solchen benützt?

Ich bin von hier aus nach Kippenheim gegangen und trat dort sogleich in Condition bei einem Apotheker Dung.

(2)
Wie lang hielten Sie sich daselbst auf?

Etwa drei Wochen.

(3)
Wohin gingen Sie von da aus?

Nach Straßburg.

(4)
Waren Sie seither daselbst?

Nein! Ich war auch in Bern.

(5)
Was hatten sie in Bern zu tun?

Ich mag kaum 8 Tage in Straßburg gewesen sein, so wurde ich auf die Präfektur gerufen, und wurde dort mit der Weisung, entweder ins Innere von Frankreich oder in die Schweiz zu gehen, mit einem Laufpass versehen. Ich hatte gleich anfangs mit einem Polizei-Commissär gesprochen, und dieser glaubte, dass ich mit meinem Heimatschein, den ich von Kippenheim aus bei mir führte, wohl ausweichen werde; es zeigte sich aber bald, dass dies nicht der Fall sei. Wir waren unserer vier außerhalb der Stadt und wurden alle vier von Gendarmen in die Stadt hereingeholt, weil keiner von uns Aufenthalts-Karten hatte. Auf der Präfektur wies man uns dann aus, weil wir für Flüchtlinge erklärt wurden. Nachdem ich übrigens meinen Laufpass von der Präfektur hatte, wollte kein Mensch mehr etwas von mir und uns wissen, wir blieben noch lange in Straßburg. Endlich ging ich dann doch nach Bern über Liestal und Aarau, ich war etwa sechs Tage auf der Reise.

(6)
Wie lange hielten Sie sich in Bern auf?

Etwa 6-7 Wochen.

(7)
In welchen Monaten?

Im Juli und August.

(8)
Was hatten Sie dort zu tun?

Ich hatte weiter nichts dort zu tun. Ich suchte Kräuter und botanisierte.

(9)
Waren Sie allein in Bern oder in Gesellschaft?

Ich machte den Weg allein; nach und nach kamen die übrigen aber nach.

(10)
Wer waren diese?

Es waren die, welche mit mir in Gravenhausen [1] bei Straßburg aufgegriffen wurden. Ein gewisser Dr. Frey, der Alban, der bei der Geschichte am 2. Mai in Frankfurt durchkam und noch andere. Es waren dann viele Handwerksbursche dabei. Es ging von dort aus immer hin und her.

(11)
Wer waren die Personen, mit welchen Sie in Straßburg umgingen?


Hauptsächlich Frey [2] und Alban [3] und ein gewisser Ditmar [4], auch ein Flüchtling. Der letztere ging aber nicht nach Bern; ein gewisser Tiefenbach (Dieffenbach) [5], dieser ging nach Zürich, dann Freyeisen [6] und Strohmeyer [7], welche nach Aarau gingen.

(12)
Welche Subsistenzmittel hatten Sie zu Ihrem Aufenthalt in Bern?

Ich hatte einiges Geld von Haus, und als ich nach Straßburg ging, hatte ich bedeutende Reisegelder erhalten. Auch zeichnete ich ums Geld und schrieb ab.

(13)
Von wem erhielten Sie die bedeutenden Reisegelder?

Wie ich von (nach?) Straßburg von Kippenheim aus reiste, erhielt ich von dem Major von Hennenhofer 4 Louis d'or - wie ich glaube.

(14)
In welchem Verhältnis standen Sie denn mit dem Major von Hennenhofer?

Der Major von Hennenhofer hielt sich eine kleine halbe Stunde von Kippenheim auf und wusste, dass ich mit Garnier, der eine Broschüre "Geschichte Caspar Hausers" herausgeben wollte, in genauer Verbindung stehe. Er bat mich, den Garnier zu veranlassen, dass er die Broschüre nicht herausgebe.

(15)
Wie wusste denn Major von Hennenhofer den Inhalt der erst zu erscheinenden Broschüre?

Garnier hatte mir einige Bogen von dem Manuskript geschickt [8] und von diesen las ich meinem Apotheker einiges vor.

Von meinem Apotheker erfuhr es dann Hennenhofer, der in Mahlberg wohnt.
Hennenhofer kam dann zu mir und bat mich um die paar Bogen Manuskript. Ich gab sie ihm dann; sie enthielten die Vorrede zu der Geschichte Caspar Hausers. Ich wusste damals selbst noch nicht, dass Hennenhofer bei der ganzen Sache beteiligt sei. Einige Zeit später kamen dann von der Broschüre selbst einige Exemplare an mich von Garnier, der mir solche schickte [9], sie waren noch nicht von der eigentlichen Auflage, sondern von der Korrektur. Von diesen gab ich dann Hennenhofer auch eines [10]. Hierauf kam dann Hennenhofer selbst wieder zu mir und wies sich über alle Artikel der ganzen Broschüre, die ihn betrafen und andere aus, dass es alles nicht wahr sei, mit der Bitte, den Garnier hierüber zu belehren und ihn zu veranlassen, dass er die eigentliche Auflage nicht herausgebe. Hennenhofer wollte für die Druckkosten und alles einstehen. Später kamen dann doch 1500 Exemplare heraus, Garnier nahm keine Notiz davon, die ganze Geschichte war schon gesetzt, man durfte nur drucken. Garnier sagte: "Gerade jetzt muss es heraus." [11] Es war gerade, als ich einige Tage in Straßburg war, dass das Werk herauskam. Hennenhofers Auftrag war eigentlich Veranlassung, dass ich von Kippenheim wegging, denn er ließ fallen, dass er mich eigentlich gleich festsetzen lassen könnte; er werde es aber nicht tun, wenn ich ihm den Gefallen tue, und bei Garnier auf die Nichtherausgabe hinwirke.

(16)
Welche Gründe glauben Sie dass Hennenhofer zu der Äußerung gehabt habe, dass er sie eigentlich festnehmen lassen könne?

Weil ich mehrere Exemplare von dem Werk hatte und ich mich mit demselben abzugeben schiene.

(17)
Wieviel hatten Sie Exemplare?

Ich hatte 6, die ich alle nachher dem Hennenhofer gab, der sie auch größtenteils verbrannte. [12]

(18)
Wohin kamen die 1500 Exemplare, die die Auflage ausmachten?

Ich habe mich um die Sache später nicht mehr bekümmert; es hat sie ein guter Freund von mir, der Tiefenbach (Dieffenbach), spediert.

(19)
Wohin hat sie Tiefenbach spediert?

Nach Frankfurt, Hanau, Schweiz. An wen, weiß ich nicht [13], sie wurden in größeren Partien spediert, und viele wurden auch von Leuten im Badischen abgeholt. Dass welche ins Württembergische kamen, davon weiß ich nichts.

(20)
Hat sich bloß Tiefenbach damit abgegeben, diese Broschüre zu versenden?

Hauptsächlich Tiefenbach; die andern vielleicht auch, aber nicht viele.

(21)
Es ist anzunehmen, dass auch Sie welche versendet haben?

Ich habe keine Adressen gehabt; die Bestellungen, die gemacht wurden, hatte der zu besorgen, der die Spedition hatte, und dies war Tiefenbach; ich gab mich nicht damit ab.

(22)
Womit beschäftigten Sie sich in Straßburg?

Ich bin häufig nach Lauterburg und Bar(r) gegangen, wo ich den Apothekern aushalf; ich bekam in Straßburg selbst keine Condition.

(23)
Dies reichte jedoch zu Ihrer Subsistenz nicht hin?

Als ich nach Bern reiste, nahm ich Geld auf von einem Kaufmann Koch in Straßburg. [14]

(24)
Sie waren zu einer Zeit in Bern, wo sich viele Flüchtlinge daselbst aufhielten?

Es war gerade damals auch noch das Comité für das junge Deutschland versammelt, das die Handwerksburschenversammlungen leitete. An diesen hatten die Flüchtlinge keinen näheren Teil, weil das Ganze eine Narrheit und eine lächerliche Geschichte war. Die Mitglieder dieses Comité waren ein gewisser Nast, Schapper, ein Hesse, Peters, Barth, Rheinbaier, Hager, ein Württemberger, beide Breidenstein und Strohmeyer und ein gewisser Mazzini, ein Italiener, der das Geld dazu hergab. Von diesen kannte ich nur Strohmeyer, Barth und Schapper.

(25)
Wann wurden die Handwerksburschen-Versammlungen gehalten?

Am Sonntag gingen sie in der Regel ins Steinhölzle, wo die bekannte Versammlung war, wo die Fähnlein zerrissen wurden; sonst aber waren sie montags in der Stadt.

(26)
Waren Sie bei der bezeichneten Versammlung im Steinhölzle [15] anwesend?

Nein! Ich war damals ganz verschlafen. Es nahm sich überhaupt außer Schapper niemand der Sache besonders an.

(27)
Sonstigen Versammlungen waren Sie aber zugegen?

Ja! Zweimal; einmal in den Matten, in einem Wirtshaus unten in der Stadt, das andere Mal beim Eichelberger in einem Bräuhaus.

(28)
Wer war dort an der Spitze?

Sapper (Schapper?) und Buchhändler Jeannis erster Gehülfe, dessen Namen ich nicht kenne;
sie hielten Reden und lasen vor und teilten Büchlein aus, die von den zusammengeschlossenen Geldern angekauft wurden, z. B. "Worte eines Gläubigen", "der Geächtete"; sodann wurden auch patriotische Lieder gesungen; jeder hatte so ein Liederbuch. Sie sangen die Marseillaise, Deutschland ist noch nicht verloren usw.

(29)
Welche nähere Bekanntschaften machten Sie dort?

Ich lernte eben die jungen Leute kennen, die deutschen Flüchtlinge, Gerold, (Herold??) Lessing,
Lizius, den Württemberger Autenrieth, sodann Landsleute, die in Bern sonst waren und nicht zu den Flüchtlingen gehören. Namentlich kam ich viel zu einem Engelmaier aus Stuttgart, welcher Badwirt ist und schöne Anlagen an seinem Haus hat.

(30)
Sie hatten - wie auch in Straßburg - vielen Umgang mit deutschen Flüchtlingen - wie kam dies?

Ich ging mit ihnen um, weil es Deutsche waren und weil man mich auch zu den Flüchtlingen zählte.

(31)
Warum zählte man Sie zu den Flüchtlingen?

Weil man annahm, ich war da wegen der Hennenhoferschen Geschichte, und weil man mich in Straßburg auch auswies.

(32)
Warum glaubte man, Sie werden wegen der Hennenhoferschen Geschichte verfolgt?

Weil ich nicht nur nicht tat, was Hennenhofer wollte, sondern mehr noch die Herausgabe beförderte.

(33)
Inwiefern haben Sie die Herausgabe befördert?

Ich habe dem Hennenhofer geschrieben: "Ich habe viel Wahres an der Sache gefunden, und ich werde es nun nicht nur nicht hintertreiben, sondern vielmehr den Garnier in der Herausgabe bestärken." Ich habe dann auch das übrige dem Garnier überlassen.

(34)
Demnach haben Sie Anteil an diesem Werk?

Insofern, als ich anfangs dem Garnier abriet, und als er mir auf Hennenhofers Gründe andere entgegenhielt, die ich nicht verwerfen konnte, ihn dann machen ließ. Es wäre übrigens die Herausgabe auch dann geschehen, wenn Garnier von Hennenhofers Gründen sich hätte überzeugen können. Er wollte es schon so.

(35)
Wohin gingen sie von Bern aus?

Wieder nach Straßburg, wo ich ein paar Monate (Monde??) blieb, bis vor etwa 6-8 Tagen.

(36)
Womit beschäftigen Sie sich?

Ich habe es wieder gemacht wie früher.

(37a)
Wer war Ihr Umgang?

Mit dem Ditmar, der noch da ist. Sodann Schlund von Mannheim, Braun von Frankenthal, Dr. Frey, übrigens kein Flüchtling, und mehrere andere.

(37 b)
Warum verließen Sie Straßburg?

Weil ich ausgewiesen wurde. Die Sache verhält sich nämlich so: Vor etwa acht Tagen wurde ich in meinem Zimmer morgens früh von einem Polizei-Commissär mit Polizeidienern verhaftet und auf die Präfektur geführt. Hier nahm man mir meine Papiere alle ab, und führte mich in das Gefängnis mit der Weisung, dass am andern Tag das weitere folgen werde. Sie sagten mir, ich habe schon mehrere Laufpässe gehabt, die ich nicht befolgt habe und auch nicht zurückgegeben, und sie hätten Fug und Macht, mich 12 Monate einzusperren. Bemerken muss ich, dass sie mir nach meiner Rückkunft aus Bern 6-8 mal sagen ließen, ich soll fortgehen: ich ging aber nicht. Als ich den andern Tag auf die Präfektur geführt war, wurde ich auf das Paßbureau gebracht, und dort wurde mir ein Pass ausgestellt. Von einem Polizeidiener begleitet, packte ich zu Haus meine Effecten und übertrug deren Spedierung nach Kehl einem anderen. Dort sollten sie bleiben, weil ich gleich wieder nach Frankreich zurückwollte, um noch mehrere Sachen zu besorgen, und den Polizeidiener nicht überall mit hinnehmen wollte. Von da aus wurde ich von dem Polizeidiener auf den kleinen Rhein? bei Kehl geführt, wo er mich dann mit meinem Pass entließ. Ich ging dann nach Kehl, und bei der Kommandantschaft (der badischen) wurde ich angehalten. Ich wurde nach meinem Pass gefragt, ich sagte: "ich habe keinen", weil ich den meinigen nicht vorzeigen wollte. Hierauf fragte man nach meinem Namen, und als ich "Sailer" gesagt hatte, schlug man in einem Register auf. Der Commandant sagte hierauf: "Auf Sie ist ein Steckbrief ausgestellt". Ich sagte dann dem Commandanten: "Wenn ich in dem Badischen aufgefangen werde, so habe ich zu erklären, dass man sogleich einen Expressen an den Minister des Innern absende und ihn von meiner Gefangenschaft in Kenntnis setze." Zugleich erklärte ich, dass, wenn ich binnen 2 mal 24 Stunden nicht freigelassen würde, es die unangenehmsten Folgen haben müsste."

(38)
Was wollten Sie mit den letzten Worten andeuten?

