Berching und seine Denkmäler - Chronologie eines Denkmalskandals

Es folgt an dieser Stelle ein Zyklus von Artikeln über die schützenswerten Ensembles Berchings. Sie sollen dem Leser in Wort und Bild die Liebe zur historischen Substanz vermitteln und ihm helfen, in Berching Anspruch und Wirklichkeit besser einzuschätzen und zu vergleichen.

Wir befassen uns u. a. mit dem historischen Anspruch der Stadt, zeigen einfache und effektive Wege der Restaurierung, der optischen Gestaltung und Instandhaltung auf - und diskutieren dabei vergleichsweise die u. E. verheerenden Auswirkungen der Umbaumaßnahmen, die unter dem Label "Impulsprojekte" durchgeführt wurden.

Immer wenn sich neue Gesichtspunkte ergeben, werden die Artikel aktualisiert und auf den neuesten Stand gebracht, insofern lohnt es sich, auf das jeweilige Aktualisierungsdatum zu achten und im Bedarfsfall erneut nachzusehen und nachzulesen. Bitte zum Seitenaufruf auf die jeweiligen Überschriften klicken!

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Ein paar Anmerkungen zum sog. ISEK

Bei ISEK handelt es sich um eine sogenannte "Arbeitshilfe für Kommunen" des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: [Link]

Für den Laien, der ISEK durchschauen will, lohnt es sich durchaus, das 42seitige "Kochbuch" des ISEK durchzulesen. Es strotzt von inhaltsleeren Floskeln - angefangen bei dem Wort "integriert", bei dem von Anfang an nicht klar ist, wer oder was hier wen oder was integriert - , von bürokratischen Worthülsen und schwülstig-aufgeblähten Handlungs-Algorhythmen. Um dem Ganzen den Anstrich von Wissenschaftlichkeit zu geben.

An dieser Stelle nur ein paar besonders anschauliche Beispiele, die uns beim Durchblättern auffielen:

"Bestehende sektorale Monitoring-Systeme", "Integriertes Handeln der Verwaltung", "Abgrenzung von Fragezeichenräumen", "SWOT-Analyse", "Umsetzungs- und Controlling-Konzept", "Tendenzpfeile und Bandbreite zur Darstellung der Zielerreichung von Leitlinien und Leitprojekten" usw. usw.

Besonders geschraubt ist jener Satz auf Seite 32:

"Für eine aussagekräftige Schlussfolgerung ist eine Kombination verschiedener Evaluationsebenen (Projekte, Prozesse), Evaluierungsgegenstände (Einzelprojekte, Veranstaltungen, Gesamtprozess) und Evaluierungsansätze (Selbstevaluierung, Fremdevaluierung") hilfreich... Eine positive Berichterstattung über das bereits Erreichte illustriert den Projekterfolg in der Öffentlichkeit..."

Am Ende steht also die Heilsverheißung, der grandiose Erfolg dessen, der an ISEK teilnimmt. Handlungsanleitungen darüber, was zu tun ist, wenn im ISEK "prozessualer" Mist gebaut wurde, wird der Leser jedoch vergeblich suchen!

Uns sind Konzepte dieser Art, die nur malignen bürokratischen Hirnen entsprungen sein können, unter dem Namen "Qualitätsmanagement" und "Zertifizierung nach ISO..." aus unserer Arbeit in Klinik und Krankenhaus bestens bekannt. Insofern tun wir uns vielleicht leichter, die ganze Hohlheit des Ansinnens von ISEK zu durchschauen.

Was hätten denn frühere Generationen gemacht, die ohne ISEK lebten? Waren dies alle Schwachköpfe?

In seinen eigentlichen Absichten ist das Konzept leicht zu durchschauen:

Zunächst werden Zuschüsse aus der Städtebauförderung an das ISEK gebunden - es ist also gewissermaßen unvermeidlich.

Weil alles so schön kompliziert ist, bleibt es im Weiteren fast unausweichlich, "externe Dienstleister einbinden" und ein Einfallstor für Zweit- und Drittinteressenten zu öffnen, denen es im Grunde genommen nur um eines geht - nämlich darum, die Mittel der Städtebauförderung für den eigenen Bedarf abzugreifen. Und damit ja keiner konkret Verantwortung dafür übernehmen muss, was so alles über Hintertürchen via Sponsoring und andere Wege eingeführt und durchgesetzt werden soll, werden Vereinstrukturen vorgeschoben oder Lenkungsgruppen mit einem Dutzend und mehr Leuten besetzt, als ob eine solche Vielzahl effektiv etwas lenken könnte.

In dieser ISEK-Armee gibt es also die externen Steuerer im Hintergrund, dazu viele Söldner und Legionäre, einige Statisten aus dem Kreis der Einheimischen, aber keine kämpfenden Soldaten und so gut wie keine Freiwilligen!

Alles im ISEK wird von eigens ins Leben gerufenen Planerfirmen exakt hingezirkelt, manchmal einschließlich eines zugehörigen Bundespreises als Aushängeschild, der alle Zweifel im Keim ersticken soll!

Nur höchst aufmerksame Magistrate entgehen den Fallstricken dieses den Kommunen völlig unnotwendigerweise übergestülpten ISEK, die meisten fallen auf die Zuschuss-Verlockungen herein.

Das Schlimme dabei: Allein aufgrund der Strukturen ist inhaltliches Scheitern am Ende vorprogrammiert!

Für Berching ist es u. U. bereits zu spät, bis das so richtig auffällt - und die "Externen" sind dann über alle Berge!