Ich habe nämlich befürchtet, wenn ich nicht freigelassen werde, so könnte von Major von Hennenhofer ein Brief an mich nach Straßburg kommen, der dann in falsche Hände fallen könnte. Garnier hat nämlich von London aus in Gemeinschaft mit Harro Harring ein neues Werk: "Deutsches Leben, Kunst und Poesie" herausgegeben. In der 2. Nummer fängt er dann mit der Geschichte Caspar Hausers wieder an und fährt dann in den Nummern 3, 4 und 5 damit fort. Dieses Journal wurde an den Buchhändler Schuler übersandt und ich übernahm dann die Spedition desselben, weil niemand mehr da war und Schuler vermutete, ich werde die Adressen noch wissen. Tiefenbach war nicht mehr da und Garnier in London; und andere Deutsche wollten sich mit der Sache nicht mehr befassen. Dieses Journal wurde in dem niederrheinischen Courier von Schuler angekündigt mit dem Beisatz, dass in diesen Blättern weitere wichtige Mitteilungen über die Geschichte Caspar Hausers folgen werden. Hierauf wandte sich Hennenhofer an mich mit der Bitte, die Verbreitung dieser Blätter zu unterdrücken; er beschwor mich bei allem, dies zu tun. Ich ging darauf ein und schrieb ihm: "Ich wolle dafür sorgen, dass kein Exemplar nach Deutschland komme, aber ganz werde ich es nicht unterdrücken, da schon überall angekündigt sei, dass es zu haben sei. Namentlich könne ich dies für die Schweiz und für Frankreich nicht tun. Ich ging dann hierauf zu Schuler und holte dann paketweise alle bestellten Exemplare für Deutschland ab, mit der Bemerkung zu Schuler, dass ich für deren Versendung sorgen werde. Es waren ca. 300 Exemplare, welche ankamen. 150 hatte ich selbst behalten, 100 sandte Schuler nach Bern, einige Exemplare kamen an Buchhändler in Colmar, Mühlhausen und Weißenburg, ungefähr 30 behielt Schuler selbst. Von den 150 erhielt Hennenhofer den größten Teil von mir und die, welche ich noch behalten hatte, vernichtete ich, wo ich zu Kork freigelassen wurde, und nach Straßburg zurückging Nach meiner Festhaltung in Kehl wurde ich von der Commandantschaft nach Kork geliefert; dort wurde ich vom Bezirks-Amtmann verhört, namentlich über die alte Pforzheimer Geschichte. Ich erklärte ihm, er solle nur an den Major Hennenhofer schreiben und mich über nichts weiter mehr vernehmen. Es wurde auch sogleich ein Expresser bei der Nacht an ihn (Hennenhofer) abgeschickt. Den andern Tag ((22.10.)) kam ein Brief von Hennenhofer an den Amtmann und an mich, worin der erstere bat, mich sogleich freizulassen, weil er dafür stehen könne, dass ich durch Befehl des Ministers werde freigelassen werden. Der Amtmann wollte dies nicht tun, fuhr vielmehr sogleich zu dem Kommandanten nach Kehl ((von Arbrand)), und dieser sandte dann einen Reitenden an den Minister, worauf dann am Donnerstag früh Befehl zu meiner Freilassung vom Ministerium ankam. (Am Dienstag abend den 28. Oktober [16] kam ich nach Kork) Ich wurde dann sogleich freigelassen und mir ein Vorweis ausgestellt, auf welchem stand: "die Großherzogl. Gendarmerie wird angewiesen, den Inhaber dieses Ferdinand Sailer aus Waldsee ungehindert ins Elsass [17] zurückkehren zu lassen." Dann ging ich hinüber, vernichtete alle meine Briefe, und die Exemplare von dem Journal, welche noch da waren.

Auf Vorlesen:
J. F. Sailer

 


Als die Mittags-Stunde herangerückt war, so erschien gerade, als man dem Ferdinand Sailer das vorstehende Protokoll vorlesen wollte, dessen Vater Stadtschultheiß Sailer, und bat um Freilassung seines Sohnes auf freien Fuß, indem er sich für denselben verbürge; er habe durch seinen väterlichen Willen bewirkt, dass sein Sohn hier erschienen sei und er hoffe, man werde ihm auch vertrauen, dass er für die Stellung seines Sohnes zu jeder Vernehmlassung sorgen werde. Es wurde ihm jedoch eröffnet, dass die Freilassung vorerst noch nicht bewirkt werden könne, dass übrigens sein Sohn auf die schonendste Weise werde behandelt, auch die Untersuchung möglichst beschleunigt werde. Sofort wurde von dem Oberbeamten nach kurzer Unterbrechung durch das Mittags-Mahl fortgefahren wie folgt:

(39)
Sie werden aufgefordert, in Ihrer Erzählung über Ihre Entfernung von Straßburg fortzufahren!

Als ich mich zum zweitenmale von Straßburg entfernte, ging ich nach Mahlberg zu Hennenhofer, von welchem ich einen Brief zu Straßburg angetroffen hatte, worin er mir weitere Weisung wegen Unterdrückung der weitern Nummern des Garnierschen Journals gab. Ich blieb dann, nachdem ich mit ihm verabredet hatte, wie es am besten wäre, die Sache zu hintertreiben, bei ihm über Nacht und ging den andern Tag nach Landolin [18] ins Bad. Hennenhofer ermahnte mich auch, mich bei meiner Heimreise immer auf badischem Territorium zu halten, weil ich im Württembergischen leicht angehalten werden könnte. Am 3. Morgen am letzten Freitag morgens 8 Uhr reiste ich zu Fuß ab und übernachtete eine Stunde seitwärts von Triberg; sofort am 2. Tag in Geisingen bei Donaueschingen, dann am 3. Tag in einem Dorf vor Pfullendorf, und gestern abend halb neun Uhr kam ich hier an. [19]

(40)
Was ist der Grund Ihrer Heimreise?

Ich habe im Sinn, mich mit neuen Pässen zu versehen und eine Condition zu suchen.

(41)
Warum sind Sie denn inzwischen nirgends in Condition getreten?

Es war nicht möglich im Französischen.

(42)
Warum sind Sie dann nicht früher nach Haus gegangen?

Ich wollte immer in der Schweiz oder anderswo einen Platz aufsuchen.

(43)
Warum haben Sie das nicht getan?

Ich habe dies schon getan; bei den Apothekern geht dies aber nicht so schnell, da bekommt man nur alle halbe Jahre einen Platz.

(44)
Haben Sie sich außer Bern und Straßburg auch an anderen Orten längere Zeit aufgehalten?

Nirgends als in Lauterburg ein paar Wochen; auch in Bern stand ich einigemal dem Geschäft der dortigen Apotheker vor.

(45)
Sie haben sich demnach fast durchaus einem geschäftslosen Leben hingegeben?

Ganz kann man es nicht sagen; ich habe mich auch mit Büchern unterhalten, namentlich französischen medizinischen Werken.

(46)
Sie haben noch nicht genau angegeben, womit Sie sich Ihre Unterhaltungs-Mittel verschafft haben?

Ich habe, solang ich in Kippenheim war, meinen Unterhalt gehabt; solang ich in Straßburg war, habe ich bei den auswärtigen Apothekern, bei denen ich zeitweise war, Geld verdient; auch mit Abschriften Verfertigen bei den Advokaten war Geld zu verdienen.
In Bern arbeitete ich der Forstkommission durch Zeichnen und Abschreiben; Sapper (wohl Schapper) war hierbei angestellt und gab uns zu arbeiten. Auch seines Namens Lembert und Karpff, beide Flüchtlinge, waren auch dort angestellt. Dann bekam ich auch einigemal Geld von den französischen Patrioten aus Paris; unmittelbar an mich kam keines, ich bekam es durch Strohmeyer. Es war, soviel ich weiß, von Lafayette. Es reichte übrigens kaum zur Wohnung hin.

(47)
Da Garnier Ihnen, wie Sie bereits angegeben haben, den Versand seiner Journale übertragen hat, so lässt sich voraussetzen, dass Sie sich sonst auch mit solchen Gegenständen befasst haben?

Ich kam durch die Geschichte mit Hennenhofer vielleicht in das Gerücht; ich habe aber selbst nie eine Versendung besorgt. [20] Garnier ließ seine Sachen durch Tiefenbach versenden, und wenn er sich später an mich wandte, als Tiefenbach weg war, so geschah es deswegen, weil sonst keiner seiner Bekannten mehr in Straßburg war und weil er von mir sich versichert hielt, ich werde gerne seine Schrift, die gegen die badische Regierung war, verbreiten, weil man mich im Badischen so misshandelt hat [21]. Garnier hat einmal meine Pforzheimer und Mannheimer Verhaftungs-Geschichten im Druck herausgeben wollen, ich habe es aber nicht gelitten, indem ich ihm sagte, dass ich, wenn ich wieder zurück müsse, aufs Neue verfolgt werden würde. Und wie ich die letzte Garniersche Broschüre behandelte, habe ich schon angegeben. Ich habe keine einzige versendet; was ich hatte, gab ich entweder an Hennenhofer oder vernichtete ich solche.

(48)
Ihr ganzes Tun und Treiben deutet auf eine genaue Verbindung mit Revolutionärs und Sie haben schon bei früheren Verhören angegeben, die Grundsätze derselben verlassen und sich einem geordneten Leben hingeben zu wollen?

Ich bin in der neuesten Zeit ohne mein Verschulden durch die Hennenhofersche Geschichte hineingekommen.

(49)
Die Hennenhofersche Angelegenheit wäre aber nicht erfolgt, wenn Sie nicht in Verbindung mit Garnier getreten wären?

Ich hatte Garnier schon früher in Straßburg kennenlernen (kennengelernt) [22], zufällig, und als er erfahren, dass ich in Kippenheim in Condition getreten, hat er sich an mich gewendet.

(50)
Sie haben also Ihre Verbindungen demnach gar nicht aufgegeben?

Tiefenbach hat an mich geschrieben, als er erfuhr, ich sei in Stuttgart wieder freigelassen worden, und da musste ich ihm doch antworten; und so haben sie in Straßburg meine Nähe (in Kippenheim) erfahren. [23]

(51)
Sie haben fortwährend Verbindungen mit Revolutionärs gepflogen, und bei allen Wahrnehmungen sind Ihnen die verbrecherischen Unternehmungen nicht fremd geblieben, denen sich dieselben hingegeben? Sie haben Ihrem Vater dadurch namentlich schon außerordentlich viele Sorgen und Kummer verursacht, und wenn Sie auch nur diese im Auge gehabt hätten, so würden Sie Ihrem Treiben längst entsagt haben!

schweigt

(52)
Mit welchen Mitteln sind Sie hieher gereist?

Ich bekam von meinem Vater das Geld zu meiner Heimreise, hatte aber auch hinlänglich Geld von Hennenhofer erhalten.

(53)
Wo haben Sie Ihren Heimatschein?

Als ich in Straßburg den Pass für die Schweiz erhielt, ließ ich ihn auf der dortigen Polizei.

(54)
Wo den in Straßburg ausgestellten Pass?

Dieser liegt in Kork, und den Ausweis, den ich in Kork erhielt, zerriss ich bei meinem Wiedereintritt in Frankreich.

(55)
Reisten Sie denn ohne Ausweis?

In Ettenheim erhielt ich einen Pass nach Haus.

(56)
Waren Sie selbst auf dem Oberamt in Ettenheim?

Nein! Hennenhofer hat ihn mir besorgt.

(57)
Sie hatten keinen bei Ihren Effecten, wo hatten Sie diesen?

Ich habe ihn zerrissen, als ich ins Württembergische kam; da brauchte ich ihn nicht mehr, denn bei Altshausen, das nur wenige Stunden von Waldsee liegt, kam ich erst ins Württembergische.

(58)
Wie kommt es, dass Sie außer Ihrem Anzug gar keine Effecten mit sich führten?

Ich dachte, es sei sicherer zum Reisen. Das übrige liegt noch in Straßburg bei einem Bekannten von mir namens Fasolli [24].

(59)
Sie haben oben angegeben, dass Sie den Garnier vielmehr in der Herausgabe der Garnierschen Broschüre "Einige Beiträge zur Geschichte Caspar Hausers" bestärkt haben. Da hierin mehrere Ausfälle über die württembergische Regenten-Familie, abgesehen von dem übrigen Inhalt der Broschüre vorkamen, so hätten Sie dieselbe jedenfalls zurückzuhalten suchen sollen?

Sie sind nicht so bedeutend. Soviel ich mich erinnere, einiges über den Herzog Carl. Ich habe alles flüchtig gelesen, es stand auch nur in der Vorrede, und auf dies hat man keinen Wert gelegt.

(60)
Wenn Sie früher in dieser Richtung gegen Major von Hennenhofer auftraten, wie kommt es, dass Sie sich in neuerer Zeit mehr in seinem Interesse bewegt haben?

Seine Briefe haben mich dazu gebracht; ich habe gedacht, es möchte ihm doch Unrecht geschehen sein.

(61)
Hatte Garnier noch Mitarbeiter an seiner Broschüre?

Das, was ich vom Manuskript in Händen hatte, war ganz von Garnier. Ob er noch andere Papiere hatte, weiß ich nicht.

(62)
Haben Sie noch etwas anzugeben oder noch etwas zu dem aufgenommenen Ihnen vorgelesenen Protokoll zu bemerken?

Nein!

     I. F. Sailer

Hierauf wurde Stadtschultheiß Sailer wegen näherer Aufklärung der Verhältnisse seines Sohns zu Major Hennenhofer vorberufen und angegangen, von denjenigen Briefen, welche letzterer selbst an Sailer, den Vater, geschrieben, kurze Einsicht nehmen zu lassen. Es ergab sich hieraus, dass Major von H. am 15. Aug. des Jahres, als sich der junge Sailer noch zu Bern aufhielt, erstmals an den Vater schrieb und ihn in den rührendsten Ausdrücken bat, seinen Sohn von seinen Verirrungen abzubringen. Ferner dass ein zweites Schreiben am 19. Oktober erlassen wurde, worin v. H. dem Sailer die Auswanderungsangelegenheit seines Sohnes empfahl [25] und ihn bat, mitzuwirken, und endlich, dass v. H. dem Sailer d. V. (=dem Vater) unterm 31. v. M. [26] pr... 4. Nov. auf sein an ihn erlassenes Rückantwortschreiben wieder kurz antwortete und darin anführte: "Das Amt Ettenheim habe aus Auftrag von dem Oberamt Waldsee Nachforschungen über Sailer d. J. (=den Jüngeren) über sein Tun und Treiben zu Kippenheim verlangt; er Hennenhofer habe bereits bei dem Amt dahin gewirkt, dass eine dem jüngeren Sailer günstige Antwort nach Waldsee erfolge, und er hoffe, es werde auch die württembergische Regierung ihn schonend behandeln." Der Vater, welcher diese Briefe sogleich reclamierte, gab sodann die Erklärung:

Stadtschultheiß Sailer macht sich hiermit zum Zweck der Stellung seines Sohns auf freien Fuß verbindlich mit seinem Vermögen dafür zu haften, dass sich derselbe jedesmal auf Erfordern stelle, indem er demselben jede Mittel zu seiner Entweichung benehme, für seine Beschäftigung in seiner Amtsstube Sorge tragen und ihn in besondere Aufsicht nehmen wolle. Er könne umso mehr hiezu Versicherung geben, als sein Sohn aller Mittel entblößt angekommen sei, weder Reisemittel noch Pässe besitze und könne erwarten, dass einerseits sein Sohn ihm Folge leiste, andererseits seiner Bürgschaft Vertrauen geschenkt werde.

Waldsee, den 4. November 1834
Stadtschultheiß Sailer

Nach dem bei der gegen Ferdinand Sailer eingeleiteten Vernehmlassung außer dem längst bestehenden Verdacht der Teilnahme an einer rev. Propaganda und der Verbreitung ihrer Schriften kein bestimmtes Vergehen zu Tag gefördert wurde, auch unter den vorliegenden Umständen seine Entfernung von Hause nicht zu erwarten steht, so wurde Sailer, nachdem ihm das handvertrauliche Versprechen abgenommen worden, sich auf jedes Anfordern zu stellen und sich geordnet und ruhig zu verhalten, was er andurch unterschriftlich bekannt, verspricht, wieder auf freien Fuß gestellt und beschlossen: dem K. Ministerium des Innern jcto. Prot. untertänigst zu berichten und dabei zu bemerken, dass der Oberbeamte zu einer Verhaftung des Sailer und Festhaltung desselben in gefänglicher Haft keinen weiteren Grund habe finden können, da, wie aus allen hervorgegangen, Sailer wüsste, dass er in seiner Heimat werde zur Rechenschaft gezogen werden und er selbst im Bewusstsein, dass er sich vielleicht einer Verhaftung aussetze - dennoch dem Ruf seines Vaters folgte und nicht angenommen werden könne, dass er sich der weiteren Vernehmlassung oder Einschreitung durch die Flucht zu entziehen suchen werde. Übrigens soll über seine angebliche Verhaftung zu Kork, worüber übrigens nach dem Major von Hennenhoferschen Schreiben vom 31. Oktober kein Zweifel vorliegt, und über den weitern Verlauf hierbei bei dem dortigen badenschen Bezirksamt Erkundigung eingezogen werden; wenngleich Sailer vor seiner Entlassung aus dem Amtslocal noch anfügte, es werde alsbald eine Mitteilung des Großherzogl. Badischen Ministeriums an das K. Württ. Ministeriums des Innern stattfinden.

Oberamtmann Bilfinger

fidem copiae f. Criminalrichter …

 


24
lit b
ad 39

Waldsee, verhandelt den 10. November 1834
vor Oberamt

Infolge höchsten Befehls des K. Ministeriums des Innern vom 7./9. d. M. wurde der der Teilnahme an einer revolutionären Propaganda verdächtige Apothekergehülfe Ferdinand Sailer aus Waldsee heute wieder vorgefordert und folgendermaßen weiter vernommen:

(1)
Nachdem Sie sich nun einige Tage in Ihrem älterlichen Hause aufgehalten haben, läßt sich voraussetzen, dass Sie sich mit Ihrem Vater über Ihre künftige Bestimmung besprochen haben, geben Sie das Nähere hierüber an!

Ich habe mit meinem Vater noch nicht hierüber gesprochen; ich habe übrigens im Sinn, wenn die Geschichten hier beendigt sind, entweder im Inn- oder im Ausland in eine Apotheke zu treten. Im Innland kann ich aber weniger unterkommen, weil ich - als noch unter 25 Jahren - noch nicht examiniert bin und als selbständiger Provisor noch nicht funktionieren darf.

(2)
Sie haben bei Ihrer letzten Vernehmlassung mehrere Personen angegeben, mit denen Sie teils in Straßburg, teils in der Schweiz Umgang gepflogen, wo halten sich diese gegenwärtig auf?

Sie halten sich großenteils in Bern und in Burgdorf, 4 Stunden von Bern auf. Die Berner wohnen neuerlich meist außerhalb der Stadt.

(3)
Welches ist der Zweck ihres dortigen Aufenthalts?

Wohl noch der frühere, wegen dessen sie sich früher dort aufhielten. Sie stehen meist alle miteinander in Verbindung, um Unternehmungen gegen Deutschland vorzubereiten.

(4)
Welches ist der Zweck dieser Unternehmungen?

Die Republikanisierung Deutschlands.

(5)
Ist Ihnen der Plan hiezu bekannt?

Ich bin nicht so bekannt damit, dass ich etwas genauer angeben könnte. Wenn aber etwas vorgeht, so wird vielleicht ein Einfall ins Badische stattfinden, und es soll eine Art Guerilla-Krieg auf dem Schwarzwald angezettelt werden. Man will hiezu die Handwerksbursche, welche sich in der Schweiz aufhalten, verwenden. Ich halte aber nichts darauf, denn wenn die Handwerksbursche jetzt auch noch so exaltiert gemacht werden, wenn es darum geht, so lauft der größte Teil davon.

(6)
Wo werden die Handwerksbursche zu diesen Unternehmungen vorbereitet?

Hauptsächlich zu Bern und Zürich. In Liestal, Basellandschaft ist dies schon weniger der Fall, die dortige Regierung lässt es nicht so zu, wie man glauben mag.

(7)
Wer steht denn an der Spitze der Unternehmungen zur Republikanisierung Deutschlands?

Es ist hauptsächlich das Pariser Comité - die Carbonari. Dann hat sich noch eine andere Partie gebildet, das Comité für das junge Teutschland; und dann ist wieder eine 3. Partie, die mit keiner von diesen beiden in Verbindung steht, und wo eigentlich jeder für sich ist. Diese drei Partien feinden sich eigentlich gegenseitig an.

(8)
Aus welchen Mitgliedern besteht das Pariser Comité der Carbonari?

Die Franzosen, welchen den höchsten Grad haben, kenne ich nicht. Es gibt nämlich verschiedene Grade, nach welchen die Mitglieder in die Verhältnisse eingeweiht sind und Bekanntschaft haben; wo immer wieder ein Grad sich des anderen bedient. Es ist so eingerichtet, dass wenn etwas verraten würde, im höchsten Fall nur 5 Personen eigentlich compromittiert werden. Den ersten Grad also bilden die Franzosen, welche die Republikanisierung überhaupt leiten. Von diesen hängen dann ab zu Republikanisierung Deutschlands das deutsche Comité zu Paris - der 2. Grad. Zu diesen gehören insbesondere Schüler, Savoye, Siebenpfeiffer, Gert (Gärth), welcher die ganze Korrespondenz zu Förderung des Frankfurter Krawalls leitete, und der Friedensrichter Klein aus Rheinbaiern, der neulich auch aus Straßburg weggewiesen wurde, Venedey (Verfasser des Geächteten). Diese stehen eigentlich in Beziehung auf Deutschland an der Spitze. Von diesen hängen ab die Glieder des 3. Grads, welche schon weniger eingeweiht sind. Hierzu gehören namentlich Rauschenplatt, Lizius, welcher kürzlich zu Bern weggewiesen wurde, sich aber, nachdem er sich einen anderen Pass zu verschaffen gewusst hat, - Pässe sind in der Schweiz und Straßburg sehr leicht zu haben - ich hatte allein davon 4 - unter dem Namen Reuß doch wieder daselbst aufhält, sodann Herold, Alban, Kleinmann aus dem Württembergischen. Diese, insbesondere Rauschenplatt, leiten die Handwerksburschen-geschichten, gehen aber selbst nicht in ihre Versammlungen. Die Mitglieder des 4. Grads sind dann solche, die man zum Hin- und Herschicken braucht, von Bern nach Zürich, nach Liestal und wieder zurück und zu anderen unbedeutenderen Unternehmungen, z. B. Lichtenberger.

(9)
In welchem Verhältnis standen Sie zu dieser Verbindung?

Ich stand mit dieser in keinem; ich hatte mich einige Zeit dem "jungen Deutschland" angeschlossen; habe mich aber auch bald davon losgemacht, weil ich fand, dass man nirgendwo einig ist und weil viele dabei sind, die nur so lange bleiben, als sie Geld bekommen.

(10)
Wie bildete sich das Comité für das junge Deutschland?

Das Comité für das junge Deutschland bildete sich einige Zeit nach dem Savoyerzug. Es gab nämlich unter denen des 3. und 4. Grads des Hauptcomité der Carbonari viele, welche unzufrieden waren darüber, dass man sie nicht näher in die Verhältnisse der oberen Grade hineinblicken ließ, die sich in Schatten gestellt glaubten und welche namentlich gerne gehabt hätten, dass man die Gelder statt zu dem Savoyerzug zu einem Einfall in Deutschland verwendet hätte. Hierher gehören außer den nachfolgenden die beiden Breidenstein und der Württemberger Haager, welche nun aber nach Amerika ausgewandert sind. Es wurde aus diesen Haupt-Missvergnügten dann ein Comité gebildet, welches sich Comité für das junge Deutschland oder für die deutsche Emigration nannte und sich bald in Tätigkeit setzte. Es bestand unter anderen aus: Strohmeyer, Nast Barth, Peters, Schapper und steht fortwährend in der genauesten Verbindung mit dem jungen Italien; auch wurde es fortwährend von dem Italiener Mazzini unterstützt. Sein erstes Geschäft war, Emissäre auszuschicken, welche wieder Unter-Emissäre in den einzelnen deutschen Staaten bestellen und überhaupt alles in Deutschland vorbereiten sollten. So sollte Nast das badische Oberland, Strohmeyer aber das übrige Baden und Württemberg bereisen und auch nach Stuttgart gehen. Jeder dieser Emissäre sollte eine Liste von solchen, welche man für Republikaner hielt und solchen, von denen man gewiss wusste, dass sie in Conspiration mit den Flüchtlingen überhaupt stehen. Den letzteren sollte die Ankunft des Emissärs schriftlich angekündigt werden, damit diese sich gehörig vorsehen und alles vorbereiten, die ersteren aber sollten dann vollends gewonnen und von den Hauptemissärs weitere Emissärs ernannt werden. Die Sache kam aber nicht zur Ausführung. Strohmeyer verputzte das zu diesem Zweck ihm übergebene Geld zu Straßburg, kam überhaupt in Zerfall mit den übrigen. Vorzüglich aber war es die Anmaßung, mit welcher das Comité für das junge Deutschland gegenüber dem Comité der Carbonari auftrat; die Art, wie Strohmeyer diejenigen, welche man für der Sache ganz zugetan hielt, von seiner baldigen Ankunft avertierte. So hat er sich auch an die badenschen Abgeordneten Itzstein und Rotteck gewendet, so dass sich der erstere sogleich veranlasst fand, den in Straßburg befindlichen Friedensrichter Klein davon zu benachrichtigen und bei diesem darauf hinzuwirken, dass die ganze Geschichte unterblieben soll, weil er mit diesem Menschen abermals in Verlegenheit zu kommen befürchtete. Sie unterblieb dann auch. Die Mitglieder des Comité für das junge Deutschland sind es auch hauptsächlich, welche den übrigen dadurch dienen, dass sie die Fanatisierung der Handwerksbursche, welche dem Comité der Carbonari ganz zusagt, leiten, die Reden halten, ihren Versammlungen anwohnen und überhaupt auch ihre Einübung in Waffen besorgen. Neben diesen steht dann Rauschenplatt an der Spitze der Bemühungen gegenüber den Handwerksbursche. Er machte namentlich auch einen Versuch, die in Straßburg befindlichen Handwerksbursche mit hineinzuziehen, musste ihn aber bald aufgeben, da sich zu Straßburg überhaupt zu wenige Handwerksbursche befinden. Rauschenplatt ist es auch, welcher infolge des Lyoner Aufstands nach Colmar reisen und dort losbrechen sollte, während Einleitungen getroffen waren, dass auch in Straßburg es hätte losgehen sollen.

(10)
Welche Personen waren es hauptsächlich, mit welchen Strohmeyer, welcher als als Emissär des jungen Deutschland gebraucht werden sollte, verkehren sollte?

Ich kenne die Personen nicht; ich kenne keine Personen [27]; und wenn ich sie auch wüsste, so dürfte ich sie nicht sagen; ich könnte sie nicht sagen.

(11)
Es liegt aber in Ihrer Pflicht, diese Personen zu nennen, und Sie werden wohlmeinend aufgefordert, wenn Sie einzelne Personen kennen, welche in dieser Richtung sich benehmen, solche anzuzeigen und offen zu nennen?

Ich kenne keine. Ich glaube auch, dass sie nur entweder den Franzosen, welche an der Spitze der Carbonari stehen, oder höchstens den ersten Mitgliedern des deutschen Comité bekannt sind. Man wollte sich hauptsächlich auch an die Journalisten wenden, die man schon kennt. So ist namentlich ein gewisser Matthie zu Carlsruhe ein Journalist, an den man sich wenden wollte. Am meisten ist es noch gegenüber von Rheinbaiern, wo der Friedensrichter Klein Verbindungen fortwährend unterhält. Er ist auch der einzige, der noch Geld an die Flüchtlinge austeilt, teils von eigenem, teils vom früher bestandenen Preßverein.