Wir lehnen den ISEK-Begriff "Stadtentwicklung" im aktiven Sinn als anmaßend und nicht-zielführend ab. Stadtentwicklung hat durchaus stattzufinden, aber als Wandlungsprozess mit Eigendynamik, nicht als im Hauruck-Verfahren übergestülptes Ehrgeiz-Projekt selbsternannter Experten!

Für Berching ist eine falsch verstandene "Stadtentwicklung" besonders gefährlich!

 

Grundsätzliches zum Ensembleschutz

Die gesamte historische Altstadt Berchings steht inklusive der Vormauerbiotope unter Ensembleschutz, d. h. niemand darf etwas daran ohne Überprüfung und Genehmigung der Denkmalschutzbehörden verändern.

Beim Landesamt für Denkmalpflege ist das Ensemble der Berchinger Altstadt unter der Aktennummer E-3-73-112-1 registriert.

Die Abgrenzung umfasst Vor- und Altstadt, das ehemalige Kloster sowie die Vormauer-Grünzonen. Selbst das Grundsatzpapier des ISEK Berching gesteht die Bedeutung des Berchinger Ensembles ein - zumindest in der Theorie. Dass die gelebte Realität dann plötzlich ganz anders aussieht, haben wir beim Pflasterzollhaus am Krapfentor gesehen, und wir werden es auch für andere Brennpunkte noch aufzeigen.

ISEK Berching, 2011, S. 26.
Im Sommer 2014 erfolgten massive Ein- und Übergriffe am Berchinger Altstadt-Ensemble - unter den Begriff "Impulsprojekte" im Rahmen des ISEK. Vielerorts ist der Ensembleschutz in keiner Weise gewährleistet!

Es handelt sich hierbei um den grundsätzlichen Verstoß der Kommune Berching gegen die Bayerische Verfassung:

Heißt es doch in Art. 141 Abs. 1 derselben:

"Die Denkmäler der Kunst, der Geschichte und der Natur sowie die Landschaft genießen öffentlichen Schutz und die Pflege des Staates, der Gemeinden und der Körperschaften des öffentlichenRechts. Herabgewürdigte Denkmäler der Kunst und der Geschichte sind möglichst ihrer früheren Bestimmung wieder zuzuführen..."

Es folgen die Definition von Ensembleschutz sowie die einschlägigen Passagen aus der Gestaltungssatzung der Stadt Berching und dem Denkmalschutzgesetz Bayern:

  • "Der Ensembleschutz richtet das Augenmerk auf das äußere Erscheinungsbild einer Anlage, wobei auch der affektive Wert der Objekte eine Rolle spielen kann. Dies bedeutet, dass es sich bei Ensembles in der Regel um mehrere miteinander in Beziehung stehende Objekte oder um eine Verbindung von architektonischen Elementen mit Elementen der Natur- oder Kulturlandschaft handelt." (Definition Ensembleschutz)

  • "Die gewachsene Gestalt der Altstadt von Berching in ihrer unverwechselbaren Eigenart und Eigentümlichkeit zu erhalten und zu schützen, zu verbessern und weiter zu entwickeln, ist eine Aufgabe von kultureller Bedeutung und wichtiges Sanierungsziel... Alter Bestand ist zu erhalten und zu pflegen..." (Gestaltungssatzung der Stadt Berching)

  • "Zu den Baudenkmälern kann auch eine Mehrheit von baulichen Anlagen (Ensemble) gehören, und zwar auch dann, wenn nicht jede einzelne dazugehörige bauliche Anlage die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt, das Orts-, Platz- oder Straßenbild aber insgesamt erhaltungswürdig sind." (Bayerisches Denkmalschutzgesetz, Artikel 1, Absatz 1)

  • "Die Gemeinden nehmen bei ihrer Tätigkeit, vor allem im Rahmen der Bauleitplanung, auf die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, insbesondere auf die Erhaltung von Ensembles, angemessen Rücksicht." (Bayerisches Denkmalschutzgesetz, Artikel 3, Absatz 2)
Da dem Laien die Bedeutung des Ensembleschutzes in seiner gesamten Tragweite oft nicht klar ist, folgen an dieser Stelle einige Grundregeln, die zur Bewahrung eines historischen Ensembles nach Kräften einzuhalten sind.

 

Maximen der Stadtplanung in Hinsicht auf den Ensembleschutz

  • Strukturen von historischer Bedeutung (Gebäude, Bodenmerkmale) sind nach Kräften zu pflegen und der Nachwelt zu erhalten.

  • Neugestaltungsmaßnahmen innerhalb eines historischen Ensembles haben sich auf jeden Fall vorrangig am historischen Bestand zu orientieren und sich diesem ggf. unterzuordnen.

  • Wenn der historische Bestand bereits durch frühere Maßnahmen ungünstig verändert oder gar beseitigt wurde, dann ist er nach Kräften in seiner ursprünglichen Verfassung wiederherzustellen.

  • Sollten historische Vorbilder aus mehreren Epochen nachzuweisen sein, so ist sorgfältig abzuwägen, welchem früheren Zustand der Vorzug der Wiederherstellung gegeben wird.

  • Nur für den Fall, dass historische Vorbilder gänzlich fehlen oder aus unabänderlichen und triftigen Gründen nicht nachvollzogen werden können, oder Eingriffe aus dringender sachlicher Notwendigkeit erfolgen müssen, sind jetztzeitliche Neugestaltungsmaßnahmen innerhalb eines historischen Ensembles statthaft. Aber selbst diese müssen sich stilistisch und inhaltlich nach Kräften dem historischen Gesamtkontext unterzuordnen.

  • Alle Maßnahmen und Einrichtungen, die den historischen Bestand faktisch oder ideell entwerten oder abschwächen, sind zu unterbleiben.

 

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