(12)
Wenn Sie in Verbindung mit dem Comité für das junge Deutschland standen, so sollten Ihnen, da dieses Comité ja Emisäre ausschickte, auch die Namen derjenigen bekannt geworden sein, an die Sie sich zu wenden hatten; und es kann unmöglich geglaubt werden, dass Ihnen dißfalls niemand bekannt geworden sei.

Ich weiß und kenne niemand.

(13)
Sie haben noch von einer dritten Partie gesprochen, die weder mit dem Pariser Comité noch mit dem jungen Deutschland in genauer Verbindung steht; was gehört zu dieser?

Es sind dies hauptsächlich auch Flüchtlinge, die sich großenteils zu Burgdorf aufhalten und mit dem ganzen Treiben nicht recht einverstanden sind. Hierher gehören insbesondere Lembert, Hofbauer, welch letzterer sich überhaupt ganz zurückgezogen hat und eine militärische Zeitung schreibt, man heißt ihn deswegen auch nur den Aristokraten, sodann von Kundt-Radowsky, Autenrieth und Dr. Frey. An den letzteren habe ich mich insbesondere zu Bern etwas mehr angeschlossen. Ich habe ihm auch das Manuskript zu einer Broschüre abgeschrieben, betitelt: "Ist Anarchie notwendige Folge einer Staatsumwälzung?" Ob es aber herausgekommen ist, weiß ich nicht. Nur einmal habe ich in Bern auch eine Proklamation an die deutschen Handwerksgesellen verlesen, welche Dr. Frey verfasst hatte. Es war in einem Wirtshaus in Bern.

(14)
Werden die Handwerksburschen bloß durch Reden, Lieder und Proklamationen aufgereizt oder wird auch sonst (etwas) mit ihnen unternommen?

Man sucht sie auch in den Waffen einzuüben.

(15)
Woher sind diese Waffen?

Jeder Flüchtling hat ohnedies seine Waffen, die er selbst braucht, in seiner Wohnung; dann sind auch von den Geldern des Mazzini und andern längst Waffen gekauft worden, die in den kleinen Dörfern bei Burgdorf liegen, aber öfter bald da, bald dorthin getan werden, damit man ihrer nicht habhaft wird. Es wird mit den Aufbewahrungsorten häufig verändert. Patronen sind auch schon längst gemacht worden. Es soll alles benützt werden, wie ich schon angegeben, zu einem Einfall im Badischen.

(16)
Wann, glauben Sie, dass dieser stattfinden werde?

Das weiß ich nicht, ich bin schon zu lang weg; ich glaube, sie wissen es selbst noch nicht, wann; ich weiß nur, dass sie an die Straßburger geschrieben haben, sie sollen kommen. Es war namentlich Ditmar und Braun in Straßburg, und diese sagten aber, sie wollen nichts davon wissen. Eine Zeitlang hat die ganze Geschichte stillgestanden, wo die Berner weggewiesen wurden. So war namentlich Mazzini und Rauschenplatt lang im Canton St. Gallen; letzterer kam von da nach Straßburg, ging aber wieder nach Bern zurück. Die meisten halten sich jetzt zu Bern außerhalb der Stadt auf, sonst können sie sich fast in keinem Canton halten. So wurde Kleinmann und Herbst, Lizius, Klenzer und Sauerwein von Liestal und Fein von Zürich weggewiesen.

(17)
Was sind diese Waffenvorräte?

Meist Musketen, wovon ein großer Teil schon vor dem Savoyer-Zug angeschafft war. Wieviel sie haben, weiß ich nicht; aber einen bedeutenden Vorrat haben sie, denn sie haben damals die Savoyer Gewehre alle gerettet. Über die Zahl der Patronen kann ich keine Auskunft geben. Ob sie Säbel haben, weiß ich nicht; größeres Geschütz haben sie keines, sie müssten nur das als Eigentum betrachten, was in Bern liegt. An Dolchen, Pistolen und Bajonetten fehlt es aber nicht.

(18)
Was enthielt die Dr. Freysche Proklamation, die Sie in einer Handwerker-Versammlung vorlasen?

Es war eine Aufforderung an solche, den Weg nicht mehr zu verlassen, den sie betreten haben. Sie war aber auch, wie all die Geschichten abgefasst sind.

(19)
War dies das einzige Mal, dass Sie einen Vortrag hielten?

Nur diesesmal, und dies war mehr eine Narrheit. Der Frey sagte zu mir, wir müssten doch auch einmal etwas halten in der Handwerksburschen-Geschichte, und dann ging ich hin und hielt die kurze Rede, die Frey machte. Frey ging selbst nicht hin.

(20)
Welchen Inhalts war die Broschüre von Dr. Frey, welche Sie abschrieben?

Es war lediglich die Anführung geschichtlicher Tatumstände von der ersten französischen Revolution, von der Juliusrevolution, von der Reformbill, woraus er den weiteren Inhalt entwickelte, dass Anarchie nicht notwendige Folge sei, nur dürfe die Volkssouveränität nicht angetastet werden, der Volkswille müsse überall entscheiden.

(21)
Wie wurden die Waffenübungen der Handwerker gehalten?

Sie werden ordentlich exerziert; namentlich soll sich in der neueren Zeit ein gewisser Rottenstein angeboten haben, in Bern den Exerziermeister zu machen. Rottenstein war bei der Frankfurter Befreiungsgeschichte; früher hat Schapper das Exerzitium in Bern geleitet. Man übt sich auch im gegenseitigen Gefecht.

(22)
Wie groß mag die Zahl der Handwerksgesellen sein, welche sich mit dieser Sache befassen?

In Bern können es allein gegen 400 sein; denn soviel ich mich erinnere, wurden allein von den neuen Liederbüchern 400 an diese verteilt; dann wurde auch an die Zürcher geschickt; wieviel dort sind, weiß ich nicht.

(23)
Und mit dieser Anzahl soll der beabsichtigte Zug vor sich gehen?

Rauschenplatt sagte oft: er habe zum Voraus gewusst, dass bei der Frankfurter Geschichte nichts herauskomme, es sei bloß um einen Crawalle zu tun gewesen. Nur durch solche Crawalle könne man das Volk an Revolutionen gewöhnen. Schlage auch dieser fehl, so habe es doch wieder einen Crawalle gegeben. Wenn solche bei den Franzosen nichts nützen, so sei dies gewiss bei Deutschen der Fall, die man erst auf die Stufe bringen müsse, wo die Franzosen bei ihrer ersten Revolution waren.

(24)
Werden außer diesen Handwerksburschen-Versammlungen, ihren Exerzitien, Liederbüchern sonst Vorbereitungen getroffen, um einen etwaigen Einfall zu führen?

Ich weiß keine. Wenn etwas geschieht, so geschieht es durch die Korrespondenzen mit den andern, namentlich mit dem Pariser Comité; denn wenn etwas unternommen wird, so glaube ich, es wird in Frankreich auch losgehen. So hat man namentlich früher auf die Straßburger National-Garde gerechnet, wenn es im Badischen losgehe. Jetzt sind aber andere Truppen in Straßburg. Die Republikaner stehen alle in Frankreich in Correspondenz, und diese unterhalten sie auch mit den Bernern. Auch sind in Rheinbaiern genug Leute, die sich damit befassen. So haben sie es auch bei der Frankfurter Geschichte gemacht, es ist eine ungeheure Geheimnis-Krämerei, sie haben damals überall hin geschrieben, und wie die Sache losging, war doch niemand da. Ich bin überzeugt, die Flüchtlinge wissen selbst nicht, warum sie die Geschichte mit den Handwerksburschen haben, denn auch sie sind bloße Werkzeuge und die Handwerksbursche wissens noch weniger. Ich bin überzeugt, wenn Gärth und Siebenpfeiffer nicht in Bern wären, so hätte die Sache damit längst ein Ende, denn die drei Regierungsräte daselbst hätten die Sache nicht zu halten vermocht. Gärth und Siebenpfeiffer haben aber das Wesen immer noch zu halten gewusst. Wenn auch die höheren Eingeweihten Verbindungen mit Deutschland unterhalten, so wissen es die anderen nicht; so namentlich war es ein Unsinn, dass das junge Deutschland Emissäre ausschickte ohne Adressen zu haben. Sie schrieben, wie es Strohmeyer machte, eben aufs Geratewohl. Deswegen musste die Sache auf Fr. R. Kleins Rat auch unterblieben.

(25)
Haben Sie dem Ihnen vorgelesenen Protokoll noch etwas beizufügen?

Nein!
Die Emissäre, welche das junge Deutschland beabsichtigte, hatten eigentlich zugleich zum Zweck, Geld herbeizuschaffen. So haben sie auf die unverschämteste Weise an ihnen ganz unbekannte Personen geschrieben, von denen sie bloß glaubten, dass sie vielleicht etwas tun würden. Die Briefe fingen gewöhnlich damit an: "Da man wisse, dass die Person in Frage sich schon in der Sache werktätig gezeigt"... Durch diese Voraussetzung haben sie dann auch den Adressaten den Mut benommen, Anzeige zu machen, weil sie selbst durch das Vorzeigen solcher Briefe hätten in Verlegenheit kommen müssen. Soviel ich weiß, ging aber blutwenig Geld ein. So war es auch, wenn man einem eine Broschüre schickte, und er behielt sie, so schickte man ihm gleich auch einen solchen Brief.

Auf Vorlesen
J. F. Sailer

concl.
Königl. Ministerium des Innern jcto. Prt. zu berichten.

K. Oberamt Waldsee,
Bilfinger, OA

fidem copiae f. Criminalrichter (Unterschrift)

 


Abschrift
G
ad 139

Waldsee
verhandelt den 19. November 1834
vor Oberamt

mit dem der Teilnahme an einer revolutionären Propaganda verdächtigen Ferdinand Sailer von Waldsee wurde heute das Verhör folgendermaßen fortgesetzt:

(1)
Sie haben bei Ihrer letzten Vernehmlassung auch von den Handwerksburschen-Versammlungen in Bern Angaben gemacht; wieviele nahmen solcher Bursche an dieser Versammlung teil?

Montags waren sie in der Regel sehr zahlreich, es mögen oft gegen 200 in der Versammlung gewesen sein.

(2)
Was wurde in diesen Versammlungen außer dem Absingen von Liedern, vorlesen von Proclamationen weiter getrieben?

Es wurde gezecht, und hier und da, aber nicht immer, machte einer den …

(3)
Wie lange dauerten solche Versammlungen?

Von sieben bis halb zehn, auch zehn Uhr. Zwei bis drei Stunden. Ein gewisser Schlottau, ein Sachse, der nämlich wieder aus Bern ausgewiesen wurde, nahm besonders auch Anteil. Er wurde früher schon einmal wegen Anteil an dem Savoyer-Zug ausgewiesen; allein sie gaben ihm dann wieder eine Aufenthaltskarte unter dem Namen Steinmetz, und jetzt wird er wahrscheinlich unter diesem Namen dort bleiben. Ein gewisser Soldan, der auch ausgewiesen wurde, führte die Rechnungen der Handwerksbursche. Er zog das Geld von ihnen ein, für welches die Lieder angekauft wurden.

(4)
Welche Plane haben die Flüchtlinge außer dem bereits von Ihnen angegebenen noch weiter mit den Handwerksburschen?

Ich weiß keinen. Ich bin fast drei Monate von Bern weg und kenne die Sache jetzt nicht mehr näher.

(5)
Bei dem von Ihnen angegebenen Plan mussten die Flüchtlinge natürlich auch auf Unterstützung in Deutschland rechnen, geben Sie näher an, auf wen solche in dieser Rücksicht zählen zu dürfen glaubten?

Ich weiß es nicht. Das junge Deutschland schickte immer Emissäre aus, um Personen in Deutschland zu gewinnen, aber man weiß ja, wie die Sache gegangen ist. Man hat sich aufs Geratewohl an Personen gewendet, von denen man glaubte, sie werden sich der Sache annehmen, und dadurch kam es, dass man die Sache wieder aufgeben musste. Der Auftritt Strohmeyers mit dem Abgeordneten Itzstein, von dem ich schon früher erzählte, hat verursacht, dass durch die Vermittlung des Friedensrichter Klein die Sache wieder aufgegeben werden musste. Strohmeyer wollte an alle liberale Abgeordnete schreiben, und wo man immer glaubte, dass einer der Sache zugetan sei, da wandte man sich an ihn, ohne zu wissen, woran man war. Man hatte nirgends bestimmte Personen, soviel ich weiß.

(6)
Es müssen doch bestimmte Personen bekannt sein, von denen man Unterstützung in Deutschland von irgendeinem Unternehmen erwartete, und es ist auch von Ihnen vorauszusetzen, dass Sie solche wissen?

Ich weiß keine; wie gesagt, sie haben es selbst nicht gewusst.

(7)
Es scheint ein gegebenes Versprechen Sie abzuhalten, hier die Wahrheit anzugeben?

Man hat sich wohl das Versprechen gegeben, nichts zu verraten, und dieses Versprechen habe ich auch dem Strohmeyer gegeben, als er mich in Lauterburg in die Verbindung "das junge Deutschland" aufnahm. Es mag ungefähr im Juni d. Jahres gewesen sein.

(8)
Wie weit geht dieses Versprechen und auf welche Weise wurde es gegeben?

Es hat jeder, der in die Verbindung getreten ist, und von dem man befürchtet, er werde etwas verraten haben, zu erwarten, dass er von den andern über den Haufen gestochen wird.

(9)
Wie stark ist diese Verbindung?

Das weiß ich nicht. Als mir Strohmeyer die Schriften übergab, lernte ich bloß die Mitglieder des Comité kennen. Die Unterschriften der Berner und eine Vollmacht Mazzinis ließ mich solche kennen lernen. Es war gerade damals als Strohmeyer herüber sollte und engagieren für die anderen Plätze. Übrigens halten sie alles für ihnen zugehörig, was sich ihnen anschließt, so auch die Handwerksbursche.

(10)
Welches sind die Statuten dieser Verbindung?

Ich kenne sie nicht so genau, es war eine lange ...?

(11)
Doch das Wesentliche?

Ich habe mich nicht viel darum bekümmert. Sie sagten mir, ich soll sie mir abschreiben. Ich kam aber nicht dazu, weil Matthii, welcher von Carlsruhe aus auch nach Lauterburg kam, solche mit nach Carlsruhe nahm.

(12)
Wenn Strohmeyer in der Absicht stand, die Verbindungen in Deutschland teils anzuknüpfen, teils zu befestigen, so werden Sie offenbar bei Ihrer Aufnahme auch erfahren haben, mit wem er sie anzuknüpfen beabsichtigte; Sie werden aufgefordert, die Personen anzugeben, die Ihnen bekannt geworden sind.
Es liegt in Ihrer Pflicht, ohne Rückhalt zu sein
.

Personen, welche bestimmte Zusicherungen von Deutschland aus gegeben hätten, weiß ich keine; dagegen habe ich für Strohmeyer mehrere Briefe geschrieben, welche die betreffenden Personen benachrichtigen sollten, dass er kommen werde; namentlich im Badischen nach Bruchsal, Offenburg, Laar, Freiburg, Rastatt, Baden-Baden, Ettenheim, Mannheim.

(13)
Wer waren die Personen, an welche Sie geschrieben haben, geben Sie solche offen an?

In Offenburg schrieb ich an einen gewissen Huber, der damals Gehülfe beim Oberamt war und den Flüchtlingen öfters Pässe ausstellte. Mir hat er im Juli einmal einen nach Stuttgart ausgestellt, als ich meinen Vater beim ersten Landtag daselbst besuchte. Er soll jetzt bei einem Notair sein, er kam öfters nach Straßburg zu uns. Sodann Kaufmann Nördlinger. In Bruchsal an einen Advokaten Löw, der öfters ebenfalls herüber kam. In Laar an einen Kaufmann Joos, der in starker Verbindung mit uns stand. In Freiburg an den Buchdrucker Herder. Der Joos von Laar brachte einmal ein Verzeichnis von etlich und 50 Personen, auf welche in Laar zu rechnen sei; aber aufgeschrieben sind sie gleich, ich habe nicht daran gedacht; die Liste habe ich nicht gelesen, und kenne daher auch keine Namen. Diefenbach war einmal drüben, und dieser sagte, wie er zurückkam, "er habe nicht geglaubt, dass in Laar so ein guter Geist herrsche"; es sei doch eine Fabrikstadt. Was den Buchdrucker Herder in Freiburg betrifft, so wusste man von diesem nicht, ob er sich der Sache aufschließe, man vermutete es bloß, weil er einmal eine Partie Exemplare von der Geschichte Caspar Hausers bei Schuler in Straßburg bestellt hatte. In Rastatt an einen jungen Kaufmann Abele, er ist Geschäftsführer in einer dortigen Handlung, und er kam ein paarmal zu mir nach Lauterburg. In Baden-Baden an einen gewissen Castdorf, dort hat man aber, glaube ich, einen dummen Streich gemacht. Sodann ein gewisser Gaub in Baden; diesen habe ich selbst nicht gekannt. Nach Ettenheim wurde nicht geschrieben; Tiefenbach ging selbst hin. Mir sind aber auch keine da bekannt. In Mannheim ein gewisser Langelot, angestellt bei der Dampfschiffahrt; er war früher aus dem Rheinkreis ausgewiesen?Im Hessendarmstädtischen wurde besonders nach Gießen mit einem Buchhändler Rickerer stark korrespondiert. Ein gleiches fand auch im Rheinpreußischen statt. Dort kenne ich aber niemand.

(14)
Haben Sie sonst keine Briefe spediert oder geschrieben?

Nein!

(15)
Nach Stuttgart?

Nicht.

(16)
Es lässt sich erwarten, dass Sie sich auch im Württembergischen umgesehen haben?

Nein! Im Württembergischen kenne ich niemand. Ich bin hauptsächlich im Badischen bekannt, mit den Württembergern hatte ich keinen Verkehr. Ein einziges Mal habe ich einer Witwe Burkhardt in der Friederichstraße ein Paket mit den Schriften "Eins ist not", "Geschichte Caspar Hausers", "Polens letzter Seufzer", vielleicht von jedem 6 Exemplare geschickt. Ob sie bestellt waren, weiß ich nicht, es ging durch den Matthii in Carlsruhe, und vielleicht weiß die Witwe Burkhardt selbst nichts davon; sie kamen wahrscheinlich an den Elsner [28], der bei ihr wohnen soll.

(17)
Haben Sie allein die Briefe geschrieben?

Nein. Hauptsächlich Tiefenbach und Strohmeyer selbst.

(18)
Wohin schrieben diese?

Das weiß ich nicht. Ohne Zweifel aber nach Gießen und Heidelberg, wo sie genau bekannt sind, sie haben aber auch an ihre Bekannte geschrieben. Ob nach Tübingen geschrieben wurde, weiß ich nicht. Broschüren wurden wenigstens von mir keine dahin geschickt. Kleinmann hatte viele Bekannte in Tübingen; ich kenne aber seine Korrespondenz nicht. Er kam einmal aus der Schweiz nach Straßburg und blieb etwa 8 Tage da, dann ging er wieder zurück. Von Lohbauer, welcher übrigens für gar keinen mehr angesehen ist, der mit Deutschland in Verbindung steht, weiß ich es auch nicht. Ich glaube aber nicht, dass er in großer Korrespondenz steht, denn er ist auf die Stuttgarter ganz schlecht zu sprechen, welche ihm anfangs die versprochenen Unterstützungen gaben, aber ihm jetzt seit längerer Zeit nichts mehr geben. Er bekam in Straßburg schon nichts mehr von Stuttgart. Die übrigen Flüchtlinge sind sehr schlecht auf Lohbauer zu sprechen, weil er von der ganzen Sache nichts mehr will.

(19)
An wen pflegten Sie Broschüren zu schicken?

Sie kamen meist nach Frankfurt, sodann nach Mainz, Hanau und Gießen, von Frankfurt kamen sie meist auf dem Buchhändler-Wege weiter. Die Versendung geschieht immer ohne Adresse, damit niemand kompromittiert wird. Wenn jemand eine Bestellung macht, so wird mit einem Zeichen versehen das verlangte Paquet entweder zur Abgabe in einer Materialhandlung oder in einem Wirtshaus durch Fuhrleute bestimmt und der Besteller wird brieflich benachrichtigt, dass er das Verlangte da oder dort, mit diesem oder jenem Zeichen versehen, ab...en könne. Auf die Post nimmt man keine zur Versendung, weil, was über ¼ Pfund schwer ist, aufgemacht wird.

(20)
Welche Broschüren haben Sie auf diese Weise versendet?

In neuerer Zeit "Der Geächtete", "Garniers Journal", wovon jedoch 2, 3 und 4 nicht versendet wurden; "Worte eines Menschen" von Harro Harring. Diese letzteren nahm ich aber nur zum Schein von Schuler; sie kamen alle an Hennenhofer. In früherer Zeit aber: "Eins ist Not", "die Menschenrechte" von de Lamenais "Geschichte Caspar Hausers" "Polens letzter Seufzer", und andere Geschichten der Art. Ich hatte die Spedition übrigens bloß in neuester Zeit. Das übrige besorgte Diefenbach. Die meisten Niederlagen? in neuerer Zeit sind in Liestal und Basel. Nach Frankfurt, Mainz und Gießen kommt in der neuesten Zeit nichts mehr, weil die Leute fast alle versprengt sind. Die Handwerksbursche müssen allemal auch bedeutende Partien ankaufen, man schwatzt sie ihnen auf. Die Versendungen haben übrigens in neuerer Zeit bedeutend nachgelassen, die Broschüren werden zu schlecht bezahlt; Versendet man 2000 Exemplare, so werden kaum 400 bezahlt, wodurch nicht einmal die Druckkosten gedeckt werden.

(21)
Welche von den Flüchtlingen werden hauptsächlich als Emissaire verwendet?

Früher Rauschenblatt, sodann ein gewisser Vettersen, dies war aber vor der Frankfurter Geschichte. In neuerer Zeit kenne ich sie nicht, denn das Comité für das junge Deutschland hat sich erst wieder neu gebildet, seit ich in Straßburg bin, weil die, die in England waren, wieder zurückgekommen sind, namentlich Barth und Peters, welcher früher Sekretär war. Ersterer ist ein
Schriftsteller aus Rheinbaiern und Peters ist ein Jurist, ein Preuße. Strohmeyer und Freyeisen sowie Nast sollen dazu gebraucht werden, es ist aber nur der letztere im badenschen Oberland gereist. Wo er aber war und an wen er sich gewendet hat, weiß ich nicht. Sein Zweck war, auch für die Verbindung zu engagieren; welche erst durch die beabsichtigen Emissionen in Deutschland ausgedehnt werden sollte.

(22)
Reisen Sie unter eigenem Namen?

Nein! Nie.
Wie Nast reiste, weiß ich nicht. Strohmeyer kam unter dem Namen Schweizer nach Straßburg. Es ist überhaupt sehr leicht, Pässe zu bekommen; es werden viele von Darmstadt und Frankfurt, Carlsruhe nach Straßburg geschickt, welche etwa schon gebraucht worden sind, und da liest man einen heraus, den man gerade gebrauchen kann. Diese Pässe sind ganz legal und mit allen gesandtschaftlichen Visas versehen. So hatte ich einen 1 Jahr gültigen Pass in schönster Form als "Oberfinanzkammer-Secretariats-Accessist Funk aus Darmstadt", welchen ich zu meiner Reise von Straßburg aus ins Badische benützte. Es wurden auch falsche Pässe gemacht; doch soll dies neuerer Zeit nicht so stark sein; weil in Straßburg die Stempel von der Polizei zerschlagen worden sind.

(23)
Welche waren es, die, als Sie die Versendung der Broschüren besorgten, sich an Sie gewendet haben?

Die Schriften Venedeys und Garniers hatte ich den Auftrag erhalten, an alle die zu senden, welche früher die Garniersche Schrift "Geschichte Caspar Hausers" erhalten hatten. Hiezu sollte ich mir die Liste Diefenbachs verschaffen; ich schrieb aber gar nicht an ihn, weil ich die ganze Geschichte ja unterdrücken und unter dem Vorwand bei Schuler: "ich habe die Liste und wolle nun versenden" alles an Hennenhofer überantwortete.

(24)
Sie werden aber doch einzelne Personen wissen, an welche Sie hätten Versendungen machen sollen?

Es werden gar viele Bestellungen gemacht bloß mit Zeichen und so wird auch wieder versendet, so dass man oft nicht weiß wohin. Man riskiert freilich das Geld dabei. Man hat schon oft 2-300 Exemplare versandt, ohne zu wissen, ob man ein Geld bekommt. Die Personen, die ich früher angegeben habe, dass ich an sie geschrieben, haben auch Broschüren erhalten.

(25)
Sind Ihnen außer diesen bezeichneten Personen gar keine bekannt worden, welche der angezeigten Verbindung in Deutschland zugetan sind?

Nein!

(26)
Dies ist nicht wohl zu glauben?

Sie haben ja noch keine Personen gehabt, sie sollten erst durch die Emissionen gewonnen werden, und ich habe mich damit nicht so abgeben. Das junge Deutschland musste erst Verbindungen anknüpfen, und die, welche in der andern Verbindung standen im "Comité für Deutschland", haben ja überall hingeschrieben und gewarnt, man solle sich mit jenen nicht einlassen. Sie haben ja alle Streit miteinander. So wollen die Rheinbaiern auch nichts von den übrigen. Diese treiben ihre Sachen wieder ganz insgeheim für sich. So ist es ein gewisser Gutsbesitzer Fiz von Frankenthal und Schneider von Landau, welche mit dem F.R. [29] Klein in besonderer Verbindung stehen und immer hin- und herreisen, bald nach Haus, von da nach Straßburg, und wieder nach Paris. Diese lassen die andern nichts von ihrem Treiben wissen.

(27)
Durch Ihre längeren Verbindungen mit solchen Personen sollten Ihnen aber doch sonst viele einer Revolution Ergebenen bekannt geworden sein, von denen sich eine Mitwirkung bei irgendeinem Unternehmen erwarten ließen.

Ich habe mich nie so darum bekümmert, und zu einem Reiseauftrag bin ich nie gebraucht worden. Überhaupt habe ich mich in der neuen Zeit ganz vom jungen Deutschland losgesagt.
Man irrt, wenn man glaubt, man teile einander alles mit; was einer nicht zur Ausführung eines Auftrags notwendig zu wissen braucht, sagt man ihm nicht; man traut einander auch nicht, weil die Verbindungen selbst miteinander im Zwiespalt sind.

(28)
Es kann Ihnen die Zusicherung - die bündigste - erteilt werden, dass, wofern Sie in Ihren diesfallsigen Angaben nicht zurückhalten und durch ein offenes vollständiges Geständnis, wie Sie es schuldig sind, entgegenkommen, sie jede entsprechende Erleichterung Ihres Schicksals zu erwarten haben.

Ich würde gewiss alles angeben, wenn ich es wüsste. Aber ich weiß gewiss nichts weiter. Überhaupt hat sich die Sache erst neuerdings vielleicht mehr gebildet, seit ich weg bin.

(29)
Haben Sie denn Ihre Verbindungen ganz abgebrochen?

Nicht ganz; ich habe nach Straßburg an das Handelshaus "Schwarzschen Eisenhandlung" geschrieben, um die weiteren Nummern des Garnierschen Journals zu bekommen. Aber lediglich im Interesse von Hennenhofer, um zu erfahren, ob Schuler sein Versprechen, nichts zu versenden, auch halte.

(30)
Wie steht es mit der Korrespondenz in die Schweiz?

Ich stehe mit keinem mehr in Korrespondenz, ich habe alles abgebrochen.

(31)
Ist dies alles richtig? Wissen Sie nicht mehr anzugeben?

Es ist alles richtig. Ich habe nichts mehr anzugeben.

J. F. Sailer

Fidem copiae I Criminalrichter …

 


Abschrift b
ad 46

Fortgesetzt Waldsee, den 22. November 1834
vor Oberamt

Das wegen Abgangs der Post abgebrochene Verhör vom 19. d. M. in der Untersuchungs-Sache gegen Ferdinand Sailer wegen Teilnahme an einer revolutionären Propaganda wurde heute nach Beseitigung der dringendsten andern Amtsgeschäfte folgendermaßen weiter fortgesetzt:

(32)
Sie haben neulich von der Correspondenz des von dem Comité für das junge Deutschland abgesandten Emissärs Strohmeyer mit dem badischen Abgeordneten Itzstein und von diesem mit dem F.R. Klein gesprochen, geben Sie das Nähere hierüber an?

Strohmeyer hat halt dem Abgeordneten Itzstein geschrieben "Sie haben jetzt das junge Deutschland gestiftet, er werde jetzt auch zu ihm kommen, um das Nähere mit ihm zu besprechen." Dies mag entweder Ende März oder zu Anfang Juni d. J. geschehen sein, einige Tage bevor das j.D. den ersten Emissär in der Person des Diefenbach ins Badensche nach Laar, Ettenheim usw. geschickt hatte. Auf den Brief Strohmeyers schrieb Itzstein an Klein, indem er letzteren von dem Inhalt jenes Briefs benachrichtigte: " er möchte all sein Ansehen geltend machen, um die jungen Leute von ihren Tollheiten abzuhalten. Er, Itzstein, sei schon einmal wegen dieses Strohmeyers in Untersuchung gekommen, er wolle nicht noch einmal wegen seines Unsinns in Verlegenheit gebracht sein, und er werde ihn gar nicht vor sich lassen, wenn er auch käme.

(33)
Auf welche Weise kamen Sie in Kenntnis dieser Korrespondenz?

Obgleich ich gesprochen hatte über die Betreibungen des j.D. mit dem F. R. Klein, mit welchem sich ersteres abgeworfen?? (ersterer überworfen??) hatte, nichts zu sprechen, so fand ich doch einmal Gelegenheit, mit ihm hierüber zu kommunizieren, und dem Klein namentlich auch so einen Ausweis-Zettel, wie sie den Commissären ausgestellt werden, zu lesen zu geben. Klein ärgerte sich sehr hierüber und sagte: "Er habe doch dem Strohmeyer abgeraten, irgend Schritte zu tun; sie spielen jetzt hinter seinem Rücken und machen dumme Streiche." Zugleich zeigte er mir Briefe von Rauschenblatt, Lizius p., worin sie dem Klein schrieben, dass Strohmeyer, dessen Zettel sich alle damit endigen: "Im Namen der deutschen Emigration aus Auftrag" Strohmeyer. Peters, Secretair von ihnen gar keine Aufträge habe, und es sei eine pure Eigenmächtigkeit des jungen Deutschlands, dass sie allein handeln. Strohmeyer habe mit ihnen gar keine Verbindung mehr, da er sich bei seinen früheren Geschäften beim Savoyerzug so schlecht benommen habe. Strohmeyer hatte nämlich bei dem Savoyer-Zug die Gelder zu Engagierung der Deutschen und machte lauter schlechte Streiche, so dass er von seinen eigenen Leuten in Nyon zum Tod verurteilt wurde, aber entkam. Klein eiferte hierauf noch gegen die ganze Verbindung und sagte namentlich weiter: "Leute, die gar keinen Credit und keinen Einfluss haben, sollten sich ganz ruhig verhalten, sie können der Sache nur schaden, und sie sollten alles beruhen lassen." Dem Strohmeyer habe er wohl solche Schleichungen zugetraut, aber dem Freyeisen nicht, dem er doch einen Brief aus Paris an sich habe lesen lassen, den er sonst keinem Menschen unter die Augen gegeben hätte. Und dieser spiele jetzt doch auch hinter seinem Rücken." Nach dieser Unterredung mit Klein gab mir dieser einen Brief an Freyeisen und Strohmeyer, worin er ihnen sagte: "Er sei ihnen immer auf geradem offenem Weg entgegengekommen, und sie machen jetzt solche Schleichungen, es sei nicht schön von deutschen Patrioten" und noch mehr solche Phrasen. Freyeisen sagte mir hierauf: "gerade Klein sei auf Schleichungen, man lasse sie ja gar nichts wissen, man behandle sie wie Kinder; Klein habe ihm zwar einen Brief von Fiz aus Paris lesen lassen, dies sei aber so viel wie nichts. So könnten sie noch lange warten, bis Klein ihnen etwas sage. Jeder müsste auf sich selbst stehen". Durch diese Streitigkeiten mit Klein, welcher sofort an die Mitglieder des Comité des j. D. in der Schweiz schrieb, und sie um Abberufung des Strohmeyer von seiner Emission, da er nichts als dumme Streiche mache, dringend bat, wurde dann Strohmeyer wirklich zurückberufen, und die ganze Geschichte unterblieb.

(34)
An welche Abgeordneten der deutschen Stände-Versammlungen hat sich Strohmeyer außer Itzstein noch ferner gewendet?

Das weiß ich nicht. Strohmeyer selbst sagte mir nicht, an wen er als geschrieben hat, er sagte mir nur, dass er nach Mannheim gehe. Dass Strohmeyer an Itzstein geschrieben hat, habe ich, wie vorhin bemerkt, nur durch den Klein erfahren, welcher mir keine weiteren Mitteilungen in Beziehung auf Personen machte.

(35)
Es lag aber, wie Sie früher bemerkten, im Plan, alle liberalen Abgeordneten in die Sache zu verwickeln?

Sie hattens im Sinn, aber wen sie persönlich mit hineinziehen wollten, weiß ich nicht. Ob an Rotteck auch geschrieben wurde, weiß ich nicht gewiss.

(36)
Wie lauteten die Emissions-Briefe, welche Sie selbst geschrieben haben?

Sie lauteten fast alle gleich: "Die Flüchtlinge in der Schweiz und Frankreich haben sich entschlossen, von ihren Zwecken nicht abzugehen, vielmehr dieselben nur umso kräftiger zu verfolgen, sie hätten daher eine Verbindung gestiftet unter dem Namen der deutschen Emigration. Den Ausdruck "das junge Deutschland" brauchte man in diesen Briefen nicht, welche das vorgesteckte Ziel zu leiten unternehmen; da nun der N.N. sich in dieser Sache schon werktätig gezeigt, so werde er aufgefordert, auch einzustehen und an dem großen Werk teilzunehmen usw. und noch mehr solche Phrasen. Es werde zu diesem Behuf der und der N..N. bei ihm erscheinen, um das weitere zu besprechen. Zugleich wurde um Geldbeiträge gebeten und dabei bemerkt, dass das Handlungshaus Kopp in Straßburg und Kefer in Bern für die richtige Verwendung garantiere und die Geldbeiträge auch nur an diese zu senden seien." Diefenbach sollte dann bei seiner Emission ins Badische auch einige Tausende bei einem Kiefer von Kippenheim, welcher vor einigen Jahren 5-7 Millionen in Frankreich erbte, und den man in die Sache ebenfalls verwickeln wollte, aufnehmen. Man hatte ihm früher auch Broschüren geschickt, die er behalten hatte, und damit wollte man ihm dann auch Angst machen. Er gab aber nichts her, und nachher gab man dem Diefenbach Schuld, dass er die Sache nicht recht angegriffen habe, der Kiefer sei ein dummer Kerl und wäre wohl daran zu kriegen gewesen.

(36b)
Wer wurde sonst auf Emissionen ausgeschickt?

Ein gewisser Klenzer, welcher jetzt in Paris sich aufhält und den Savoyerzug auch mitmachte, kam häufig nach Freiburg.

(37)
Mit wem hatte dieser daselbst Verkehr?

Er ist Apotheker und war früher einmal daselbst in Condition; wer aber seine Bekanntschaften sind, weiß ich nicht.

(38)
Hatten Sie auch Verkehr mit Freiburg?

Ich kenne Freiburg gar nicht; ich war noch gar nie daselbst.

(39)
Wohin hatten in der neueren Zeit noch fernere Emissionen statt?

Es wurden außer Nast, Strohmeyer, dessen Emission bekanntlich missglückte, und Diefenbach keine ausgesendet.

(40)
Wer dürfte wohl etwa in neuerer Zeit als Emissär geschickt werden?

Wahrscheinlich werden sie wieder Mitglieder von ihrem Comité nehmen. Vielleicht den Barth, einen Rheinbaier. Von Strohmeyer wollen sie nichts mehr, er sucht sich zwar durch Schriften zu verteidigen, ob es ihm aber gelingt, weiß ich nicht.

(41)
Welches Äußere hat dieser Barth?

Er ist etwa 30 Jahre alt, in meiner Größe, etwas stärker / 5 19/11 / mit hellblonden gekräuselten Haaren, blauen Augen; sonst ganz regelmäßige Züge, spricht den rheinbaerischen Dialekt. Er hat einen blonden Backenbart; Schnurrbart trägt keiner einen, wenn er da herüber geht.

(42)
Welches Äußere hat Peters?

Diesen kenne ich nicht; den schicken sie aber schwerlich, - aber noch den Schlottau. Dieser ist 24-26 Jahre alt, mittlerer Natur, 5'-7'' groß etwa, kastanienbraune Haare, er trägt einen starken Schnurrbart, der etwas ins rötliche geht, er wird ihn aber wohl ablegen, wenn er herüber geht; er hat eine sächsische Aussprache, spricht schnell und viel, aber sehr schön; hat graue, nicht ausdrucksvolle Augen.

(43)
Wie wird wohl Schapper behandelt? Wäre er auch zum Emissär zu brauchen?

Ich glaube nicht, dass sie diesen herüber schicken, er ist mehr blindes Werkzeug, er hat weder Verstand noch Bildung genug, um als Emissär gebraucht zu werden.

(44)
Freyeisen?

Dieser hält sich zu Aarau auf, und hätte viele Verbindungen in Mainz und Frankfurt, wo er sehr angesehen ist. Dieser würde sich wohl als Emissär brauchen lassen; wenn er nur Geld sieht, so ist alles recht.

(45)
Kennen Sie nicht noch andere, welche sich etwa qualifizieren würden?

Lembert war früher dabei, den könnten sie brauchen, er ist auch ein Rheinbaier. Er ist 28 bis 30 Jahre alt, mittlerer hagerer Natur, etwas rötlichte Haare, mager im Gesicht und am ganzen Körper; hat graue Katzenaugen.

(46)
Was hat Freyeisen für ein Äußeres?

Im Gesicht etwas mager, sonst nicht; hat abgelebte Züge, etlich und 30 Jahre alt, mittlerer Natur, halblange, auf dem Rockkragen aufstoßende, dunkle Haare, mit einer starken, beim Reden sichtbaren Auseinanderstellung der Zähne, so dass man fast glaubt, es sei eine Zahnlücke, ohne oder mit schlechtem Bart. Graue Augen.

(47)
Lizius?

Dieser wäre der gescheideste er wird aber schwerlich herüber gehen, da er zu stark compromittiert ist; dann ist er auch zu kenntlich. Er hat eine ganz auffallende Physiognomie. Ganz blasses marmorähnliches Gesicht, lange kastanienbraune gewellte Haare, gescheitelt, griechische Nase, helle Augen, vielleicht blau, etwas rötlichten Bart unter dem Kinn, einen sogenannten Republikaner. Früher trug er Schnurr- und Knebelbart, den hat er aber abgelegt, seit er von Frankfurt weg ist. Er ist der schönste von allen, die ich kennengelernt habe. Lizius wird sich auch schwerlich mit dem j. D. einlassen, da er mit dem großen Comité in Verbindung steht und hauptsächlich gegen das Strohmeyersche Treiben war.

(48)
Wohin wurde Rauschenblatt früher geschickt?

Er war vor der Frankfurter Geschichte, die er hauptsächlich leitete, denn er hat den andern als die Gelder ausbezahlt, fast überall gewesen, in Heidelberg, Cassel, Hanau, Mainz, Mannheim, Gießen, und durch ganz Rheinbaiern.

(49)
Kennen Sie auch den Rottenstein?

Er ist ein Frankfurter, so viel ich weiß, ein bankrottierter Kaufmann, er war früher Militär und macht den Exerziermeister bei den Handwerksburschen. Er führt den Namen Haering; ist 30 etlich und 30 Jahre alt, hat schwarze dicke schöne Haare, einen sehr schönen schwarzen Bart mit einem starken Republikaner, gewöhnliche dunkle Augen, länglichte vorn etwas abgedrückte Nase, ist etwas über 6 ' hoch, ist auch beim jungen Deutschland, schlank von Natur, hat sonst im Gesicht nichts Auffallendes.

(50)
Rauschenblatts Äußere?

Dieser könnte am besten reisen, kein Mensch wird diesen für einen Demagogen halten; er ist ein etwas schmächtiges mittleres Mändle mit ganz blassem Gesicht, 30-32 Jahre alt, und sieht mehr einem Schulmeister gleich. Er trägt sich immer ganz schwarz, mit schwarzem Überrock, und hat auch ganz schwarze Haare. Er hat die Gabe, sein Gesicht etwas zu entstellen und sich ganz dumm zu machen. Er kann nur so für sich hintappeln, dass man ihn für einen ganz einfachen Menschen hält, etwa für einen Dorfschulmeister. Er hat mittlere Größe. Wenn die Leute (die Emissärs) zu Fuß gehen, was wohl oft vorkommt, so gehen sie in der Regel mit dem Paraplui, Stock oder Frack, mit sog. Vatermördern ganz ohne alles Gepäck, wie spazieren gehend, einher.
So geschieht es namentlich, wenn sie auf dem Schwarzwald sind, wohin man gar häufig geht. Bei größeren Reisen wird in der Regel mit der Diligence gereist.

(51)
Sie haben letzthin bemerkt, dass die von Ihnen der Witwe Burkhardt in Stuttgart gesandten Broschüren an den Cand. Elsner gekommen sein werden; was ist der Grund dieser Vermutung?

Ich weiß halt, dass er mit dem Mathii in Carlsruhe in Verbindung steht, und weil Mathii diese Broschüren zur Versendung bekam.

(52)
Haben Sie sonst keinen Grund, kennen Sie Elsnern nicht näher?

Ich kenne keinen anderen Grund. Elsner hat eine Liebschaft mit der Tochter der Witwe Burkhart. Ich kenne den Elsner wohl, auch den jungen Burkhardt; der, soviel ich weiß, Vicar in Feuerbach ist. Den Elsner lernte ich in Stuttgart kennen, als ich damals von Frankfurt über Stuttgart nach Straßburg reiste. Ich habe ihn damals besucht; ich kannte ihn zuvor nicht, wohl aber den Burkhardt, den ich durch einen andern früher kennenlernte.

(53)
Die Bekanntschaft mit dem jungen Burkhardt war wohl nicht der Grund Ihres Besuchs bei Elsner.

Ein guter Freund hat mir gesagt, wenn ich einmal nach Stuttgart komme, solle ich diesen Burkhardt als Jugendfreund von ihm besuchen, und dies tat ich auch, und bei dieser Gelegenheit lernte ich den Elsner kennen, der mir durch die Zeitungen schon bekannt war.

(54)
Wie lang hielten Sie sich damals in Stuttgart auf?

Einen Tag vielleicht.

(55)
Mit wem hatten Sie sonst Verkehr daselbst?

Mit niemand.

(56)
Wie oft kamen Sie nach Stuttgart?

Ganz früh war ich oft in Stuttgart. Seit zwei Jahren aber nur dreimal; einmal als ich meinen Vater beim ersten Landtag von Straßburg aus besuchte, dann eben damals, als ich mit dem Burkhardt zusammentraf; dies war zwischen dem ersten und zweiten Landtag [30]; und dann, als ich nach Stuttgart transportiert wurde.

(57)
Welche Württemberger lernten Sie in Straßburg kennen?

Außer Lohbauer und Kleinmann keinen. In Bern lernte ich den Hager und Autenrieth kennen. Ein anderer, der sich den Namen Baron Curt gab, war auch in Straßburg; wir haben ihm aber nicht getraut, weil er immer alles ausfragen wollte. Wir traten in keine nähere Verbindung mit ihm.

(58)
Geben Sie die Art näher an, auf welche die Flüchtlinge in den Besitz fremder, sonst ganz vollgültiger Pässe kommen?

Wer immer in Deutschland entflieht, so weiß er sich in der Regel schon einen ganz vollgültigen, auf eine andere Person ausgestellten Pass zuvor zu verschaffen. Diesen bringt er dann mit. So brachte Diefenbach einen Pass als Musikus Werner? Dieser Musikus sagte beim Senat: er brauche einen Pass da oder dorthin, und als er fertig war, gab er ihn dann dem Diefenbach. So ließ sich der Funk, von dem ich einen Pass einmal hatte, einen - auf ein ganzes Jahr gültigen Pass zum Zweck, die deutschen Bundesstaaten von Zeit zu Zeit in Geschäften zu bereisen, ausstellen; dieser Pass ging dann von Funk an einen Krick über, welcher auch Flüchtling war, ihn nach Straßburg benützte, und bei den übrigen in Straßburg liegenden Pässen in der s.g. Deutschen Caserne (beim) Rayger, wo fast die meisten Flüchtlinge aus D. wohnten und sich aufhielten, niederlegte. Es kam von Frankfurt her kein Deutscher, welcher nicht einen auf eine andere Person lautenden vollgültigen Pass mitgebracht hätte. So hatte ich einmal Lust zu einer Tour nach Durlach p.p. Da nahm ich von den vielen Pässen, die da lagen, diesen Funkschen Pass, weil das Signalement am besten auf mich passte.

(59)
Welchen Grund hatten Sie, nach Durlach zu gehen?

Ich wollte zu meinem Vater nach Stuttgart; ich machte von Durlach den Umweg über Mannheim, wo ich bekanntlich arretiert wurde. In Durlach ließ ich diesen Pass im Stich. Man ließ mich nämlich auf die Polizei daselbst rufen, um mich darüber zu vernehmen, warum der Pass schon zwei Monate nicht mehr visiert worden sei. Ich hielt für gut, statt auf die Polizei, fortzugehen, und den Pass daselbst liegen zu lassen. Ich hatte den französischen Pass noch bei mir, der mir in Mannheim abgenommen wurde.

(60)
War diese Reise nicht zugleich eine Emission?

Ich wollte damals Gelder, die ich ausstehen hatte, einkassieren; als Emissär bin ich nie gebraucht worden. Damals, als Strohmeyer in Straßburg war, sollte ich den Weg als Emissär nehmen, den Diefenbach nachher machte, nach Laar, Ettenheim p.p. [31] Ich habe aber die Sache nicht angenommen, weil ich für besser getan hielt, der Mahnung des F. R. Klein [32], mich mit dieser Sache nicht abzugeben, zu folgen, dann wusste ich auch, dass zu Kehl ein Steckbrief über mich liegt, ich konnte es also nicht riskieren.

(61)
Wie lautete die Instruktion der Emission?

Wir sollten eben Leute anwerben, lauter vertraute kräftige Männer, Gelder zu verschaffen suchen, kurz, überall alles auseinandersetzen, und auch Unteremissäre aufstellen. Jeder Handwerksbursch, der herauskommt, ist ermächtigt, den Emissär zu machen, es hat auch nichts zu sagen, wenn er eingesteckt wird, denn viel wissen sie nichts, eigentlich gar nichts. Sie haben nur den Auftrag, andere Handwerksbursche in die Verbindung aufzunehmen und sie über das, was sie selbst in der Schweiz in den Versammlungen gesehen und gehört haben, zu belehren; auch, sie durch das Geheimnis, in das die ganze Sache überhaupt gehüllt ist, und durch die Wichtigtuerei dafür empfänglich zu machen, indem man hofft, es werden viele in Deutschland in die Verbindung treten, nur um in etwas Geheimem zu stecken.

(62)
Sind die Instruktionen für die Emissäre schriftlich?

Ja! Sie sind ganz auf feinem Papier geschrieben, so, dass man sie in eine Westentasche stecken kann, und sogleich ganz zerreißen. Man trägt sie auch in kleinen Wachskäpselchen.

(63)
Besaßen Sie auch eine solche Instruktion?

Diese Instruktion, d.h. was Sie zu wirken haben, ist nicht schriftlich, sondern nur das Zeugnis, dass der Vorzeiger ein Emissär sei. Schriftliche eigentliche Instruktionen, was der Emissär als zu tun habe, gibt es keine.

(64)
Wissen Sie sonst noch etwas anzugeben?

Nein.

Auf Vorlesen
I. F. Sailer
II.
Zur Beurkundung
Oberamtmann Bilfinger

fidem copiae … Criminalrichter …

 


Abschrift
f.?
ad 4 b?

Fortgesetzt Waldsee, den 24. November 1834
vor Oberamt

Der der Teilnahme an einer revolutionären Propaganda verdächtige Ferdinand Sailer aus Waldsee wurde heute wieder vorgerufen und folgendermaßen weiter vernommen:

(65)
Wo hält sich Nast, welcher im Laufe dieses Sommer einmal zu einer Emission ins badische Oberland gebraucht wurde, dermalen auf? [33]

Wo das Comité in Bern versprengt wurde, ging er an den Zürcher See; wie die andern Barth und Peters wieder zurückgekommen sind, wird er wahrscheinlich wieder nach Bern gegangen sein.

(66)
Welches Äußere hat derselbe?

Ich kenne ihn gar nicht persönlich; als ich in Bern war, war er gerade am Zürcher See.

(67)
Strohmeyer?

So viel ich weiß, ist derselbe noch in Lauterburg; er ist mittlerer, ziemlich beleibter Statur, hat hellbraune Haare. Trägt die meiste Zeit eine Brille und einen braunen Backen- und Schnurrbart. Er spricht eine ganz gewöhnliche Aussprache, so ziemlich den badenschen Oberländer Dialekt. Er trägt meistens einen schwarzen Samtrock.

(68)
Diefenbach?

Diefenbach ist in Zürich. Er ist so groß wie ich - 5' - 10 - 11'', braune dicke Haare, in einer französischen Birne gestaltet, wie sie's in Frankreich tragen, roten Schnurrbart und Knebelbart, nicht gar stark, graue Augen, schlanker Natur. Er trägt sich meistens sehr flott, ganz galant, und man hieß ihn deswegen häufig den Stutzer.

(69)
Wann haben Sie die früher schon bezeichneten Broschüren an die Witwe Burkhardt in Stuttgart abgeschickt?

Als Mathii in Lauterburg war, es mag, wie ich schon bemerkt habe, im Juni d. J. gewesen sein, machte er die Bestellung bei Diefenbach. Es war nämlich davon die Rede, dass noch keine Broschüren in Stuttgart seien, und da kam man überein, solche über Carlsruhe nach Stuttgart zu schicken.

(70)
Warum wurden diese Schriften gerade an die Witwe Burkhardt geschickt?

Matthii sagte: diese kenne er. Wahrscheinlich kennt er sie durch seine Korrespondenz mit Elsner; ob er sie persönlich kennt, weiß ich nicht.

(71)
Was wissen Sie Näheres über diese Korrespondenz?

Ich weiß nicht, was und wie sie korrespondieren, wahrscheinlich über Schriftstellerei.

(72)
Dies wird wohl nicht der einzige Grund sein?

Ich weiß es nicht.

(73)
Kennen Sie das sonstige Treiben Elsners?

Ich weiß nur, dass er einmal nach der Frankfurter Geschichte in Untersuchung gesteckt ist, sonst weiß ich nichts von ihm. Ob er Mitglied des jungen Deutschlands ist, weiß ich nicht, aber wahrscheinlich hat ihm Matthii den Vorschlag gemacht. Beide stimmen wenigstens ganz in ihren politischen Ansichten überein und Matthii hat wenigstens damals in Lauterburg keine Abneigung gezeigt. Beim Akt seiner Aufnahme (Matthiis) in das junge Deutschland war ich nicht zugegen, Strohmeyer war wenigstens 6 Stunden zuvor bei Matthii, ehe ich aufgenommen wurde.

(74)
Matthii hat aber für das junge Deutschland gewirkt?

Ja! Wenigstens hat er es versprochen. Er ist Schwager des Strohmeyer und hat auch immer Broschüren - was da neu herauskam - bekommen. Selbst-Versendungen ins Größere hat er, soviel ich weiß, nicht besorgt.

(75)
Elsner ist Ihnen durch Strohmeyer doch gewiss näher bekannt geworden?

Ich weiß nichts weiter von ihm. Ich war damals, als ich in Stuttgart war, es wird im September 1833 gewesen sein, bei Elsner über Nacht in dem Haus der Witwe Burkhardt. Dort lernte ich ihn zum erstenmal persönlich kennen, und seither sah ich ihn nicht mehr.

(76)
Was war der Gegenstand Ihrer Unterhaltung mit Elsner?

Er ist so ziemlich einerlei Gesinnung mit den Flüchtlingen, die da drüben sind, er hat auch republikanische Tendenzen.

(78)
In welcher näheren Verbindung steht er mit diesen Flüchtlingen?

Seine nähere Verbindung kenne ich nicht; aber wahrscheinlich wird sie durch die Korrespondenz mit Matthii unterhalten.

(79)
Geben Sie Tatsachen an, in welchen Elsner seine nähere Verbindung mit den Flüchtlingen beurkundet!

Ich weiß keine Tatsachen anzugeben. Ich weiß bloß, dass er mit Matthii in starker Korrespondenz steht. Ob er sich mit Werbungen für das j. D. abgibt, weiß ich nicht, Geldsendungen hat er aber gewiss keine gemacht; denn er hat selbst nichts als Schulden.

(80)
Wie oft wurden Broschüren an die Witwe Burkhardt gesendet?

Ich weiß es nicht; ich weiß nur von dem einen Mal im Juni d. J.

(81)
Welche Broschüren waren es?

Es war die Geschichte des Caspar Hauser, Polens letzter Seufzer und Eins tut Not; dies war aber schon eine alte Geschichte.

(82)
Wie kam es, dass man die von Ihnen so bezeichnete "alte Geschichte" "Eins tut Not" doch noch an die Witwe B. versendet hat?

Es waren noch so viele Exemplare da; es hat sich ein großer Pack, etwa 1500 Exemplare, in einer Apotheke in Lauterburg vorgefunden, den man längst versendet glaubte, und dessen Inhalt teils nach Rastatt, teils nach Carlsruhe sollte. Diese Exemplare hat man dann alle umsonst hergegeben, meistens hat man sie an Schmuggler abgegeben, welche sie in Rheinbaiern verteilen sollten. Dem Paket an die Witwe Burkhardt hat man dann auch noch einige Exemplare beigelegt.

(83)
Sind nicht auch früher, als diese Broschüre "Eins tut Not" herauskam, Exemplare an die Witwe Burkhardt gekommen?

Ich weiß es nicht, Übrigens sind damals die Versendungen von Broschüren nach Stuttgart viel stärker gegangen, weil damals Lohbauer, der sich hauptsächlich, solang er in Straßburg war, mit solchen Broschüren abgab, die ganze Sache noch geleitet hat.

(84)
Wie besorgte Lohbauer diese Versendungen?

Wahrscheinlich durch den Herrn Scherz, einen Kaufmann in Straßburg, der sich der Sache auch annahm. Jedenfalls geschehen sie durch kaufmännische Versendungen. Scherz ist ein Kommissionär und steht mit den meisten Kaufleuten in Stuttgart in Verbindung. An wen er persönlich seine Versendungen richtete, weiß ich aber nicht. Wenn Versendungen durch Herrn Kopp, einen Materialisten, geschehen, so wandte der sich dann wieder an Materialisten. Ob an die Handlungen selbst und Duvernoy in Stuttgart aber Broschüren versendet wurden, weiß ich nicht. Übrigens hat man dem Kopp weniger getraut als dem Scherz.

(85)
An wen hat Lohbauer seine Versendungen in Stuttgart gerichtet?

Gerade, als ich nach Straßburg kam, wurde Lohbauer [34] daselbst ausgewiesen, und ich stand in nicht so genauer Verbindung mit ihm, dass ich seine Adressen erfahren hätte; damals habe ich mich überhaupt um die Sache noch nicht so bekümmert.

(86)
Auf welche Weise wurden die fraglichen Broschüren an die Witwe Burkhardt oder vielmehr an Elsner besorgt?

Matthii wird sie wahrscheinlich auf dem Buchhändlerweg nach Stuttgart gebracht haben. Übrigens braucht man diesen Weg von Stuttgart nach Carlsruhe oder umgekehrt nicht, weil es von da aus alle Tage Gelegenheit durch Fuhrleute gibt. Ich habe bloß die Broschüren an Matthii geschickt und weiß nicht, wie er sie weiter spedierte, man hat ja alle Tage zehn Gelegenheiten von Carlsruhe nach Stuttgart.

(87)
Bei Ihrem Zusammensein mit Elsner wird auch von Broschüren und deren Verbreitung die Rede gewesen sein, geben Sie das Nähere darüber an?

Er sagte mir wohl, dass er wegen Broschüren in Untersuchung gewesen, aber gegen Caution wieder entlassen worden sei; die Sache sei zwar noch nicht aus, aber er habe die beste Hoffnung, dass es gut gehe. Sonst war nicht weiter die Rede davon.

(88)
Er hat Ihnen gewiss auch Eröffnungen über den Grund oder Ungrund seiner Verhaftung gemacht, geben Sie solche an?

Es war allerdings auch davon die Rede; ich weiß aber nicht mehr, was er sagte, ich habe mich nicht so darum bekümmert, ich habe es wieder vergessen. Übrigens, wenn Elsner auch unschuldig gewesen wäre, so hätte er gegen mich geäußert, er sei schuldig und habe sich durchgelogen.

(89)
Geben Sie die Sache offen an!

Wie gesagt, ich habe mich nicht so darum bekümmert, ich weiß es nicht, ich habe mich nicht so darum bekümmert. Ich habe den Elsner damals als einen rechten Kanonisten kennengelernt, und er hat mir in dieser Beziehung gar nicht gefallen.

(90)
Das Nähere jener Unterredung muss Ihnen doch bekannt sein. Sie werden aufgefordert, die Wahrheit zu sagen!

Er hat freilich gesagt, er habe die Schriften verbreitet, aber ob er es wirklich getan hat, weiß ich nicht, wie gesagt, ich habe ihn für einen rechten Kanonisten gehalten.

(91)
Welche Schriften waren es, die Elsner verbreitete?

Es war hauptsächlich von einem Gedicht, das Elsner über die Frankfurter Studenten "Ein Trost in ihrem Elend" in Carlsruhe drucken ließ, die Rede, dann auch von anderen Schriften, welche aber? weiß ich nicht.

(92)
War nicht damals auch die Broschüre "Eins ist Not" dabei?

Das weiß ich nicht. Nur war damals die Broschüre schon mehrere Monat herausgekommen, das weiß ich. Sie kann wohl auch dabei gewesen sein, wenigstens hat Elsner die Broschüren, die damals von Straßburg herüberkamen, alle gelesen gehabt.

(93)
Auf welche Weise hat Elsner diese Broschüren verbreitet?

Er hat halt seinen Bekannten davon gegeben, die er gekannt hat.

(94)
Wem?

Das weiß ich nicht. Ich glaube übrigens nicht, dass er außer Stuttgart versendet hat.

(95)
Kennen Sie nicht auch die sonstigen Verbindungen Elsners außer mit Matthii?

Nein! Ich kenne sie nicht.

(96)
Korrespondiert wohl Elsner auch mit Lohbauer?

Das weiß ich nicht; ich glaube es übrigens nicht, dass sie miteinander korrespondieren, denn Elsner wusste damals, als ich im September 1833 von Straßburg herüber kam, noch nicht, dass Lohbauer gar nicht mehr da war.

(97)
Kamen Sie in Stuttgart sonst noch mit Bekannten Elsners zusammen?

Ich habe niemand gesprochen als den schon benannten Burkhardt, den ich in seinem eigenen Zimmer besuchte.

(98)
War Burkhardt bei Ihrer Unterredung mit Elsner zugegen?

Nein!

(99)
Glauben Sie, dass Burkhardt Kenntnis von der Sache hat?

Ich glaube wohl, dass er die Sache kennt. Übrigens ist er zu phlegmatisch, um sich viel um solche Sachen zu bekümmern. Gewiss weiß ich es aber nicht, wie gesagt, als Elsner mit mir über die Sache sprach, war Burkhardt nicht zugegen.

(100)
Wissen Sie zu dem Ihnen soeben vorgelesenen Protokoll noch etwas anzugeben?

Nein!

 J. F. Sailer

Beschluss
vorstehendes Protokoll dem K. Ministerium des Innern vorzulegen
K. Oberamt

Bilfinger, OA

fidem copiae f. Criminalrichter ...

 



Fußnoten

[1] Vermutlich Graffenstaden.

[2] Dr. Ludwig Frey war seit Sommer 1834 - also kurz nach seiner Begegnung mit Sailer in Straßburg - bis zu seiner Ausweisung im August 1836 Privatdozent für germanisches Recht und Privatrecht an der Universität Bern, wo Sailer sich ihm während seines dortigen Aufenthalts anschloss. Sailer verlas einmal eine von Frey verfasste Proklamation an die Handwerker und schrieb einen Text von Frey "Ist Anarchie notwendige Folge einer Revolution?" o.ä. für ihn ab. Möglicherweise kannte Sailer Frey schon von Hanau her, denn Frey hatte am 22. Juni 1832 an einem politischen Fest in Wilhelmsbad bei Hanau teilgenommen.

[3] Der wegen Teilnahme am Wachensturm in Frankfurt inhaftierte Medizinstudent Julius Thankmar Alban aus Thüringen war am 2. Mai 1834 gewaltsam aus dem Gefängnis befreit worden.

[4] Georg Hermann Dittmar, Medizinstudent aus Gießen, floh wegen Beteiligung am Wachensturm im Juli/August 1833 nach Straßburg. Vgl. Büchner-Jahrbuch Nr. 8, S. 382.

[5] Ernst Dieffenbach, Medizinstudent aus Gießen, floh wegen der auf den Wachensturm folgenden Verhaftungen nach Straßburg, wo er am 6. August 1833 eintraf. Dieffenbach verbreitete die Garniersche Broschüre und vermittelte Sailers Bekanntschaft mit Garnier. Er wurde im Mai 1834 aus Straßburg ausgewiesen und ging nach Zürich, wo er sich weiter politisch betätigte. Im August 1836 wurde er aus der Schweiz ausgewiesen, nachdem man ihm seine Promotion noch gestattet hatte. Er reiste über Frankreich nach England aus. Dieffenbach übersetzte Werke von Darwin und dem Mediziner Hodgkin, stand mit Darwin und Justus Liebig in Kontakt und unternahm im Auftrag der New Zealand Company eine zweijährige Forschungsreise nach Neuseeland (4.5.1839-ca. Oktober 1841), deren Ergebnisse er in dem zweibändigen Grundlagenwerk "Travels in New Zealand" (1843) niederlegte. Dieses Werk brachte ihm internationales Renommee ein.

[6] Den Sailer von Frankfurt her kannte, wo er gemeinsam mit ihm und anderen Patronen fertigte.

[7] Franz Strohmeyer, Journalist und Cameralpraktikant, Schwager des Karlsruher Journalisten Karl Mathy.

[8] Garnier "schickte" die Broschüre nicht, sondern er erhielt sie über Dieffenbach in Straßburg.

[9] Garnier war zu dieser Zeit bereits in Paris, wohin der "wenige Tage" nach dem Eintreffen von Sailers Brief vom 13.3. abgereist war.

[10] Nachdem dieser die Broschüre bereits auf der Post durchgesehen hatte.

[11] War Sailer also zwischen seiner Rückkehr nach Kippenheim am 12. März und Garniers Abreise wenige Tage später nach Paris nochmals in Straßburg, ehe er Anfang April ganz nach Straßburg ging? Oder hatte Dieffenbach Sailer geschrieben, dass Garnier gesagt hätte "Gerade jetzt muss es heraus"?

[12] Sailer hatte drei Exemplare bereits verschickt und verwendete ein altes Buch, um Hennenhofer zu täuschen.

[13] In einer Züricher Vernehmung im Dezember 1835 gibt Sailer an, er habe in Bezug auf die Verbindungen in Deutschland "Unwissen vorgeschützt".

[14] Das bedeutet, dass Sailer im Juli 1834 entweder kein Geld von Hennenhofer bekam oder dieses nicht hinreichte.

[15] Damit ist die bekannte öffentliche Handwerkerversammlung in der Nähe von Bern vom 27.? Juli 1834 gemeint, an der ca. 150 ausländische Handwerker teilnahmen und die zu Protesten der Großmächte und darauffolgenden Ausweisungen aus der Schweiz führte.

[16] Sailer wurde am 21. festgenommen. Am 23. früh dürfte er freigelassen worden sein.

[17] Minister Winter hatte die Weisung gegeben, ihm einen Laufpass über Kippenheim auszustellen.

[18] Das frühere Dorf St. Landelin.

[19] Sailers Fußreise dauerte also vier Tage und ging über Ettenheim, Triberg, Geisingen bei Donaueschingen und Pfullendorf.

[20] Sailer hatte im März 1834 drei Exemplare der Garierschen Broschüre versandt.

[21] In seinem Widerruf 1851/52 erwähnt Garnier, Sailer habe über Daumenschrauben "geprahlt".

[22] D.h. im Oktober 1833, nachdem Garnier nach Frankreich geflohen war und bevor Sailer aus Straßburg ausgewiesen wurde.

[23] Das bedeutet, dass Dieffenbach Sailer nach Waldsee geschrieben und dieser ihm zurückgeschrieben hatte, dass er nach Kippenheim kommen werde.

[24] Vassoli, ein Württemberger Lithograph.

[25] Aus der Korrespondenz des Waldseer Oberamtmanns Bilfinger ans Innenministerium ist bekannt, dass Hennenhofer Sailers Vater die Auswanderung des Sohnes nach Amerika empfahl. Sailer senior forderte seinen Sohn auf, zur Besprechung der Auswanderung nach Hause zu kommen und schickte ihm Reisegeld. Sailer habe weder Lust, auszuwandern noch sich bei seinem Vater zu stellen. Trotz seiner Abneigung folgte er der Aufforderung seines Vaters und begab sich, nachdem er dem Verleger Schuler gesagt hatte, er müsse heim, weil sein Vater erkrankt sei, auf die Reise nach Waldsee. Er muss Straßburg am 29. Oktober verlassen haben. Zunächst begab er sich zu Hennenhofer nach Mahlberg, wo er mit diesem besprach, wie man Garniers Journal unterdrücken könne. Hennenhofer hatte ihm einen Pass besorgt. Er riet ihm, möglichst auf badischem Territorium zu reisen, da er in Württemberg festgenommen werden könne. Am Morgen des 30. Oktober ging er ins Bad nach "Landolin" und wanderte dann weiter in Luftlinie Richtung Waldsee. Die zweite Nacht übernachtete er eine Stunde seitwärts von Triberg, die dritte in Geisingen bei Donaueschingen, die vierte bei Pfullendorf, am 3. November kam er abends um 9 Uhr in Waldsee an.

[26] Also am 31. Oktober.

[27] In einem Züricher Verhör gibt Sailer an, dass er bezüglich der Verbindungen in Deutschland Unkenntnis vorschützte.

[28] Dr. Chrysostomus Heinrich Elsner, 1848 Redakteur der Ulmer Kronik, der für den Regierungschef Schlayer als Abgeordneten warb. Elsner hatte dem Jungen Deutschland nahegestanden, war als politischer Redner aufgetreten, Redakteur des Stuttgarter Hochwächters gewesen und hatte revolutionäre Schriften aus Straßburg bezogen. "Nach dem Frankfurter Wachensturm kam er in Untersuchung, weil er ein Gedicht über die Frankfurter Studenten "Ein Trost in ihrem Elend" hatte drucken lassen. Später war er Redakteur des Konstanzer Leuchtturms und schrieb Bücher über die frz Revolution und die amerikanische Freiheitsbewegung. Er wechselte seine politische Haltung, wurde 1846 Redakteur der Ulmer Kronik und vertrat eine konservativ-konstitutionelle Richtung." Werner Heinz, "Mitbürger...", S. 122.

[29] Friedensrichter.

[30] Der erste Stuttgarter Landtag fand am 20. Mai 1833, der zweite am 27. November 1833 statt. Vgl. Frank Raberg, Biographisches Handbuch der württembergischen Landtagsabgeordneten 1815-1833, Stuttgart 2001, S. 1078. Daraus lässt sich schließen, dass Sailer sich vermutlich gleich nach seiner Haft in Frankfurt bis zum 7. Mai nach Straßburg begab und sich ca. zwei Wochen später auf die Reise nach Stuttgart machte, wobei er über Durlach reiste und den weiten Umweg über Mannheim nahm. Vermutlich auf der Rückreise wurde er in Tiefenbronn bei Pforzheim wegen "frecher politischer Äußerungen" festgenommen, konnte aber dem begleitenden Gendarmen entwischen und begab sich wieder nach Straßburg. Von dort aus reiste er im September nach Frankfurt und kehrte über Stuttgart, wo er sich einen Tag lang aufhielt, wieder nach Straßburg zurück. Am 29. Oktober wurde er aus Straßburg ausgewiesen und reiste am 2. November nach Mannheim aus. Die Behörden waren offenbar über Sailers zwei Reisen nach Stuttgart im Jahre 1833 informiert, wie aus dem Metternichs Brief vom 27. September 1834 an den württembergischen Außenminister beigelegten Konfidentenbericht aus der Schweiz hervorgeht. (Sailer sei "früher schon" zweimal von Straßburg aus nach Württemberg gereist.)

[31] Im Mai 1834 reiste Dieffenbach als Emissär nach Baden.

[32] Demnach muss Sailers Unterredung mit Klein vor dem Mai 1834 stattgefunden haben. Dieffenbach schreibt nämlich am 20. Mai 1834 von dieser seiner "neulichen" Reise nach Baden. Vgl. Büchner-Jb. 9, S. 713.

[33] Dies ist eine Fangfrage; spätestens am 8.11. geht aus der württ. Behördenkorrespondenz hervor, dass der Lehramtskandidat Heinrich Nast aus Gmünd in Hohenasperg einsaß. Man wusste also ganz genau, wo Nast sich "dermalen" aufhielt.

[34] Lohbauer war Redakteur des württembergischen Hochwächters. Der württembergische Verschwörer Leutnant Koseritz gibt an, dass er seine revolutionären Ideen von ihm habe Im Hochwächter war auch der diffamierende Artikel abgedruckt, aufgrund dessen Hennenhofer 1831 seinen Rücktritt einreichte.

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